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Angriff auf die «Strinda» – wie die Huthis Israel unter Druck setzen

Wieso die Huthis Schiffe im Roten Meer angreifen und was das für die Welt bedeutet

Seit Ende November haben die jemenitischen Huthi-Rebellen ihre Angriffe im Roten Meer massiv erhöht. Am frühen Dienstagmorgen attackierten sie einen norwegischen Tanker. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
12.12.2023, 13:5912.12.2023, 15:04
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Was ist passiert?

Vor der Küste des Jemens wurde ein norwegischer Tanker angegriffen. Wie das zuständige Regionalkommando des US-Militärs am frühen Dienstagmorgen mitteilte, sei der Öl- und Chemikalientanker «Strinda» direkt von einem Marschflugkörper getroffen worden. Auch die britische Warnzentrale für die Seefahrt (UKMTO) meldete den Vorfall in der Meerenge Bab al-Mandab, 15 Seemeilen westlich der jemenitischen Küstenstadt Mokka.

Wer steckt hinter den Angriffen?

Die mit dem Iran verbündeten Huthi-Rebellen im Jemen bekannten sich zur Militäroperation gegen den Tanker. Der Tanker sei mit einer Rakete beschossen worden, nachdem die Besatzung alle Warnungen ignoriert habe, erklärte der Huthi-Militärsprecher Jahja Sari in einer im Fernsehen übertragenen Erklärung.

Israelische Geheimdienstquellen sind laut The Economist überzeugt, dass der Iran hinter den Angriffen steckt. So hoffe der Iran, mit den Anschlägen die Öl- und Versandpreise in die Höhe zu treiben und so Druck auf Israels Verbündete ausüben zu können.

Wie werden die Angriffe begründet?

Mit den Angriffen solidarisieren sich die Huthis mit den Palästinensern im Gaza-Streifen. Die Rebellen hatten am Samstag verkündet, Schiffe auf dem Weg zu israelischen Häfen so lange zu blockieren, bis Israel die Einfuhr von Lebensmitteln und medizinischer Hilfe in den Gaza-Streifen erlaube.

Bereits Ende November drohte Jahja Sari:

«Wenn die internationale Gemeinschaft sich um die Sicherheit und Stabilität der Region sorgt und den Konflikt nicht ausweiten will, sollte sie Israels Aggression gegen Gaza stoppen.»

Während die Huthis zunächst nur mit Angriffen auf alle Schiffe mit Israel-Bezug gedroht hatten, wollen sie seit dem Wochenende künftig Schiffe jeglicher Nationalität auf dem Weg nach Israel an der Durchfahrt im Roten Meer hindern. Nur Frachtern, die Hilfsgüter für den Gazastreifen lieferten, würde die Durchfahrt gewährt.

Welche Bedeutung hat die Huthi-Blockade?

Der Jemen liegt im Süden der Arabischen Halbinsel an der Meerenge Bab al-Mandab: Durch sie führt einer der wichtigsten Schifffahrtswege der Welt vom und zum Suezkanal in Ägypten. Dieser Kanal verbindet das Mittelmeer mit dem Roten Meer und bietet damit die kürzeste Verbindung auf dem Seeweg von Asien nach Europa. Etwa zehn Prozent des gesamten Welthandels laufen über das Rote Meer, darunter auch Öl und Flüssiggas.

Die Angriffe in der Meerenge Bab al-Mandab stellen für die Huthis gleich in mehrfacher Hinsicht eine strategische Chance dar, erklärt Emile Hokayem, ein Experte am Internationalen Institut für Strategische Studien in London (iiss) gegenüber The Economist. Die palästinensische Sache sei in der arabischen Welt nach wie vor populär, weshalb die Huthis durch ihre Unterstützung der Unterdrückten ihr Ansehen in der arabischen Welt verbessern könnten. Mit den Angriffen sendeten die Huthis zudem ein klares Signal aus, dass das Rote Meer nun ein legitimer Schauplatz für den Kampf gegen Israel sei, so Hokayem weiter.

In den vergangenen drei Wochen haben die Huthis bereits mehrere Schiffe angegriffen und sie an der Durchfahrt gehindert. Nicht nur das: Am 19. November schafften sie es, einen Autofrachter unter ihre Gewalt zu bringen. Der Frachter «Galaxy Leader» wurde zum jemenitischen Hafen von Hoediah gebracht, wo er gemäss Videos und Bildern in den sozialen Medien als Touristenattraktion genutzt wird. Die 25 Besatzungsmitglieder, zusammengesetzt aus verschiedenen Nationalitäten, befinden sich noch immer an Bord.

Was weiss man zur «Strinda»?

Nach der Attacke habe die «Strinda» einen Notruf abgegeben, woraufhin der Zerstörer «USS Mason» Hilfe geleistet habe, teilte das US-Regionalkommando auf X mit. An Bord habe es einen Brand und Schäden, aber keine Verletzten gegeben.

Die 144 Meter lange «Strinda» gehört zur norwegischen Reederei J. Ludwig Mowinckels Rederi. Wie der Mowinckel-Vorsitzende Geir Belsnes gegenüber Reuters bestätigte, sei die 22-köpfige Besatzung aus Indien unverletzt geblieben. Sie habe das Feuer selbst löschen können und sei mit der «Strinda» nun unterwegs in einen sicheren Hafen.

strinda
Die Strinda wurde 2006 gebaut und fährt unter norwegischer Flagge.Bild: vesselfinder

Ursprünglich war die Strinda unterwegs nach Venedig, Italien, nachdem sie in Malaysia Pflanzenöl und Biokraftstoffe geladen hatte, wie Daten des Schiffsverfolgungsunternehmens Kpler zeigen und wie der norwegische Reedereiverbund bestätigte. Anfang Januar hätte der Tanker dann im israelischen Hafen von Ashdod ankern sollen, wie die Times of Israel, sich auf andere israelische Medien berufend, schreibt.

Wie sind die Reaktionen?

Der norwegische Reedereiverbund kritisierte, der Angriff sei inakzeptabel und stelle für die zivile Schifffahrt eine gravierende Entwicklung der Sicherheitslage im Roten Meer dar.

Bereits am Wochenende erklärte der nationale Sicherheitsberater Israels Zachi Ha-Ngebi, Israel habe seine westlichen Verbündeten aufgefordert, sich mit den Bedrohungen aus dem Jemen zu befassen. Man werde ihnen etwas Zeit geben, eine Antwort zu organisieren. Sollten die Drohungen aber anhalten, so werde man handeln, um diese Blockade aufzuheben.

Die USA und Grossbritannien verurteilten die Angriffe auf die Schiffe und machten den Iran für seine Rolle bei der Unterstützung der Huthis verantwortlich. Der Iran entgegnete darauf, dass seine Verbündeten ihre Entscheidungen unabhängig träfen. Saudi Arabien rief die USA derweil dazu auf, auf die Anschläge mit Zurückhaltung zu reagieren.

Mit Material der Nachrichtenagenturen SDA und DPA.

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27 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Die Geschichte wiederholt sich...
12.12.2023 14:49registriert Februar 2022
Angriffe auf Zivile Schiffe sind klare Terroarkte. Ich hoffe, der Bundesrat hat das begriffen. Dann kann er in 5 Jahren die Huthis in die Terrorliste aufnehmen. 😉
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rephil
12.12.2023 14:25registriert August 2021
Israel wird hier sicher nicht unter Druck gesetzt. Die Huthis setzen sich eher selber und ihre Verbündete unter Druck. Denn die immer stärker aufkeimenden propalästinensischen Stimmen im Westen werden so recht schnell wieder verstummen, wenn wahllos zivile Schiffe sämtlicher Nationen angegriffen werden. Auch China dürfte nicht gerade amused sein. Nur Russland kichert vor sich hin. Nächste Stufe wäre dann der Abschuss eines Linienfliegers?
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Henry Enveloppe
12.12.2023 16:05registriert September 2022
Eigentlich sollte es eine Koalition geben von einigen Staaten, welche sich sehr gestört fühlen müssten wegen der gewalttätigen Angriffe der Huthi. Es sollte einfach sein, diese Rebellen unschädlich zu machen. Wenn bewiesen ist, dass der Iran dahintersteckt, müssten auch die Mullahs zur Rechenschaft gezogen werden. Die Gewalttätigkeiten einiger Staaten sind für die Weltbevölkerung so überflüssig, wie die dazugehörigen Verantwortlichen überflüssig sind. Gewalt führen nur Menschen aus, die keine Argumente mehr haben.
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