Die amerikanische Präsidentenwahl wird am 5. November in den politisch umkämpften Bundesstaaten entschieden. Was zeichnet diese «Swing States» aus? Und wer hat wo die Nase vorn? Wir haben genau hingeschaut.
Renzo Ruf, Washington / ch media
Der Präsident wird in den USA nicht direkt vom Volk gewählt. Vielmehr zieht ins Weisse Haus ein, wer eine Mehrheit der Stimmen im Electoral College gewinnt, dem Gremium der Wahlmänner und Wahlfrauen. Im Zentrum des Wahlkampfes steht deshalb jeweils nur eine kleine Gruppe von politisch umkämpften Bundesstaaten.
Dieses Mal umfasst diese Gruppe sieben Staaten, vom grossen Pennsylvania an der Ostküste bis zum kleinen Nevada im Westen. Hier eine Übersicht über diese Swing States, ihre Besonderheiten und die Themen, die im Zentrum des Wahlkampfes stehen.
- Pennsylvania («The Keystone State»)
- Georgia («The Peach State»)
- North Carolina («The Tarheel State»)
- Michigan («The Great Lakes State»)
- Arizona («The Grand Canyon State»)
- Wisconsin («The Badger State»)
- Nevada («The Silver State»)
Pennsylvania («The Keystone State»)

Die Independence Hall in Philadelphia. Hier wurde sowohl die amerikanische Unabhängigkeitserklärung (1776) als auch die Verfassung der neuen Republik (1787) unterschrieben.Bild: getty
- Wahrzeichen: die Independence Hall in Philadelphia
- Einwohnerzahl: 13 Millionen
- Stimmen im Electoral College: 19 von 538
- Sieger im Jahr 2020: Joe Biden (50,0 Prozent), 80'555 Stimmen Vorsprung
- 2024 haben bereits mehr als 1,2 Millionen Menschen gewählt
- Vorteil: Harris, allerdings schmilzt ihr Vorsprung von 2 Prozentpunkten
Pennsylvania ist der grösste und wichtigste Swing State: Demokraten und Republikaner haben hier bereits mehr als 538 Millionen Dollar in den Wahlkampf investiert. Das sind mehr als 40 Dollar pro Einwohner! Kamala Harris muss die Ballungsräume Philadelphia im Osten und Pittsburgh im Westen mit grossem Vorsprung gewinnen, weil Donald Trump in den ländlichen Bezirken dazwischen abräumen wird. Seit dem Attentat auf den Ex-Präsidenten in Butler – in der Nähe von Pittsburgh – hat der Staat im Trump-Firmament einen besonderen Status.
Georgia («The Peach State»)

An dieser Frucht gibt es in Georgia kein Vorbeikommen. Ein Pfirsich-Wandbild in der Kleinstadt Fort Valley.Bild: getty
- Wahrzeichen: Pfirsiche!
- Einwohnerzahl: 11 Millionen
- Stimmen im Electoral College: 16 von 538
- Sieger im Jahr 2020: Biden (49,5 Prozent), 11'779 Stimmen Vorsprung
- 2024 haben bereits mehr als 2,4 Millionen Menschen gewählt
- Vorteil: Trump, dank eines Vorsprungs von 2 Prozentpunkten
Georgia ist ein junger Swing State; noch 2016 war der Bundesstaat eine Hochburg der Republikaner. Die Demokraten profitieren von einer hohen Wahlbeteiligung der afroamerikanischen Bevölkerung und der gut ausgebildeten Bewohnerinnen und Bewohner der Metropole Atlanta. Das Zugpferd der Republikaner ist Gouverneur Brian Kemp; mit Trump verbindet der populäre Regierungschef allerdings eine Hassliebe seit der Wahl 2020.
North Carolina («The Tarheel State»)

Die Sandstrände auf den Outer Banks in North Carolina sind eine Reise wert.Bild: getty
- Wahrzeichen: die kilometerlangen Sandstrände auf den Outer Banks
- Einwohnerzahl: 10,8 Millionen
- Stimmen im Electoral College: 16 von 538
- Sieger im Jahr 2020: Trump (49,9 Prozent), 74'483 Stimmen Vorsprung
- 2024 haben bereits mehr als 2 Millionen Menschen gewählt
- Vorteil: Trump, ganz knapp, mit einem Vorsprung von 1 Prozentpunkt
Ein Juwel eines Staates, das den Demokraten seit Jahrzehnten Bauchschmerzen bereitet. Immer wieder scheint ein Sieg des Präsidentschaftskandidaten in Greifweite – aber dann reicht es am Wahltag knapp nicht. Weil der Staat aber rasant wächst, auch dank vieler Pensionäre, wittert Harris nun eine neue Chance. Der Kontrapunkt der Republikaner: North Carolina ist in weiten Teilen immer noch ein ländlicher Staat, in dem rechte Parolen verfangen. Zwei Unsicherheitsfaktoren: Der Gouverneurskandidat der Republikaner ist ein Flop. Wird er Trump schaden? Und im Westen des Landes haben massive Überschwemmungen Ende September fast 100 Menschen das Leben gekostet.
Michigan («The Great Lakes State»)

