Sondierungen für deutsche Regierungsbildung in der Schlussphase

Sondierungen für deutsche Regierungsbildung in der Schlussphase

11.01.2018, 18:08

Die Sondierungen über eine Regierungsbildung zwischen SPD, CDU und CSU sind am Donnerstag in Berlin in die Endrunde gegangen. Eine Einigung könnte erst in der Nacht zum Freitag stehen.

Von den Partei- und Fraktionschefs wurde erwartet, dass sie noch am Donnerstagabend im Austausch mit den Arbeitsgruppen die verbleibenden Streitpunkte lösen würden, um den Weg für mögliche Koalitionsverhandlungen zu ebnen.

Nach parteiinternen Beratungen nahm sich im Willy-Brandt-Haus in Berlin die so genannte Sechserrunde der Parteichefs Angela Merkel (CDU), Martin Schulz (SPD) und Horst Seehofer (CSU) sowie der Fraktionschefs Volker Kauder (CDU), Andrea Nahles (SPD) und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt eine Liste mit strittigen Themen vor.

Aus Teilnehmerkreisen hiess es, dass noch einige Knackpunkte ungelöst seien. Nach dem Sondierungsabschluss waren Erklärungen von Merkel, Schulz und Seehofer vor den Medien geplant.

«Es wird ein harter Tag werden», aber «wir wissen, dass wir Lösungen finden müssen», sagte die Kanzlerin am Donnerstagmorgen bei ihrer Ankunft an der SPD-Parteizentrale in Berlin. Merkel betonte, dass bei den bisherigen Gesprächen «viele Vorarbeiten geleistet» worden seien. «Aber es liegen noch grosse Brocken auf dem Weg.»

Sozialdemokraten wollen Stärkung der EU

Auch Schulz sprach am Donnerstagmorgen von «dicken Brocken, die wir noch aus dem Weg zu räumen haben». Zugleich bekräftigte er den Willen zur Einigung: «Wir wollen zum Abschluss kommen.»

Der SPD-Chef stellte noch einmal die Stärkung der Europäischen Union in den Vordergrund. «Wir müssen klar machen, dass eine neue Bundesregierung vor allem einen neuen Aufbruch für Europa einleiten muss», sagte er. Schulz verwies dabei auf Vorschläge des französischen Präsidenten Emmanuel Macron sowie der EU-Kommission.

Europa brauche gerade «in einer Zeit, in der es ein Auseinanderdriften gibt, mehr Zusammenhalt», sagte der frühere EU-Parlamentspräsident. Daher sei es für die SPD eine Bedingung für eine Regierungsbeteiligung, «dass diese Regierung Europa stark macht».

Europa war am Donnerstag erneut Gegenstand der Beratungen der drei Parteichefs. Aus Teilnehmerkreisen hiess es, dass dabei Fortschritte erzielt worden seien.

Einigung nur als Gesamtpaket

Seit Sonntag loten CDU, CSU und SPD aus, ob es eine Grundlage für Koalitionsverhandlungen gibt. Zwar drangen in den vergangenen Tagen erste Zwischenergebnisse aus Themenfeldern wie Klimaschutz, Landwirtschaft oder Verkehr nach draussen. Die Verhandler betonten allerdings, dass es eine Einigung am Ende nur als Gesamtpaket gebe, einzelne Vereinbarungen der Fachgruppen also noch einmal aufgeschnürt werden könnten.

Zu den schwierigen Fragen gehörte unter anderem der Bereich Migration mit dem Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus.

Ausserdem müssen die Ausgabenwünsche von CDU, CSU und SPD, die sich einem Bericht der «Rheinischen Post» zufolge auf mehr als 100 Milliarden Euro summieren, in Einklang mit dem finanziellen Spielraum für eine mögliche grosse Koalition in dieser Legislaturperiode gebracht werden. Dieser liegt nur bei etwa 45 Milliarden Euro.

Im Laufe des Donnerstags traten die Sondierungsteams von CDU, CSU und SPD immer wieder in unterschiedlichen Formaten zusammen und zogen sich zwischenzeitlich zu parteiinternen Beratungen zurück. Nicht dabei war die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), die nach einem Autounfall für den Abschluss der Gespräche ausfiel.

Zittern vor SPD-Sonderparteitag

Ab Freitag sollen sich die Parteigremien und Bundestagsfraktionen von Union und SPD mit dem Ergebnispapier der Sondierungsgespräche befassen. Ob Koalitionsverhandlungen folgen, dürfte vor allem von der Entscheidung des SPD-Sonderparteitages am 21. Januar abhängen. In den Reihen der Sozialdemokraten gibt es Widerstände gegen eine Neuauflage der grossen Koalition. (sda/afp/dpa/reu)

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