Was würde ein Kriegseintritt der USA gegen den Iran bedeuten?
Fabian Hoffmann: Für Israel gibt es im Moment zwei Wege: Entweder sie bringen selber zu Ende, was sie begonnen haben, indem sie dem Iran die Mittel nehmen, nochmals ein ernsthaftes Nuklearprogramm zu starten. Allein durch militärische Mittel, oder auch allenfalls durch einen Deal, der früher oder später geschlossen wird. Wenn das aber nicht gelingt, dann ist der Anreiz im Iran enorm gross, sich eine Atombombe zu beschaffen, und diese auf ballistische Raketen zu packen.
Trump sagte bislang, dass er das eigentlich gar nicht will.
Die ganze Episode ist auch ein Scheitern der amerikanischen Aussenpolitik im Mittleren Osten. Sie sind ein Stück weit zum Spielball der Israelis geworden. Der Handlungsspielraum der Amerikaner wird derzeit vor allem von Israel vorgegeben. Und innerhalb dieses Spielraums muss Trump entscheiden, was er macht. Die Amerikaner wollen eigentlich nicht involviert werden. Aber angesichts der beiden Optionen, in welche Richtung der Krieg gehen könnte, ist die Chance relativ gross, dass sie es doch tun.
Wie würde das dann konkret aussehen?
Sie können Israel vor allem Luftunterstützung bieten, etwa israelische Kampfjets betanken. Ausserdem können die Amerikaner selbst Missionen gegen militärische Ziele im Iran fliegen, um die israelische Luftwaffe zu entlasten. Und sie können mit ihren bunkerbrechenden Waffen Ziele tief im Boden angreifen.
Etwa die viel diskutierte Anlage in Fordow tief unter der Erde, die für das iranische Atomprogramm sehr wichtig ist.
Wenn die Amerikaner das mit ihren grosskalibrigen Waffen machen, ginge es viel schneller. Sie haben einfach die grösseren Bomben, die für solche Missionen gebaut wurden. Die Israelis allein bräuchten länger, und vielleicht könnten sie die Anlage auch gar nicht entscheidend treffen.
Von Trump wissen wir, dass er gerne grosse Ankündigungen macht. Könnte es sein, dass seine Drohung in Richtung Iran ein Bluff ist, um Teheran an den Verhandlungstisch und dort zur Aufgabe des Atomprogramms zu bringen?
Ich würde Trump hier keine Strategie zurechnen. Er wollte nicht, dass im Mittleren Osten ein neuer Krieg gestartet wird. Nun scheint er aber relativ beeindruckt von der Schlagkraft der israelischen Armee. Trump mag Stärke. Das könnte ihn motivieren, nun auch selbst involviert zu sein.
Zuletzt haben die Amerikaner mehrere Tankflugzeuge in Richtung Europa verlegt. Ein Anzeichen, dass sie tatsächlich aktiv werden?
Das ist ein Anzeichen, ja. Genau wie Trumps Rhetorik, der erst heute wieder auf Social Media betont hat, dass der Iran keine Atombombe besitzen dürfe.
Die Israelis haben sicher durch militärische Stärke beeindruckt. Andererseits schlugen auch immer wieder iranische Raketen in Tel Aviv und anderen Städten ein und richten massive Zerstörung an. Warum können die Iraner die hochgepriesene israelische Luftabwehr durchdringen?
Das ist statistisch einfach unvermeidbar. Der Iran hat in den letzten Tagen rund 370 ballistische Raketen auf Israel gestartet. Wenn eine Rakete auf ihrer berechneten Flugbahn keine Schäden verursacht, wird sie gar nicht abgefangen. 30 Raketen haben die Flugabwehr durchdrungen und haben Schäden angerichtet. Das ist eine Abfangquote von 90 Prozent. So hoch war sie auch bei den letzten Angriffen des Iran im April und Oktober letzten Jahres. Der Unterschied ist, dass die Iraner jetzt auch die Stadtzentren etwa von Tel Aviv ins Visier nehmen.
Einige Raketen sollen in der letzten Flugphase manövrieren und so die israelische Raketenabwehr überlisten können.
Einige neuere Modelle sind mit einem solchen Mechanismus ausgestattet. Aber davon haben die Iraner nur wenige. Die meisten Raketen, die auf Israel zugeflogen kommen, sind technologisch eher veraltet. Die schiere Zahl führt dazu, dass einige ihr Ziel erreichen.
Was weiss man über Irans Raketenarsenal? Israel sagt, sie hätten rund 30 Prozent des Bestandes zerstört. Wie viele besitzen die Iraner noch?
