Die Ankündigung der «Washington Post», keine Wahlempfehlung zugunsten eines Präsidentschaftskandidaten zu publizieren, sorgt in der amerikanischen Hauptstadt für Aufregung. Tausende von Leserinnen und Lesern hätten ihr Abonnement gekündigt, berichtete am Wochenende der Medienjournalist Brian Stelter. Und die Redaktion sei buchstäblich von einer Flut negativer Rückmeldungen eingedeckt worden.
Der Geschäftsführer der Zeitung hatte die Entscheidung am Freitag bekannt gegeben. Will Lewis, der seine Sporen im britischen Journalismus abverdient hatte, nannte als Begründung für diesen überraschenden Schritt:
Bis 1976 habe die Zeitung auf die Publikation solcher Meinungsartikel verzichtet.
Angeblich war es aber Jeff Bezos, seit 2013 der Besitzer der traditionsreichen und oft preisgekrönten «Post», der diese Kursänderung beschlossen haben soll. So jedenfalls berichten es gewöhnlich gut informierte Reporter. Bezos, Gründer des Internetwarenhauses Amazon und der zweitreichste Bewohner der USA, hat sich bisher nicht öffentlich geäussert.
Aber die Politbeobachter in Washington zeigen sich überzeugt davon, dass Bezos aus Angst vor einem Sieg des Republikaners Donald Trump vor dem Abdruck einer Wahlempfehlung zurückgeschreckt habe. Denn es steht ausser Frage, dass sich die «Post» für die Demokratin Kamala Harris ausgesprochen hätte. Ein entsprechendes «Editorial» sei von den zuständigen Kommentatoren bereits geschrieben worden.
In der Tat kamen sich Bezos, der Zeitungsverleger, und Bezos, der Geschäftsmann, während der ersten Amtszeit von Trump von 2017 bis 2021 immer wieder in die Quere. Weil die «Post» den Präsidenten hart kritisierte, übte die Regierung Vergeltung am Bezos-Imperium, indem sie Amazon bei der Auftragsvergebung umging.
Der damalige «Post»-Chefredaktor Marty Baron, der über diesen Konflikt ein ganzes Buch schrieb, kritisierte seinen ehemaligen Chef nun in heftigen Worten. Auf dem Kurznachrichtendienst X nannte er den Verzicht auf eine Wahlempfehlung schlicht «Feigheit». Und Trump werde dies als Einladung sehen, Bezos weiter einzuschüchtern.
On political endorsement https://t.co/e5OTZhylIE
— Marty Baron (@PostBaron) October 25, 2024
This is cowardice, with democracy as its casualty. @realdonaldtrump will see this as an invitation to further intimidate owner @jeffbezos (and others). Disturbing spinelessness at an institution famed for courage.
Andere Stimmen sagen, es sei endlich Zeit, eine Debatte über diese Wahlempfehlungen zugunsten von Präsidentschaftskandidaten zu führen. Solche «Editorials» seien nicht mehr zeitgemäss; auch weil sie Zweifel an der Unabhängigkeit der Nachrichtenredaktion weckten. In US-Zeitungen arbeiten Reporter und Kommentatoren nämlich komplett unabhängig voneinander.
«Vielleicht war das die richtige Entscheidung, aber zum falschen Zeitpunkt», schrieb der bekannte CNN-Moderator Brian Stelter in seinem Newsletter. (aargauerzeitung.ch)
Sind wir doch alle dankbar, haben unsere Rechtspopulisten nie ihr erklärtes Ziel von über 50% Wähleranteil erreicht. Diese Rechtspopulisten richten mit 30% bereits genügend Schaden an.