Die Auto-Branche ist im Umbruch. Von 2018 bis 2021 ist in der Schweiz der Marktanteil von Benzin- und Dieselautos bei Neuwagen von knapp 93 auf 60 Prozent geschrumpft. Inzwischen ist jeder fünfte Neuwagen ein Hybrid, jeder zehnte ein Elektroauto und jeder zwölfte ein Plug-in-Hybrid.
Vollelektrische E-Autos und teilelektrische Plug-in-Hybride werden auch Steckerautos genannt, weil ihre Akkus am Stromnetz geladen werden. Bis 2035 werden bei uns über 90 Prozent aller Neuzulassungen Steckerautos sein, der Grossteil davon vollelektrische E-Autos.
Von diesem Szenario geht eine neue Studie der Mobilitätsakademie des TCS im Auftrag des Elektromobilitätsverbandes Swiss eMobility aus. Sie deckt sich mit internationalen Studien, die vorrechnen, dass in Europa bis 2035 fast 100 Prozent aller Neuwagen vollelektrisch fahren, also E-Autos sind und nicht etwa teilelektrische Plug-in-Hybride.
Plug-in-Hybride erleichtern zwar den Umstieg auf die Elektromobilität. «Je mehr sich die Elektromobilität etabliert, desto weniger wird der Zwischenschritt über Plug-in-Hybride nötig sein», heisst es in der Studie.
Wie so oft bei neuen Technologien geschieht der Wandel zunächst über viele Jahre schleichend, kaum wahrnehmbar und nimmt dann plötzlich rasant Fahrt auf. An diesem Punkt sind wir nun.
Der Marktanteil von Steckerautos (E-Autos und Plug-in-Hybride) bei Neuwagen beträgt
Der Marktanteil von Steckerautos bei Neuwagen wird
Somit wird die Schweizer Personenwagenflotte
Dafür muss
mehr Strom produziert werden.
2035 werden laut Prognose nahezu alle Neuzulassungen Elektroautos sein und ungefähr jedes zweite Auto wird elektrisch oder teilelektrisch fahren – entsprechend halbiert sich der Anteil des Verbrenner-Bestandes. Geht man davon aus, dass die Verbrennungsmotoren der Autos nochmals effizienter werden, braucht die Schweiz also weniger als die Hälfte an Benzin und Diesel in 15 Jahren.
Mit der Elektrifizierung der Personenwagenflotte «wird signifikant Energie gespart», frohlockt der TCS, dadurch aber auch der Strombedarf erhöht: «Bis 2035 muss für die Personenwagenflotte 8,6 bis 10,7 Prozent mehr Strom produziert oder importiert werden», heisst es in der Studie. Dies entspricht in etwa der Jahresleistung eines Atomkraftwerks.
Insgesamt sei das Energieeinsparpotential von E-Autos riesig: «Gegenüber der Brennstoffzellentechnologie mit Wasserstoff um Faktor drei und gegenüber den mit synthetischen Kraftstoffen angetriebenen Fahrzeugen um Faktor sechs», heisst es in der Studie weiter.
Dazu kommt eine weitere Komponente: Bei Verbrennungsmotoren und fossilen Treibstoffen «wird die Energie für den Personenwagenverkehr vollständig importiert. Mit der Elektromobilität hat die Schweiz die Möglichkeit, vom Energieimporteur zum Energieproduzenten zu werden», so die Studie.
Einen Vorgeschmack auf die nächsten Jahre gibt ein Blick gen Norden: In Norwegen haben staatlich subventionierte E-Autos von 2011 bis 2021 von 1 auf 63 Prozent zugelegt. Gleichzeitig sind Diesel- und Benzinautos inzwischen quasi unverkäuflich.
Zusammen mit Plug-in-Hybriden kommen E-Autos in Norwegen auf einen Marktanteil bei den Neuzulassungen von 84 Prozent. Neue Diesel- und Benzinautos machen noch 8,4 Prozent aus. Ab 2025 sollen in Norwegen gar keine neuen Verbrenner-Autos mehr auf die Strassen kommen.
Ein nordisches Mirakel? Nein.
Dank staatlicher Unterstützung sind E-Autos in Norwegen in der Anschaffung kaum teurer als vergleichbare Verbrenner. Bei Preisparität entscheiden sich die Kundinnen und Kunden für das ökologischere und im Unterhalt günstigere E-Auto.
Elektroautos sind auch ohne Subventionen in wenigen Jahren nicht mehr teuer als Benzin- und Dieselautos. Sie erreichen voraussichtlich, je nach Fahrzeugklasse, zwischen 2025 und 2027 die Preise von vergleichbaren Verbrennern. Laufend sinkende Akkupreise und Kosteneinsparungen mit grösseren Produktionsvolumen machen E-Autos in rund fünf Jahren bereits beim Anschaffungspreis konkurrenzfähig (bei Betrachtung der Gesamtkosten über mehrere Jahre sind sie es oft schon heute).
Die Innovationsspirale bei E-Autos beginnt erst gerade zu drehen. Optimierte Produktionsanlagen und von Grund auf als E-Auto konzipierte Modelle, die sich einfacher als komplexere Verbrennfahrzeuge montieren lassen, drücken die Kosten weiter. So werden in einigen Jahren auch elektrische Kleinwagen preislich konkurrenzfähig.
