International
Reisen

Klimakrise: CO₂-Ausstoss durch Privatjets steigt laut Studie rasant

Laut der Studie hinterlassen die Superreichen mit Privatflugzeugreisen einen riesigen CO2-Fussabdruck.
Laut der Studie hinterlassen die Superreichen mit Privatflugzeugreisen einen riesigen CO₂-Fussabdruck.Bild: Hanspeter Schiess

Der CO₂-Ausstoss der Reichsten: Deutlich mehr private Flugzeuge am Himmel

Nur sehr wenige Menschen auf der Welt sind so reich, dass sie sich ein Privatflugzeug leisten können. Der Pro-Kopf-Ausstoss an CO₂ ist dabei immens – und die Zahl der Maschinen steigt rasant.
12.11.2024, 11:4512.11.2024, 11:46
Mehr «International»

Binnen weniger Jahre ist der CO₂-Ausstoss durch Privatflüge einer Studie zufolge um fast die Hälfte gestiegen. Zwischen 2019 und 2023 hätten die direkten Emissionen um 46 Prozent zugelegt, von 10,7 auf 15,6 Millionen Tonnen, heisst es im Fachjournal «Communications Earth & Environment». Oft werden die Maschinen für kurze Strecken genutzt, die leicht auch mit Auto oder Bahn zurückzulegen wären.

Die Strecken der privaten Luftfahrt 2023

Direktverbindungen zwischen Städten unter Berücksichtigung von 4,3 Millionen Flügen.
Direktverbindungen zwischen Städten unter Berücksichtigung von 4,3 Millionen Flügen.Bild: Communications Earth & Environment

«Die Studie untermauert, dass die Superreichen einen riesigen CO₂-Fussabdruck haben», sagt Nora Wissner vom Öko-Institut Berlin, die selbst nicht an der Analyse beteiligt war. Privatjet-Besitzer seien überwiegend ältere Männer über 55 Jahre, die im Bank-, Finanz- oder Immobilienwesen arbeiten. Doch ein wesentlicher Teil der Privatjet-Flüge wird nicht für Business, sondern für Freizeit- und Urlaubstrips genutzt. «Angesichts wachsender Ungleichheit und zunehmender Klimakrise sollten wir den privaten Flugverkehr daher stärker regulieren.»

Das Team um Stefan Gössling von der Linnaeus University in Kalmar (Schweden) hatte Transponder-Daten Tausender Privatflugzeuge von der Plattform «ADS-B Exchange» analysiert. Erfasst wurden weit über 18 Millionen Flüge mit 26'000 Privatflugzeugen. Verknüpft wurden diese Daten mit dem durchschnittlichen Treibstoffverbrauch von 72 hauptsächlich für den Transport von Einzelpersonen genutzten Flugzeugtypen.

Rund um grosse sportliche, kulturelle oder politische Ereignisse war das Aufkommen von Privatflugzeugen jeweils besonders hoch: An der Spitze steht im untersuchten Zeitraum mit Abstand die WM in Qatar 2022, gefolgt vom WEF in Davos 2023, dem Filmfestival in Cannes und der Weltklimakonferenz im Dezember 2023 in Dubai.

Fussball-WM, Super Bowl und Cannes als beliebte Flugziele

Einige Veranstaltungen sahen sich die Forschenden im Detail an und stellten fest, dass es gewisse Überschneidungen gab: So waren von den 766 Privatflugzeugen, die in Zusammenhang mit den Filmfestspielen von Cannes registriert wurden, 172 auch beim Weltwirtschaftsforum in Davos zu finden. Von den 409 Privatmaschinen bei der Fussball-Weltmeisterschaft der Männer 2022 in Katar waren 66 auch beim Super Bowl 2023 in den USA und 96 bei der UN-Klimakonferenz in Dubai zu finden.

Mit grossem Abstand die meisten der berücksichtigten Privatflugzeuge – mehr als 18'000 oder zwei Drittel aller Maschinen – waren in den USA registriert. Darauf folgen Brasilien, Kanada und Deutschland. Pro Kopf gerechnet beherbergt Malta die grösste Flotte privater Flugzeuge.

Oft handelt es sich um Kurzstreckenflüge

Knapp die Hälfte der Flüge gingen über eine Distanz von maximal 500 Kilometern. «In vielen Fällen scheint die private Luftfahrt das Auto aus Zeitgründen oder aus Bequemlichkeit zu ersetzen, wie der Anteil von 4,7 Prozent an sehr kurzen Flügen unter 50 Kilometer zeigt», erläutert das Team um Gössling. Die Gesamtzahl der Privatflugzeuge stieg demnach seit 2019 jährlich um 6,45 Prozent, die Anzahl der zurückgelegten Kilometer um 11,31 Prozent pro Jahr.

Nur 0,003 Prozent der Weltbevölkerung nutzen den Angaben zufolge Privatflugzeuge. Deren CO₂-Ausstoss mache etwa 1,8 Prozent der Emissionen der kommerziellen Luftfahrt aus. «Um den wachsenden Klimaauswirkungen des Sektors Rechnung zu tragen, sind Regulierungen erforderlich», lautet das Fazit des Teams um Gössling.

Privatjets fallen oft nicht unter den europäischen Emissionshandel, da dieser eine Mindestgrösse und einen Mindestausstoss an Emissionen pro Jahr definiere, die Privatjets oft nicht erreichen. Sie erfahren ausserdem faktisch eine Subventionierung, da sie in den meisten Ländern keine Energiesteuer oder Mehrwertsteuer zahlen müssen.

Zu berücksichtigen ist übrigens, dass der CO₂-Ausstoss nur einen Drittel des Klimaeffekts beim Fliegen ausmacht – dazu kommen zusätzlich Faktoren wie Kondensstreifen sowie Stickoxid- und Wasserdampfemissionen. «Die private Luftfahrt ist die energieintensivste Form des Luftverkehrs», so die Forschenden. (dpa/chm) (bzbasel.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Leute, die du im Flieger nicht in deiner Nähe haben willst
1 / 23
Leute, die du im Flieger nicht in deiner Nähe haben willst
Sowas muss bequem sein.
bild: imgur

Auf Facebook teilenAuf X teilen
Flugzeug fängt Feuer bei harter Landung in Las Vegas
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
113 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Ferienpraktiker21
12.11.2024 09:47registriert Dezember 2020
Versteh ich schon, Strassen und Züge sind meist verstopft, die Swiss und andere dauernd verspätet . Um da rechtzeitig bei der Sitzung z.B. „Klimagipfel“ anzukommen bleibt nur der Privat Jet.
7713
Melden
Zum Kommentar
avatar
Pontifax
12.11.2024 10:04registriert Mai 2021
Und weiterhin ist keine Besteuerung von Flugtreibstoffen in Sicht. Dafür sollen wir Elektro Autos kaufen...
7513
Melden
Zum Kommentar
avatar
Ökonometriker
12.11.2024 09:57registriert Januar 2017
Wir können zwar nicht die Welt regulieren. Aber zumindest am überlasteten Flughafen Zürich sollte man die Gebühren für kleinere Jets massiv erhöhen. Wegen der Umwelt. Aber auch wegen dem Fluglärm und den Kapazitätsproblemen.
7615
Melden
Zum Kommentar
113
    Biden schiebt Umsetzung des Tiktok-Gesetzes auf Trump ab

    Auch nachdem das Oberste Gericht der USA das Gesetz zum Tiktok-Verkauf bestätigt hat, bleibt unklar, ob die Video-App am Sonntag in dem Land dichtmacht. Der Fokus liegt auf Donald Trump.

    Zur Story