Der Konsens unter Experten ist, dass der Iran zu Beginn des Konflikts 1000 bis 1500 ballistische Mittelstreckenraketen hatte. Knapp 400 haben sie bereits auf Israel abgeschossen. Und Israel hat ein paar hundert bereits am Boden zerstört. Das heisst, es wird langsam eng im iranischen Arsenal. Sie sind deshalb in einem Dilemma: Einerseits will man eine gewisse Zahl aufsparen, auch mit Blick auf die USA. Wenn sie einschreiten, will man wahrscheinlich vergelten können, etwa mit Angriffen auf amerikanische Militärbasen oder Botschaften. Gleichzeitig ist man sich aber bewusst, dass Israel ganz klar die Luftüberlegenheit hat. Die Raketen, die man nicht abschiesst, könnten durch die Israelis präemptiv vernichtet werden.
Warum kann sich der Iran nicht gegen Israels Luftangriffe verteidigen?
Der iranische Luftraum ist zum einen riesig. Zum anderen haben sie es mit einem Gegner zu tun, der sehr weitreichende Waffensysteme hat wie die ballistische Rakete «Rampage», mit der die Flugabwehrsysteme zu Beginn der Kampagne ausgeschaltet wurden. Darüber hinaus hat Israel mit den F-35 Kampfjets der fünften Generation, die Tarnfähigkeiten haben. Sie sind der iranischen Flugabwehr haushoch überlegen.
Warum waren die Iraner so schlecht vorbereitet?
Sie hätten technologisch nie mit den Israelis mithalten können. Deshalb haben sie es mit einer anderen Strategie versucht: Verbündete Gruppen im Libanon, in Gaza und im Jemen aufrüsten und Raketenarsenale aufstocken. Jetzt sieht man: Diese Strategie ist gescheitert. Die Fähigkeiten des Iran im regionalen Krieg sind unglaublich beschränkt.
Raketenabwehr ist auch in Westeuropa ein wichtiges Thema. Die Schweiz wartet seit langem auf ihr Patriot-System. Andere Länder wie Deutschland und die USA setzen auch darauf. Wo liegt der Unterschied zum israelischen Abwehrsystem?
Die Hauptbedrohung in Europa ist eine andere als in Israel, es sind nämlich vor allem russische Kurzstreckenraketen, etwa vom Typ Iskander. Darauf ist das Patriot-System optimiert. Mit Mittelstreckenraketen würde es sich schwertun, denn die sind viel schneller. Die fängt man bereits im Weltraum ab, etwa mit dem System «Arrow», das aus Israel stammt und auch zum Beispiel von Deutschland eingesetzt wird. Für uns relevanter sind aber die Kurzstreckenraketen.
Wir sehen beim Schlagabtausch zwischen Israel und dem Iran, wie wichtig Luftüberlegenheit in einem Krieg ist. Lassen sich daraus irgendwelche Lehren ziehen für den Krieg in der Ukraine?
Russland hat eine grosse Menge an Flugabwehrsystemen. Deutlich mehr als der Iran. Die Ukraine hat nicht die Waffen, um diese Flugabwehr auszuschalten. Sie bräuchte weitreichende Waffen, die darauf spezialisiert sind. Die Ukraine hat auch keine Kampfjets der fünften Generation. Ältere Jets sind sehr verwundbar, was diese Flugabwehrsysteme angeht.Und für Westeuropa?
Und für Westeuropa?
Für uns in Europa ist das, was zwischen Israel und Iran passiert, hochrelevant. Vor allem mit Blick auf einen potenziellen Krieg mit Russland. Wir haben F-35 und wir haben potenziell Technologien, um mit diesen Flugabwehrsystemen besser klarzukommen als die Ukraine. Israel zeigt uns gerade gegen den Iran, wie eine erfolgreiche Strategie bei einem potenziellen Krieg gegen Russland aussehen könnte. Luftüberlegenheit ist dabei entscheidend. In Europa müssten wir deshalb noch viel mehr in diese Richtung investieren. Russland würden wir besser abschrecken, wenn wir noch mehr in weitreichende Waffen wie Marschflugkörper und ballistische Raketen, zusätzlich zu Kampfjets der fünften Generation investieren würden. Denn wenn Sie sich mit Offizieren und Generälen aus Polen oder dem Baltikum, vermehrt aber auch aus der deutschen Bundeswehr unterhalten, ist der Tenor immer eindeutiger: Die Frage ist nicht, ob Russland ein Nato-Land angreift, sondern wann.
Ausser gegen Russland, da wird er sauer.
Dieser Verlust an Einfluss ist ein harter Schlag für das Trumpsche Ego. Daher wird die USA wohl noch etwas gegen Iran nachtreten um dann gross zu Verkünden, wie wichtig ihre Rolle gewesen sei.
Krieg gegen Bildung, gegen DEI, gegen „wokeness“, gegen LQBTQ+, gege demokratische Staaten, gegen die eigenenge Bürger (!), gegen _______.
Ein Krieg mehr, das passt doch!
Der Trump und Pistol Pete werden doch diese Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen!