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Klimaaktivistin Greta Thunberg antwortet auf Hass

Klimaaktivistin Greta Thunberg antwortet auf Hass: «Ich repräsentiere nur mich»

Spott und Häme musste die junge Klimaaktivistin Greta Thunberg einstecken. Nun hat die 16-jährige Schwedin einen langen Brief geschrieben, in dem sie mit den Unterstellungen aufräumt.
03.02.2019, 19:2804.02.2019, 08:35
David Ruch / t-online
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t-online

Die junge Umweltaktivistin Greta Thunberg wehrt sich gegen die Angriffe auf sie und ihren Klimaprotest. In einem langen Beitrag, den sie auf Facebook veröffentlichte, widerspricht die 16-Jährige Behauptungen, sie würde von Menschen im Hintergrund gelenkt und bekomme Geld für ihr Engagement. Auch zu den Beleidigungen wegen ihres Asperger-Syndroms nahm sie Stellung.

Thunberg schreibt, die Verdächtigungen und der Hass gegen ihre Person hätten sie nicht überrascht. Mit einem Schulstreik auf etwas Komplexes wie den Klimawandel aufmerksam zu machen, möge auf viele Menschen befremdlich wirken. Sie sei aber so frustriert darüber gewesen, dass nichts gegen die Klimakrise unternommen worden sei, dass sie einfach etwas habe tun müssen.

«Entweder leben wir als Zivilisation fort oder eben nicht. Wenn es um das Überleben geht, gibt es kein grau mehr.»

Bei ihrer Idee zum Schulstreik habe sie sich von den Schülern in der US-Stadt Parkland inspirieren lassen, die nach einem Amoklauf an ihrer Schule für schärfere Waffengesetze in den Ausstand getreten waren. Sie habe mit anderen jungen Aktivisten in Schweden über die Idee gesprochen, doch niemand habe mitmachen wollen. Also habe sie das Projekt alleine weiter verfolgt.

Ihre Eltern seien davon nicht begeistert gewesen, schreibt sie. Sie hätten ihr gesagt, sie könne nicht auf ihre Unterstützung zählen und müsse das allein durchziehen. Am 20. August habe sie sich dann zum ersten Mal vor das Parlament in Stockholm gesetzt und Flyer an Passanten verteilt. Als sie auf Twitter und Instagram davon berichtete, sei ihre Aktion schnell viral gegangen.

Thunberg protestiert mit ihrem «Schulstreik fürs Klima» seit August jeden Freitag vor dem Reichstag in Stockholm. Die Aktion fand viele Nachahmer in aller Welt. Auch in Deutschland folgten Zehntausende Schüler Thunbergs beispiel und traten in mehreren Dutzend Städten in den Streik. Die Aktivistin nahm im Januar am Weltwirtschaftsforum in Davos teil, wo sie Top-Manager und Spitzenpolitiker dazu aufrief, sofort etwas gegen den Klimawandel zu tun.

«Ich repräsentiere nur mich»

«Ich repräsentiere nur mich»

Es sei nicht wahr, erklärt Thunberg jetzt, dass hinter ihr Personen stehen würden, dass sie bezahlt und benutzt werde. «Ich bin absolut unabhängig und repräsentiere nur mich. Und ich tue das was ich tue, ohne Geld dafür zu erhalten.» Die 16-Jährige stellt klar, sie habe zu keiner Zeit irgendwelche Zahlungen erhalten, noch seien ihr Zahlungen für die Zukunft versprochen worden.

Für Reisen zu Kongressen habe sie eine Genehmigung der Schule. Alle Auslagen wie Zugtickets und Übernachtungen zahlten ihre Eltern, die im Übrigen alles, nur keine Klimaaktivisten gewesen seien, bevor sie sie auf das Problem aufmerksam gemacht habe.

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Die 16-Jährige wehrt sich gegen die Vorwürfe.Bild: EPA/TT NEWS AGENCY

Sie schreibe ihre Reden selbst, betont die 16-Jährige. Aber weil sie inzwischen sehr viele Menschen erreiche, frage sie auch um Rat. Sie bitte regelmässig einige Wissenschaftler um Hilfe bei der Erklärung komplexer Fragen. Sie tue das, um ihr Anliegen absolut korrekt darzulegen und um keine Missverständnisse zu erzeugen.

