Israel hat die iranischen Atomanlagen bombardiert, um den Bau von Atombomben zu verhindern. Forscherinnen und Forscher des Paul Scherrer Instituts (PSI) in Villigen erklären, wie schwierig es ist, eine Nuklearwaffe zu bauen. Und der langjährige Chefphysiker der Schweizer Armee, Walter Rüegg, schätzt ein, wie nahe der Iran an der Bombe war.
Eine Atombombe funktioniert durch Kernspaltung. Bei der Kernspaltung werden schwere Atomkerne des Materials Uran-235 oder Plutonium-239 durch Neutronen gespalten. Dabei entstehen enorme Energiemengen und neue Neutronen. Diese lösen weitere Spaltungen aus – eine Kettenreaktion.
Uran in reiner Form ist ein silbern glänzendes, weiches Schwermetall. Sein Atomkern enthält 92 positiv geladene Kernteilchen, Protonen genannt. Der Atomkern hat neben den 92 Protonen eine variable Zahl von Neutronen. Je nach der Anzahl von Neutronen im Kern entstehen unterschiedliche Arten von Uran. Einige sind eher stabil, andere leichter spaltbar und eignen sich so besser für den Einsatz im Kernreaktor. Am besten spaltbar ist Uran-235, das deshalb in der Kernenergie eingesetzt wird.
Bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie wird in einem Kernkraftwerk durch kontrollierte Kernspaltung die Energie schrittweise freigesetzt und in Wärme umgewandelt. Das ist eine geregelte Kettenreaktion. Als Spaltmaterial dient leicht angereichertes Uran-235 mit einem Anreicherungsgrad von etwa 5 Prozent. «Im Gegensatz dazu basiert die Atombombe auf einer gezielt ausgelösten unkontrollierten Kettenreaktion von angereichertem Uran-235, was zu einer verheerenden Explosion führt», erklären die Experten des Paul Scherrer Instituts.
Für den Bau einer Atombombe braucht es zum einen konventionelle Sprengtechnik. Dann wird hochreines spaltbares Material benötigt – Uran-235 mit einem Anreicherungsgrad von über 85 Prozent oder Plutonium-239. Dieses Spaltmaterial muss in einer ausreichenden Menge vorliegen, um überhaupt eine unkontrollierte Kettenreaktion zu ermöglichen – man spricht hierbei von der kritischen Masse. Beim Einsatz werden diese Teilmengen durch eine Sprengung innerhalb von Mikrosekunden zusammengeführt und stark verdichtet. Dadurch wird die kritische Masse überschritten und die explosive Kettenreaktion ausgelöst.
Die erste grosse Hürde bei der Herstellung einer Kernwaffe besteht darin, ausreichend spaltbares Material in der erforderlichen Reinheit zu gewinnen. Für waffenfähiges Uran-235 muss der Anteil des spaltbaren Isotops im Natur-Uran von etwa 0,7 auf über 85 Prozent angereichert werden. Dieser physikalische Trennprozess ist äusserst energieintensiv und zeitaufwendig. Dafür braucht es grosstechnische Industrieanlagen. «Neben den naturwissenschaftlich-technischen Barrieren ist auch der anschliessende Bau der konventionellen Bombe äusserst komplex», sagen die PSI-Forscher.
Mit einer Diffusionsmethode, bei der gasförmiges Uranhexafluorid hergestellt wird. Das ist ein Molekül, das aus Uran und Fluor besteht. Für die Anreicherung werden Gaszentrifugen genutzt. So auch im von Israel bombardierten Gelände nahe der Stadt Natans.
Wird Plutonium-239 verwendet, ist zunächst der Betrieb eines spezifischen Kernreaktors erforderlich. Das heisst, nicht zur Stromerzeugung, sondern zur reinen sogenannten «Erbrütung» des waffenfähigen Materials. Das dabei entstehende Plutonium-239 muss anschliessend durch aufwendige chemische Verfahren vom bestrahlten Brennstoff abgetrennt und weiterverarbeitet werden. «Der Brutreaktor ist ein klares Indiz für eine militärische Nutzung», sagt Walter Rüegg. Und zudem an der Oberfläche und damit leicht angreifbar.
