
Bild: Screenshot
18.09.2018, 10:4218.09.2018, 11:59
Bei Satire hört der Spass für die AfD auf.
In Berlin hatten vergangene Woche öffentliche Dreharbeiten für ein Satire-Video auf YouTube dazu geführt, dass sich AfD-Politiker «erschüttert» und «entsetzt» über «niederträchtige Methoden» beklagten, die im Kampf gegen die Partei zum Einsatz kommen würden. Das deutsche Rechercheportal Correctiv hatte hierzu zuerst berichtet.
Aber wie gesagt, es handelte sich keineswegs um ein Fake-Video, wie es die AfD befürchtete. Nein, die Anwohner in Berlin-Lichtenberg waren sogar von den Dreharbeiten informiert worden, wie ein Sprecher des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erklärte. Es handelte sich um einen Satire-Sketch für die Online-Sendung «Bohemian Browser Ballett».
Wenig später veröffentlichte die Bundes-AfD ein Video, das Szenen des Drehs präsentierte und das Narrativ stützte, es handele sich bei den Satire-Dreharbeiten in Wahrheit um eine Fake-Nazidemo, die inszeniert werde.
Autor und Gesellschafter der Produktionsfirma Steinberger Silberstein GmbH ist Christian Brandes, der in Deutschland vor allem unter dem Künstlernamen Schlecky Silberstein bekannt ist, unter dem er Kurioses aus dem Internet kommentiert.
«Bemerkenswert vielen Menschen mussten wir auch die Kunstfreiheit erklären.»
Schlecky Silberstein
Silberstein beschreibt nun auf seinem Blog, was nach Veröffentlichung des AfD-Videos passierte. Er und seine Kollegen hätten den Anwohnern vor Ort «geduldig» das Set und die Story erklärt, «bemerkenswert vielen Menschen mussten wir auch die Kunstfreiheit erklären», schreibt er.
Trotzdem erschien kurze Zeit später nicht nur das Video der Bundes-AfD, sondern auch noch ein weiteres, in dem der AfD-Abgeordnete Frank-Christian Hansel vor der Tür von Brandes Firmenpartner stand. Darin filmte er sowohl die genaue Adresse als auch das Klingelschild ab. Dieses ist in der jetzigen Version unkenntlich gemacht worden.
Hier das Video mit dem AfD-Abgeordneten:
Das Video wurde über den Facebook- und YouTube-Kanal der AfD Berlin geteilt und rief viele Kommentare hervor. Silberstein berichtet vor allem von wütenden Kommentaren zum jüdischen Nachnamen seines Firmenpartners und zeigt den Screenshot einer Morddrohung, die am 16. September bei ihm per Mail eingegangen sein soll:
Hier der Screenshot von Schlecky Silberstein

Bild: Screenshot Schlecky Silberstein
Silberstein vermutet, ohne die Initiative von Bundes-AfD und Berlin-AfD wäre ihm diese Mail erspart geblieben. Ausserdem sagt der Autor, dass die AfD seiner Meinung nach genau wusste, dass es sich um einen Satire-Dreh gehandelt hat. Auch zum Zeitpunkt, als der AfD-Abgeordnete vor der Haustür seines Firmenpartners stand.
Silberstein schreibt in seinem Blog:
«Und dennoch stellte er sich taktisch blöd. Man kann auch sagen: Er hielt an der perfiden Lüge fest.»
«Ein Hauch von '33 – Und plötzlich stehen sie vor deiner Tür»
Der Autor zeigt noch ein weiteres Video, in dem jemand über das Büro von Silberstein und seinen Mitarbeitern spricht, und sagt: «Da kann man nur hoffen, dass keiner von ihnen mal aufgehetzt wird und dann zur Tat schreitet.»
Silberstein zieht das Fazit:
Ich verstehe jeden, der es satt ist, von Tourette-Linken niedergeschrien zu werden. Ich verstehe jeden, der in der Migration ein gigantisches Problem sieht. Ich verstehe sogar alle, die sich eine Partei wünschen, die so erzkonservativ ist, dass sie uns am liebsten zurück in die 50er-Jahre bringen will. Aber weiter zurück sollten wir nicht fallen. Wer Künstler und Journalisten bedroht und in den eigenen Kommentarspalten toleriert, dass Medienschaffende und ihre Familien dem Mob präsentiert werden, der kann keine Alternative sein. Sagt das gern auch Euren Eltern.
Eine AfD-Demo vs. drei Gegenproteste in Berlin
Video: srf
(yp)
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