Thunberg: Wenn ich «normal» wäre, würde ich anders handeln

Thunberg: Wenn ich «normal» wäre, würde ich anders handeln

Es gebe Menschen, die über sie herziehen würden, weil sie das Asperger-Syndrom habe, schreibt Thunberg. Sie sagten auch, mit so einer Krankheit würde man sich nicht in eine solch öffentliche Rolle begeben. «Aber genau deshalb tue ich es ja. Denn wenn ich »normal« und sozial wäre, hätte ich mich einer Organisation angeschlossen, oder hätte selbst eine gegründet. Aber weil ich nun mal nicht so gut im sozialisieren bin, habe ich es so getan.»

Die junge Klimaaktivistin sagt weiter, ihr sei vorgeworfen worden, sie schreibe und spreche wie eine Erwachsene. Ihre Antwort: Kann nicht auch eine 16-Jährige in der Lage sein, für sich selbst zu sprechen? Wenn sie sage, in der Frage der Klimakrise gebe es nur schwarz und weiss, oder, sie wolle, dass die Menschen Panik bekommen, dann nur, weil es wahr ist.

16 year-old Swedish climate activist Greta Thunberg (right) arrives to attend the 49th Annual Meeting of the World Economic Forum, WEF, in Davos, Switzerland, Wednesday, January 23, 2019. Starting the ...
Greta Thunberg am WEF 2019 in Davos.Bild: KEYSTONE

«Entweder begrenzen wir die globale Erwärmung auf 1.5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau oder eben nicht. Entweder erreichen wir den Kipppunkt, an dem eine Kettenreaktion von Klimaereignissen jenseits jeder menschlichen Kotrolle einsetzt, oder eben nicht. Entweder leben wir als Zivilisation fort oder eben nicht. Wenn es um das Überleben geht, gibt es kein grau mehr.»

Den Menschen, die meinten, sie müssten nicht auf sie hören, weil sie nur ein Kind sei, wolle sie sagen: Hört stattdessen auf die harten wissenschaftlichen Fakten. Hätte jeder die Wissenschaftler und ihre Forschungen ernst genommen, dann müssten sie und Hunderttausende Schüler rund um den Erdball heute nicht auf die Strasse gehen. Dann könnten sie einfach alle zurück zur Schule gehen. 

Streikende Schüler: «Politikern ist unsere Zukunft egal» Greta: Wie eine Schulschwänzerin eine Klimabewegung ins Rollen brachte

 «Ich bin nur der Überbringer», schreibt Thunberg, «dennoch bekomme ich so viel Hass. Ich sage überhaupt nichts Neues, ich sage nur das, was Wissenschaftler seit Jahrzehnten wiederholen. Ich stimme euch zu, ich bin zu jung, das zu tun. Wir Kinder sollten das nicht tun müssen. Aber weil fast niemand etwas tut, und weil unsere Zukunft auf dem Spiel steht, fühlen wir, dass wir weiter machen müssen.»

Verwendete Quellen:

Japan plant die Unterwasserstadt

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Eine Stadt im Meer: Projektanimation des futuristischen Unterwasserprojekts «Ocean Spiral».
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Dieses Projekt im Jura soll die Klimawandel verhindern

Video: srf
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114 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Kong
03.02.2019 19:41registriert Juli 2017
Ich war skeptisch bei dem Hype. Aber ich musste meine Meinung revidieren, sie verdient Achtung und Respekt für ihr Engagement. Oberflächlich steht der Schulstreik im Raum, aber sie denkt erwachsener als viele weit jenseits der 20. Unsere Gesellschaft fröhnt nunmal lieber der Konsumgeilheit, schiesst Selfies und schlendert durchs vermeintlich freie Leben. Da nehm ich mich nicht aus. Vielleicht ist es wirklich 1 vor 12?
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Ale Ice
03.02.2019 19:50registriert November 2017
Uneingeschränkte Hochachtung hat diese junge Frau verdient.
Und ihr und all den jungen Menschen, die von ihr aufgerüttelt worden sind, steht es zu, sehr ernst genommen werden.
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Max Dick
03.02.2019 20:13registriert Januar 2017
Also wenn ihr Hass in Form von Beleidigungen und Drohungen via Social Media und Mails entgegenkommen, dann ist das doch sehr arm. Das müssen zwar wohl mittlerweile noch so viele über sich ergehen lassen, die im Rampenlicht stehen, aber gegenüber einer 16 jährigen ist das dann nochmal ein ganzes Niveau tiefer.
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