Bei einem mutmasslichen Mordanschlag in der Nähe von Moskau ist nach Angaben russischer Ermittler die Tochter des rechtsnationalistischen Ideologen Alexander Dugin getötet worden. «Die Identität der Toten ist geklärt – es ist die Journalistin und Politologin Daria Dugina», teilte das nationale Ermittlungskomitee am Sonntag in Moskau mit. Ihr Vater gilt als Chefstratege des Kremlchefs Wladimir Putin.
Duginas Auto explodierte demnach am Samstagabend während der Fahrt in einer Vorstadtsiedlung im Moskauer Gebiet. Die Ermittler veröffentlichten ein Video von der Arbeit der Experten vor Ort. Nach ersten Erkenntnissen war demnach an dem Fahrzeug ein Sprengsatz montiert, der detonierte. In sozialen Netzwerken gab es Videos von dem brennenden Fahrzeug und weit verstreuten Trümmerteilen. Es werde in verschiedene Richtungen ermittelt, hiess es in der Mitteilung der Ermittler.
Andrej Krasnow, der Leiter der Bewegung «Russischer Horizont», bestätigte die Informationen der russischen Nachrichtenagentur Tass. «Ja, ein sehr ungünstiges Ereignis; ich kannte Daria persönlich», so Krasnow.
Auf Twitter kursierte auch ein Video, auf dem Alexander Dugin zu sehen ist. Er schlägt entsetzt die Hände über dem Kopf zusammen, im Hintergrund ist das brennende Auto zu sehen.
Dugin at the scene. pic.twitter.com/0VgmpBmlvn
— Natalia Antonova 🇺🇸🇺🇦 (@NataliaAntonova) August 20, 2022
Die 29-jährige Daria Dugina galt als glühende Verfechterin des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Die politische Analystin, die in die Fussstapfen ihres nationalistischen Vaters getreten ist, sagte zuletzt in einem Interview: «Die Tatsache, dass wir von den USA, Kanada, Australien und Grossbritannien unter Sanktionen stehen, ist auch ein Symbol dafür, dass wir Dugins im Kampf gegen die Globalisierung auf dem Weg der Wahrheit sind.» Dugina steht seit März wegen der russischen Invasion auf mehreren Sanktionslisten – wegen der Verbreitung von Propaganda und Falschnachrichten über die von Putin am 24. Februar befohlene Invasion.
Berichten zufolge waren Dugin und seine Tochter Daria zuvor bei einem Festival gewesen, das vom Präsidialfonds für Kulturinitiativen, dem Ministerium für Kultur und Tourismus der Region Moskau und der Verwaltung von Odinzowo veranstaltet wurde.
Nach dem Ende der Veranstaltung hätten die Dugins gemeinsam abreisen wollen, sich dann aber in unterschiedlichen Autos auf den Weg gemacht. Krasnow berichtete der Tass, dass das explodierte Fahrzeug Alexander Dugin gehört habe. «Daria fuhr sonst ein anderes Auto, aber heute nahm sie seins.»
Unter russischen Nationalisten und prorussischen Kräften in der Ukraine löste der Anschlag Entsetzen aus. «Die Terroristen des ukrainischen Regimes haben versucht, Alexander Dugin zu liquidieren und haben seine Tochter in die Luft gesprengt... im Auto», schrieb der Anführer der Separatistenhochburg Donezk, Denis Puschilin, im Nachrichtenkanal Telegram. Daria bleibe in Erinnerung – als «echtes russisches Mädchen».
Der Leiter der Bewegung «Russischer Horizont», Andrej Krasnow, äusserte zudem die Vermutung, dass es sich bei dem Vorfall um einen Anschlag gehandelt habe, der eigentlich Darias Vater oder beiden gegolten haben soll. Einzelne Kommentatoren in der Ukraine bezweifelten jedoch, dass Kräfte des von Russland angegriffenen Landes derzeit in der Lage sind, ein solches Attentat auszuführen.
Der Vater der Getöteten, der radikale Autor Dugin, wird von Medien und Autoren immer wieder als Einflüsterer oder als «Gehirn» des russischen Präsidenten Putin sowie als Ideengeber auch für den Angriff auf die Ukraine bezeichnet.
Dugin erlangte in den 1990er-Jahren als Autor der rechtsextremen Zeitung «Den» nationale Bekanntheit. Ein dort 1991 veröffentlichtes Manifest «The Great War of the Continents» («Der Grosse Krieg der Kontinente») legte seine Vision von Russland als «ewiges Rom» dar, das einem individualistischen, materialistischen Westen gegenübersteht: dem «ewigen Karthago». Manche nennen ihn den Wiederentdecker des zaristischen Begriffs «Neues Russland», der den Anspruch auf Gebiete des Donbass bezeichnet.
Im Jahr 2009 wurde Dugin Chef der Abteilung Internationale Beziehungen in der Soziologischen Fakultät der Moskauer Universität. Nach der Annexion der Krim rief er zur Tötung der Ukrainer auf. Er ist heute Kommentator im russischen Fernsehen.
((t-online ))