Die internationale Staatengemeinschaft hat mit der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA) ein Aufsichtsorgan geschaffen, das sowohl Materialflüsse als auch Ausrüstungen mit potenziellem Bezug zur Kernwaffenherstellung unter strenge internationale Kontrolle stellt. Kerntechnische Anlagen unterliegen – soweit zugelassen – regelmässigen Inspektionen durch die IAEA. An mindestens zwei Orten im Iran wird im grossen Stil Uran angereichert, in den Einrichtungen von Natans und Fordo, welche die IAEA überwacht.
Zu den wichtigsten Indikatoren für die zivile Nutzung der Kernenergie zählt der Anreicherungsgrad des Urans – dieser liegt in der Regel deutlich unter 20 Prozent, erklären die PSI-Forscher. Sowie die Zyklenlänge der Kernreaktoren, also die Zeitspanne, in der der Brennstoff im Reaktor verbleibt. Diese beträgt bei zivilen Reaktoren in der Regel mindestens elf Monate. Je länger die Verweildauer des Brennstoffs, desto ungeeigneter ist er für eine militärische Nutzung. Ein weiteres wesentliches Indiz für die friedliche Nutzung ist die Bereitschaft eines Staates, sich den Kontrollen der Internationalen Atomenergie-Organisation zu öffnen.
Die Sprengkraft hängt von der Reinheit und Menge des Spaltmaterials, dem Design der Bombe sowie der technischen Umsetzung der Kettenreaktion ab. Moderne Atombomben besitzen typischerweise eine Sprengkraft von etwa 100 bis 200 Kilotonnen TNT-Sprengstoff. Das entspricht der Energie von 100’000 bis 200’000 Tonnen konventionellem Sprengstoff. Zum Vergleich: Die 1945 über Hiroshima abgeworfene Uranbombe «Little Boy» hatte eine Sprengkraft von etwa 15 Kilotonnen TNT bei rund 64 kg hochangereichertem Uran-235. Moderne Waffen erreichen mit deutlich geringeren Mengen an hochreinem Spaltmaterial, durch präzisere Implosionssysteme, wesentlich höhere Effizienzen.
«Iran ist recht nahe an einer Atombombe», sagt der Kernphysiker Walter Rüegg, langjähriger Chefphysiker der Schweizer Armee. «Nach offiziellen Angaben der IAEA hat Iran zu 60 Prozent angereichertes Uran hergestellt. So kann in ein bis zwei Wochen etwa 20 Kilogramm Uran auf waffenfähige 90 Prozent angereichert werden. Das ist genug für eine Bombe.» Mittlerweile soll das Land mehr als 400 Kilogramm des hochprozentigen Urans besitzen. Seit gut 20 Jahren beherrsche Iran die Technik, angeleitet von Spitzenexperten aus der Sowjetunion, sagt Rüegg. Das heisst, im schlechtesten Fall benötigt Iran rund einen Monat, vermutlich eher zwei für die Fertigstellung einer Atombombe.
Es besteht die Möglichkeit, dass Iran heimlich schon mindestens eine Bombe zur Verfügung hat. Die IAEA überprüft periodisch die bekannten Anreicherungsanlagen, auch mit Video. Aber einige davon wurden abgeschaltet, das sei verdächtig, sagt der Kernphysiker Rüegg. Die IAEA reagierte deshalb nervös. Auf jeden Fall wäre es nach Rüegg möglich, dass Iran mit dem Sperrvertrag bricht, die IAEA aus dem Land wirft und nach einigen Wochen verkündet, dass er eine oder mehrere Bomben hat. Zur Erpressung, auch wenn das nach Rüegg Irans «Selbstmord» wäre, weil Israel 100 bis 300 moderne Atombomben habe.
Die Energie entsteht nicht, sondern wird freigesetzt.
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