Aktuell jedoch sind elektrische Kleinwagen für die Hersteller kein gutes Geschäft. Diese konzentrieren sich daher vorläufig auf elektrische Ober- und Mittelklasseautos, die schon jetzt mit Gewinn verkauft werden können.
Neue Steckerfahrzeuge kommen viel schneller auf den Markt, als frühere Studien prophezeiten, die meisten davon in der Mittel- und Oberklasse. Die Auswahl elektrischer Kleinst- und Kleinwagen wird voraussichtlich erst ab 2025 stark anziehen.
Über die Hälfte der Schweizerinnen und Schweizer kann sich inzwischen ein E-Auto als nächstes Auto vorstellen. Sinkende Preise, die grössere Modellauswahl, der in der Schweiz vergleichsweise zügige Ausbau der Schnellladestationen und wohl auch der Klimaeffekt erhöhen die generelle Akzeptanz für das Elektroauto. Auch in der Werbung sind E-Autos omnipräsent.
Gründe gegen das E-Auto sind der höhere Anschaffungspreis, Unklarheiten bei der Ladeinfrastruktur und Bedenken bezüglich Reichweite und Lademöglichkeiten. Diese Vorbehalte lassen sich allein mit Werbespots für die Elektromobilität nicht aus der Welt schaffen. Als wichtigster Treiber der Akzeptanz gilt daher laut Swiss eMobility der sogenannte «Nachbareffekt», also zufriedene Elektroautofahrerinnen und -autofahrer, welche die neue Technologie ihren Kollegen, Nachbarn oder Verwandten weiterempfehlen.
Gerade die Ladeinfrastruktur bleibt indes eine hohe Hürde: Zwar ist das öffentliche Ladenetz allein im letzten Jahr um 24,7 Prozent gewachsen, aber «bei einem hohen Anteil an Mietern und Stockwerkeigentümern stellt das noch nicht mögliche private Laden in der eigenen Garage ein Hindernis für den Umstieg zum Elektroauto dar», schreibt Swiss eMobility. Der noch schleppende Ausbau der privaten Ladeinfrastruktur könnte sich daher als grösstes Hindernis für die rasche Marktdurchdringung entpuppen.
Mit der wachsenden Akzeptanz von E-Autos werden nebst dem öffentlichen Ladenetz verzögert auch die Ladestationen zu Hause zunehmen. Ein Parkplatz ohne Lademöglichkeit ist früher oder später wertlos.
Wenn sich Autohersteller nun mit der Ankündigung neuer Elektroautos überbieten, liegt dies schlicht daran, dass sie gar keine andere Wahl haben. Die EU will spätestens 2035 keine neuen Benzin- oder Dieselfahrzeuge mehr zulassen. Die grossen Autobauer werden ihre Verbrennermodelle daher in Europa zwischen 2030 und 2035 auslaufen lassen, kleinere Hersteller schon deutlich früher.
In den letzten Monaten haben diverse Autobauer den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor beschleunigt:
Die Liste liesse sich beliebig erweitern.
Auch Plug-in-Hybride haben kaum eine Zukunft. Anders als E-Autos sind sie auch nach 2030 teurer als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, schreibt das International Council on Clean Transportation (ICCT). Sie sind deshalb als Übergangstechnologie zu betrachten.
Aktuell werden zwar noch viele Plug-in-Hybride verkauft, im Hintergrund läuft aber längst der Wandel zum reinen E-Auto. Nur so können die Hersteller die immer strengeren CO2-Grenzwerte und Abgasnormen einhalten. Anbieter, die ihre Flotte nicht rasch genug auf E-Autos umstellen, erhalten die Rechnung im Form von Strafzahlungen. Für die Auto-Industrie lohnt es sich also ab einem gewissen Punkt nicht mehr, neue Verbrennungsmotoren zu entwickeln, da sich die Grenzwerte auch mit optimierten Benzin- und Dieselmotoren nicht mehr einhalten lassen, bzw. der Aufwand zu gross wird.
Die allermeisten Hersteller suchen ihr Heil daher im Elektroauto, da dort technische Fortschritte viel leichter zu erzielen sind als bei Brennstoffzellenautos, die mit Wasserstoff fahren. E-Autos mit Akkus sind jetzt marktreif und können einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, bei Wasserstoffautos lässt der Durchbruch noch lange auf sich warten.
Branchengrössen wie Volkswagen, Daimler und GM haben daher in den letzten Monaten eine «All-in»-Elektro-Strategie verkündet. Sie senden so ein Signal an die Politik und die Wirtschaft, die Ladeinfrastruktur rasch auszubauen.
Ihre Message ist klar: Wir bauen emissionsarme Elektroautos, also baut ihr mit Steuergeldern die notwendige Infrastruktur. Ein schleichender Ausbau der Ladeinfrastruktur würde die Marktdurchdringungen von Steckerfahrzeugen entsprechend verzögern.
In der EU und den USA ist die Botschaft angekommen: Die EU will auf grossen Hauptverkehrsstrassen alle 60 Kilometer Ladestellen für Elektroautos errichten. US-Präsident Joe Bidens gigantisches Infrastrukturprojekt sieht nebst der Sanierung von Strassen und Brücken auch die Förderung der Elektromobilität vor.
Mit Material der Nachrichtenagenturen SDA und AWP.
Und wir ? Wir sitzen auf unserem Brachflächen und Wasserpotential und finanzieren mit dem Import fossiler Brennstoffe ..