Das alte Hauptquartier des Autokonzerns General Motors in Detroit. Das historische Zentrum der heimischen Autoindustrie liegt in Michigan.Bild: getty
- Wahrzeichen: Detroit, das Zentrum der Autoindustrie
- Einwohnerzahl: 10 Millionen
- Stimmen im Electoral College: 15 von 538
- Sieger im Jahr 2020: Biden (50,6 Prozent), 154'188 Stimmen Vorsprung
- 2024 haben bereits mehr als 1,3 Millionen Menschen gewählt
- Vorteil: Harris, dank eines Vorsprungs von 2 Prozentpunkten
Michigan ist der Staat, in dem der Wirtschaftspopulismus der Republikaner am besten verfängt: Viele Autobauer und Fabrikangestellte, die früher die Demokraten wählten, unterstützen nun Donald Trump. Sie ignorieren dabei auch die Wahlempfehlungen ihrer Gewerkschaftsbosse. Die Demokraten aber geben nicht auf, auch weil sie neue Wählerschichten erschlossen haben. Der grosse Unsicherheitsfaktor in Michigan sind die zahlreichen Menschen mit Wurzeln in arabischen Staaten – sie sind mit der Nahost-Politik der Regierung von Joe Biden unzufrieden. Bestrafen sie nun Kamala Harris wegen Israel?
Arizona («The Grand Canyon State»)

Ein Ausblick, den man so schnell nicht vergisst: der Grand Canyon in Arizona.Bild: getty
- Wahrzeichen: der Grand Canyon, natürlich
- Einwohnerzahl: 7,4 Millionen
- Stimmen im Electoral College: 11 von 538
- Sieger im Jahr 2020: Biden (49,4 Prozent), 10'457 Stimmen Vorsprung
- 2024 haben bereits mehr als 1,0 Millionen Menschen gewählt
- Vorteil: Trump, dank eines Vorsprungs von 2 Prozentpunkten
Der Wüstenstaat grenzt direkt an Mexiko, und das Thema Einwanderungspolitik ist deshalb stets präsent. Dies versucht Trump politisch auszuschlachten. Hinzu kommt: Kaum ein Ballungsraum wurde härter von der Inflationskrise der vergangenen Jahre getroffen als Phoenix – und dort leben zwei Drittel der Bewohner von Arizona. Deshalb hat Harris in diesem Bundesstaat einen schweren Stand. Für die Demokraten hilfreich ist einzig, dass die lokale Republikanische Partei zunehmend extreme Positionen vertritt und in den vergangenen Jahren viele Mitte-Wählerinnen vor den Kopf gestossen hat.
Wisconsin («The Badger State»)

Wisconsin ist das amerikanische Käseparadies, auch dank dem Fachwissen von Ausländern. Der Gründer von Widmer’s Cheese Cellars wanderte 1905 aus der Schweiz ein.Bild: getty
- Wahrzeichen: Käse und Bier, die beiden Spezialitäten des Staates
- Einwohnerzahl: 5,9 Millionen
- Stimmen im Electoral College: 10 von 538
- Sieger im Jahr 2020: Biden (49,5 Prozent), 20'682 Stimmen Vorsprung
- 2024 haben bereits gegen 0,6 Millionen Menschen gewählt
- Vorteil: Harris, dank eines Vorsprungs von 2 Prozentpunkten
Wisconsin im amerikanischen Herzland ist ein traditioneller Swing State: Seit Jahren schon können dort einige zehntausend Menschen den Ausgang von Wahlen entscheiden. Den Demokraten gelang es, in der wohlhabenden Agglomeration von Milwaukee, der grössten Stadt von Wisconsin, Fuss zu fassen – einst eine Hochburg der Republikaner. Auch dominieren die Demokraten die Universitätsstadt Madison und ihr Umland, das an die Schweiz erinnert. Die Republikaner hingegen gewinnen auf dem flachen Land. In einigen Verwaltungsbezirken wird Trump mehr als 70 Prozent der Stimmen gewinnen.
Nevada («The Silver State»)

Las Vegas, die Glücksspiel-Metropole und Sündenpfuhl in Nevada.Bild: getty
- Wahrzeichen: Las Vegas, die Glücksspiel-Metropole
- Einwohnerzahl: 3,2 Millionen
- Stimmen im Electoral College: 6 von 538
- Sieger im Jahr 2020: Biden (50,1 Prozent), 33'596 Stimmen Vorsprung
- 2024 haben bereits mehr als 0,4 Millionen Menschen gewählt
- Vorteil: Harris, ganz knapp, ihr Vorsprung beträgt weniger als 1 Punktpunkt
Die Tourismus-Industrie, die im Grossraum Las Vegas und Reno einer der wichtigsten Arbeitgeber ist, hat stark unter der Coronapandemie gelitten. Die Demokraten sind im Staat des 2021 verstorbenen politischen Übervaters Harry Reid besser organisiert; Trump allerdings glaubt, vom Unmut in der Bevölkerung über die Wirtschaftslage profitieren zu können. (aargauerzeitung.ch)
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