Die innerkoreanischen Beziehungen haben am Dienstag erneut einen deutlichen Rückschlag erlitten. Nach der Unterbrechung aller Kommunikationsleitungen zu Südkorea hat Nordkorea das erste gemeinsame Verbindungsbüro nahe der Grenze gesprengt.
«Um 14.50 Uhr (Ortszeit) wurde das Verbindungsbüro auf tragische Weise mit einer fürchterlichen Explosion zerstört», berichteten die nordkoreanischen Staatsmedien am Dienstag.
Das Verbindungsbüro galt einst als «Symbol des Friedens». Dessen Einrichtung war ein konkretes Ergebnis des ersten Gipfeltreffens zwischen Moon Jae In und Kim Jong Un im April 2018 gewesen. Sein Zweck war es unter anderem, sich jederzeit über bilaterale Angelegenheiten beraten zu können. Seoul wollte das Büro auch dazu nutzen, um mit Nordkorea über den Abbau von dessen Atomwaffenprogramm zu sprechen. Das Büro war aber zuletzt verwaist.
Doch wieso liess Nordkorea das Büro überhaupt sprengen? Aktuell lassen sich folgende drei Theorien ausmachen. Wobei es möglich ist, dass alle ihren Teil zur Eskalation beitrugen.
Mit der drastischen Massnahme auf eigenem Boden machte die international isolierte Führung in Pjöngjang ihrem Unmut über eine neue Propagandaflugblatt-Aktion südkoreanischer Aktivisten Luft. So lautet zumindest die offizielle Begründung Pjöngjangs für ihr Vorgehen.
Die Zerstörung des Büros zeuge von der Wut der Nordkoreaner, hiess es in den nordkoreanischen Berichten in Anspielung auf die Flugblattkampagne südkoreanischer Aktivisten und nordkoreanischer Flüchtlinge. Ziel sei es gewesen, «menschlichen Abschaum und solche, die dem Abschaum Schutz bieten, für ihre Verbrechen zahlen» zu lassen.
Nordkorea hatte zuvor schon die Telefon- und Faxleitungen zum Süden gekappt und mit dem Abbruch aller Kontakte sowie mit weiteren Vergeltungsmassnahmen gedroht. Pjöngjang wirft der Regierung in Seoul vor, die Propaganda-Aktionen, bei der an der Grenze Ballons mit Flugblättern mit Kritik an der autokratischen Führung in Pjöngjang in Richtung Norden geschickt werden, zu tolerieren. Zuletzt hatten die Gruppen Ende Mai etwa 500'000 Flugblätter losgeschickt.
Ein weiterer Grund könnten interne Machtverschiebungen sein. Es scheint, als ob Kim Jong Uns Schwester immer mehr zu sagen hat. Bereits am Samstag hatte Kim Yo Jong mit einer Militäraktion gegen den Süden gedroht. «In Kürze wird eine tragische Szene des komplett eingestürzten, nutzlosen Nord-Süd-Verbindungsbüros zu beobachten sein», liess die 32-Jährige verlauten. Am Dienstag liess Pjöngjang den Worten Taten folgen.
Kim Yo Jong fiel in den vergangenen Tagen durch einen scharfen Ton gegenüber Südkorea auf. Vor kurzem sagte sie dem Zentralorgan «Rondong Sinmun»: «Ich spüre, es ist höchste Zeit, mit den südkoreanischen Behörden zu brechen.» Zudem hetzte sie auch gegen Überläufer und südkoreanische Aktivisten. Sie bezeichnete diese als «menschlichen Abschaum», «ekelhaftes Gesindel» oder «Strassenköter».
Wie das in der Regel gut informierte Portal Daily NK schreibt, versucht das Regime in Pjöngjang, Kim Yo Jong Respekt zu verschaffen. In der Bevölkerung und im Partei-Kader. Im Gegensatz zu ihrem Bruder hat Kim Yo Jong keinerlei Erfahrung im militärischen Bereich. Nun soll sie durch sogenannte «revolutionäre Errungenschaften» in Stellung gebracht werden, um die Geschäfte ihres Bruders zu übernehmen, falls sich dessen Gesundheit weiter verschlechtert.
Im April dieses Jahres gab es Berichte, wonach Kim Jong Un am Herzen operiert wurde. Während Wochen war er von der Bildfläche verschwunden, ehe er anfangs Mai wieder auftauchte. Wie es Kim Jong Un derzeit geht, oder ob er bereits abgelöst wurde, kann derzeit nicht gesagt werden.
Wie die «Daily NK» weiter schreibt, müssen die Aktionen nicht unbedingt bedeuten, dass bereits eine Machtablösung stattfindet. Es kann auch sein, dass sich Kim Jong Un nur auf ein solches Szenario vorbereitet. Desweiteren solle Kim Yo Jong nur vorübergehend die Zügel in die Hand nehmen, bis Kim Jong Uns zwölfjähriger Sohn die Nachfolge antreten kann.
Ein dritter Grund, weshalb Nordkorea das Gebäude gesprengt hat, dürften die internationalen Sanktionen sein, unter denen das Land momentan leidet.
«Nordkorea ist dabei, Spannungen zu erzeugen», schreibt etwa Experte Jean H. Lee vom Wilson Center in den USA auf Twitter. «Pjöngjang leidet unter beissenden internationalen Sanktionen und versucht, Seoul dahin zu treiben, die von den USA angeführte Sanktionskampagne zu durchbrechen.»
Seit dem gescheiterten Gipfeltreffen zwischen Kim Jong Un und US-Präsident Donald Trump im Februar 2019 in Vietnam kommen die bilateralen Nuklearverhandlungen nicht mehr voran.
Zudem dürfte die Coronakrise das abgeschottete Land stärker getroffen haben, als die Regierung zugibt. Mit dem aggressiven Auftreten soll nun Bewegung in die Verhandlungen kommen.
Ja, das ist nicht auszuschliessen. Das Vorgehen Pjöngjangs provozierte eine erste deutliche Warnung Südkoreas. «Falls Nordkorea weitere Schritte unternimmt, um die Situation zu verschärfen, werden wir strikt darauf reagieren», erklärte das Präsidialamt in Seoul nach einer Dringlichkeitssitzung des Nationalen Sicherheitsrats.
Nordkorea seinerseits drohte damit, bereits «entmilitarisierte» Zonen an der Grenze wieder mit Soldaten zu besetzen. Es würden Pläne der Regierung und der Arbeiterpartei geprüft, wonach die Armee wieder in Zonen vorstossen könne, die unter dem Abkommen zwischen den beiden Ländern entmilitarisiert worden seien, wurde der Generalstab von den staatlichen Medien zitiert. (cma/sda/dpa)
Also, ich frage für einen Freund...
Spontan dachte ich beim Überfliegen des Textes, Donald Trump hätte schon wieder getwittert.
Aber weit gefehlt, es war eine weit entfernte Diktatur. Wie sich die Systeme doch annähern, ist das nicht schön...
Vorsicht: Zynismus....