Es hat etwas leicht Surreales, Isabel Wijsen bei ihrem Auftritt zuzusehen. Nur das Erscheinungsbild entspricht einer Teenagerin von 16 Jahren. Alles andere – vom Vokabular über das selbstsichere Auftreten vor Publikum und bis zur Fachkompetenz – erinnert eher an langjährige öffentliche Redner. So auch an diesem Freitag im Rahmen des World Tourism Forum im KKL Luzern. Während einer halben Stunde hängt ihr das Publikum an den Lippen und verzeiht ihr sogar abgedroschene Managerfloskeln («wir reden nicht von Problemen, sondern von Herausforderungen»).
Bezüglich Zielstrebigkeit und Resultaten hat Wijsen durchaus das Zeug zur Managerin. Mit ihrer zwei Jahre älteren Schwester Melati und ihrem Freundeskreis hat sie die Organisation «Bye Bye Plastic Bags» ins Leben gerufen. Deren Ziel: Ihre Heimat, das Inselparadies Bali, vom omnipräsenten Plastikabfall befreien. Ziele sind ja keine Seltenheit bei jungen Klimaaktivisten, doch in diesem Fall können auch greifbare Ergebnisse präsentiert werden. Seit Anfang Jahr hat Bali Einwegplastiksäcke aus dem Einzelhandel verbannt. Die praktische Erfüllung des Namens ihrer Organisation lässt Wijsen jedoch nicht einfach ruhen. Bereits wurde weitergedacht, und die Organisation fördert die Integrierung von Frauen in den Arbeitsmarkt von Bali (indem sie sie wiederverwertbare Textilsäcke herstellen lässt). 50 Prozent der Profite werden dann wieder zur Schliessung des Kreises verwendet, indem etwa in umweltfreundliche Infrastruktur in den Dörfern investiert wird.
Trotz dieses Leistungsausweises wird Wijsen oft mit der gleichaltrigen, schwedischen Klima-Aktivistin Greta Thunberg verglichen. Diese setzt bei ihrem Kampf für die Umwelt in erster Linie auf Proteste. Dieses kämpferische Element ist bei Wijsen jedoch auf den ersten Blick kaum zu finden. Sie wirkt nicht wie jemand, der gegen etwas aufbegehrt, sondern eher wie jemand, der bereits gewonnen hat und den wenigen Verbliebenen noch behutsam und geduldig erklärt, dass sie bereits unterlegen sind.
Auch die vermeintliche Schwäche, ihr Alter und die damit einhergehende Unerfahrenheit und Gefahr, nicht ernst genommen zu werden, lässt sie nicht gelten («die Jugend macht zwar nur 25 Prozent der Weltbevölkerung aus, aber wir sind 100 Prozent der Zukunft»).
Sie sieht sogar eher Vorteile darin. Auf die Frage, von wo sie am meisten Widerstand spürt und ob es Unternehmen seien, die Mehrkosten durch Umweltmassnahmen fürchten, winkt sie ab. Wijsen habe noch nie Probleme mit Firmen gehabt. «Wahrscheinlich ist mein Alter dabei ein Vorteil. Man nimmt uns nicht als Bedrohung ernst. Aber wir können eine Bedrohung sein», sagt sie und lächelt, als sie untypisch kurz den verbalen Säbel hervorblitzen lässt.
Ihre Lektionen für potenzielle Nachahmeraktivisten fasst sie zielgruppengerecht in drei kurzen Ausdrücken zusammen: 1. Team– da ohne Unterstützung die beste Idee und der beste Anführer nutzlos sind. 2. Denken ausserhalb des Gewohnten – dann sind auch ohne grosses Budget Resultate möglich. Und 3. Beharrlichkeit – denn vor allem, wenn man mit der Politik zu tun hat, heisst es in der Regel «zwei Schritte nach vorn, einer zurück».
Seit wann gibt es Konkurrenz beim Umweltschutz?
Es sind Junge Leute welche gegen die Zerstörung unserer Lebensgrundlage kämpfen. Das ist kein Wettkampf gegeneinander!