Du kaufst gern in Online-Modeshops? Dann wird dir diese Untersuchung die Augen öffnen
Public Eye hat die bekanntesten Online-Modehändler der Schweiz unter die Lupe genommen. Und zwar im Hinblick darauf, wie verantwortungsvoll und transparent sie arbeiten.
Die Nichtregierungsorganisation (NGO) zieht ein ernüchterndes Fazit und verlangt vom Schweizer Parlament rechtliche Leitplanken. Hier sind die wichtigsten Fakten.
Welche Firmen wurden untersucht?
Folgende Unternehmen, bei denen es sich um die zehn bekanntesten Schweizer Online-Anbieter handelt*:
- About You (Deutschland)
- Alibaba (China, «formal» sei die Holding auf den Cayman Islands beheimatet, hält Public Eye fest)
- Amazon (USA)
- Asos (UK)
- Bonprix (Deutschland)
- Galaxus (Schweiz)
- La Redoute (Frankreich)
- Shein (China)
- Wish (USA)
- Zalando (Deutschland)
* in Klammern ist das Land angegeben, in dem das Unternehmen seinen wirtschaftlichen Hauptsitz hat.
Was wurde untersucht?
Für die am Montag veröffentlichte Studie haben unabhängige Fachleute untersucht, wie verantwortungsvoll und transparent die grossen Online-Modehändler arbeiten.
Konkret ging Public Eye folgenden Fragen nach:
- «Sind Lieferketten transparent oder wird die Herkunft geheim gehalten?»
- «Sorgen die Onlinehändler für existenzsichernde Löhne in den Lieferketten, oder dulden sie Armutslöhne?»
- «Wie transparent ist die Logistik der Firmen, und sind die Arbeitsverhältnisse sicher oder prekär?»
- «Und was passiert mit Retouren? Werden diese vernichtet, oder sorgen die Firmen dafür, dass sie weiterverwendet werden?»
Analysiert wurden also Lieferkettentransparenz, Lohnpolitik in den Produktionsländern, Arbeitsverhältnisse in der hiesigen Logistik und der Umgang mit Retouren.
Welche Anbieter haben ein Problem?
Kurz gesagt: alle.
Zu den Herstellerbetrieben der Eigenmarken liefern laut Untersuchung 6 der 10 Online-Händler Angaben. Keine Transparenz gebe es hier bei Alibaba, La Redoute, Shein und Wish.
Bei Fremdmarken sei die Herkunftstransparenz in keinem der Onlineshops ein Aufnahmekriterium, schreibt die NGO.
Zudem fehle die Verpflichtung zur Sicherstellung von Existenzlöhnen bei den meisten Unternehmen. Transparenz über existenzsichernde Löhne in der Lieferkette würden alle untersuchten Firmen nicht bieten.
Etwas besser steht es laut Bericht um die Transparenz in der hiesigen Logistik. Public Eye kritisiert allerdings, dass Belege fehlen, dass Arbeitsverhältnisse überwiegend sicher und geregelt seien.
Kritik gibt es auch für den Umgang mit Rücksendungen. Nur 4 der untersuchten Firmen veröffentlichen Statements zur Vermeidung der Vernichtung von Retouren. Verbindliche Richtlinien würden fehlen, so die NGO.
Was hält Public Eye zum einzigen Schweizer Anbieter fest?
Im Bericht der NGO ist von einem «grossen Nachholbedarf» die Rede, den die Migros-Tochter Galaxus habe. Konkret:
Mediensprecher Alex Hämmerli antwortet watson:
Galaxus stelle den Kundinnen und Kunden zum Beispiel bei weit über 100 Produkttypen einen «Nachhaltigkeits-Filter» zur Verfügung, so auch bei Modeartikeln. Bei den Produkten selbst sei unter «Nachhaltigkeit» aufgelistet, welchen Label-Standards sie genügten (ohne Anspruch auf Vollständigkeit).
Bei vielen Produktgattungen seien solche Labels «leider noch wenig verbreitet», zum Beispiel bei Elektronik, Uhren oder Schmuck. Weiter verweist der Galaxus-Sprecher auf einen Beitrag im Firmenblog, dort könne man erfahren, was das Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit tue.
Und Amazon?
Der Konzern des US-Multimilliardärs Jeff Bezos hat wiederholt für negative Schlagzeilen gesorgt – wegen fragwürdiger Geschäftspraktiken und Arbeitsbedingungen.
Die aktuelle Analyse von Public Eye ist ebenso deutlich:
Oder doch Alibaba?
Zweifelsohne habe Alibaba unzähligen kleineren Unternehmen technisch den Weg geebnet, um an klassischen Zwischen- und Grosshändlern vorbei neue Kundinnen und Kunden in der ganzen Welt zu erreichen, hält Public Eye fest.
Doch damit habe sich Alibaba selbst in die Position «eines der mächtigsten Gatekeeper in der Konsumgüterindustrie» gebracht – wenn nicht des mächtigsten überhaupt.
Was lernen wir daraus?
Zalando, Amazon, Shein und Co. hätten sich in wenigen Jahren zu dominierenden Akteuren im Modemarkt entwickelt, hält Public Eye fest. Die Untersuchung zeige:
Das schlechte Abschneiden der Unternehmen zeige die Notwendigkeit von klaren rechtlichen Leitplanken auf. Darum fordert die NGO vom Schweizer Parlament:
- eine gesetzliche Pflicht zur Einhaltung von existenzsichernden Einkommen und die Schaffung von Herkunftstransparenz,
- ein Vernichtungsverbot für neuwertige Kleider und
- besseren Schutz der Arbeitsrechte in der Logistik.
Was du tun kannst
Gehirn und Gewissen einschalten beim Online-Shopping.
Und auf der Public-Eye-Website kann man eine Online-Petition unterzeichnen, um beim Parlament «ein Gesetzespaket für Verantwortung und Transparenz» zu bestellen.
Quellen
Mit Material der Nachrichtenagenturen SDA/AWP.
