Am Donnerstag um 14.00 Uhr stellt Huawei an einer Präsentation seine neue Mate-40-Serie vor. Bereits vor einigen Tagen hat die Technikseite Winfuture diverse Bilder veröffentlicht, die das Mate 40 Pro in seiner vollen Pracht zeigen sollen.
Die Präsentation wird mit Spannung erwartet, da aktuell unklar ist, wie die Release-Strategie von Huawei für die Mate-40-Pro-Serie aussieht. Durch das US-Embargo hat Huawei seit Monaten mit Beschaffungsproblemen zu kämpfen. Seit dem 15. September dürfen Chipfertiger, die US-Technologie verwenden, keine Chips mehr für Huawei produzieren. Faktisch bedeutet das, dass selbst chinesische Chipfertiger die Produktion einstellen mussten, denn auch China kommt (noch) nicht ohne US-Know-how bei der Halbleiterproduktion aus.
Huawei hat sich in den vergangenen Monaten ein riesiges Lager an Chips aufgebaut. Dabei habe man bei anderen Herstellern eingekauft, aber vor allem die Produktion der hauseigenen Kirin-Chips ausgereizt. Das neuste Modell ist dabei der Kirin 9000, ein 5G-Chip, der bereits im neuen 5-Nanometer-Verfahren gefertigt wurde. Laut Gerüchten habe Huawei aber nicht einmal genug Kirin 9000 fertigen können, um die benötigte Menge an Mate-40-Modellen zu fertigen.
Entsprechend wird die ganze Modellpalette an Mate-40-Modellen wohl nur in China erscheinen. In Europa sieht es aktuell danach aus, als würde nur das Mate 40 Pro in den Läden landen. Obwohl Huawei die Verfügbarkeit von Apps massiv erhöht hat, scheinen die Smartphones der Chinesen für viele ein rotes Tuch zu sein. So ist das P40 Pro, welches im Frühling erschien, in Europa weit weniger gefragt als noch das Vorgängermodell P30 Pro.
Ebenfalls stellt sich die Frage, wie es für Huawei-Handys nach der Mate-40-Serie weitergeht. Im September hatten sogar Samsung und LG die Zusammenarbeit mit Huawei aus Angst vor US-Sanktionen beendet. Samsung liefert unter anderem schnelle Flash-Speicher, während LG einer der weltweit wichtigsten Fertiger für OLED-Displays ist. Damit wird es für Huawei umso schwieriger, an Komponenten zu gelangen, die für Highend-Handys notwendig sind.
Wie genau Huawei sich aus dieser unglücklichen Situation befreien will, ist aktuell unklar. Diverse Unternehmen, wie beispielsweise der Chiphersteller Qualcomm, haben bei der US-Regierung eine Ausnahmelizenz beantragt. Dass diese unter der Trump-Regierung gewährt wird, scheint aber sehr unwahrscheinlich. Aus Sicht von Huawei bleibt da wohl nur die Hoffnung, dass Biden die bevorstehenden Wahlen gewinnt und die Restriktionen anschliessend zumindest etwas lockert.
Sollte der US-Bann aber nicht aufgeweicht werden, dürfte es für Huawei schwer sein, weiterhin Highend-Smartphones auf Flaggschiffniveau zu bauen. Die chinesische Industrie ist aktuell laut Branchenexperten noch nicht in der Lage, Highend-Chips herzustellen, die ohne US-Patente auskommen. Dadurch könnte Huawei gezwungen werden, sich vorläufig auf die Einsteiger- und Mittelklasse zu beschränken.
Huawei selbst hat bereits kurz nach dem US-Bann einen Weg eingeschlagen, der den Konzern unabhängiger vom Smartphone-Geschäft machen soll: Huawei konzentriert sich nun voll und ganz auf das Internet der Dinge, respektive den vernetzten Alltag. Das Smartphone ist dabei nur einer von vielen Bereichen, auch wenn es noch immer die zentrale Rolle für Huawei spielt. Um das Handy herum baut Huawei nun aber ein Ökosystem aus smarten Geräten wie Kopfhörer, Uhren, Fernseher, Brillen und selbst Autos auf. Letztere stellt Huawei nicht selbst her, sondern liefert das Betriebssystem namens Hi Car. Eine Marke, die in Zukunft auf Hi Car setzten wird, ist beispielsweise Volvo. Huawei bezeichnet dies als eine «all scenario AI life strategy».
Da Huawei auch noch immer von Google-Software abgeschnitten ist, hat der Konzern bereits vor rund einem Monat sein Betriebssystem Harmony OS als Konkurrenz zu Android positioniert. Harmony OS soll genau wie Android komplett Open Source sein. Bereits jetzt laufen in China erste Geräte mit dem Betriebssystem. Spätestens nächstes Jahr sollen auch erste Huawei-Handys mit Harmony ausgeliefert werden. Ebenfalls arbeitet Huawei an diversen Apps, die beliebte Google-Dienste ersetzten werden. Unter anderem soll bald Huaweis eigenes «Google Maps» erscheinen.
Interessant wird es natürlich, wenn der US-Bann zeitnah aufgehoben werden würde und Huawei wieder auf Google-Software Zugriff hätte. Die Chinesen betonten selbst nach der Ankündigung von Harmony OS, dass man noch immer mit Google zusammenarbeiten wolle. Wie ernst es Huawei damit ist, ist schwer zu sagen. Gut möglich, dass man in diesem Fall zumindest ausserhalb Chinas noch auf Android setzt, während im Heimatland Harmony OS zum Standard wird. Verschwinden wird Harmony OS kaum mehr, denn viele andere chinesische Hersteller dürften aus Angst vor US-Restriktionen in Zukunft lieber auf Huaweis Alternative setzen.
Die Huawei-Präsentation startet am Donnerstagnachmittag um 14.00 Uhr. watson wird vom Live-Event berichten und die wichtigsten Infos laufend in einem Beitrag updaten.