International
Russland

Trotz Sabotage-Versuchen und Lawrow-Kritik: Cassis will OSZE retten

Trotz russischen Sabotage-Versuchen und Lawrow-Kritik: Cassis will OSZE retten

Zum ersten Mal seit dem Angriff auf die Ukraine nimmt Russlands Aussenminister Sergej Lawrow an einem Treffen der «Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit» (OSZE) teil – und missbraucht den Auftritt prompt zu Propaganda-Zwecken.
30.11.2023, 22:3330.11.2023, 22:49
Remo Hess, Brüssel / ch media
Mehr «International»
Bundesrat Ignazio Cassis spricht an einer Medienkonferenz ueber rechtliche und politische Handlungsmoeglichkeiten.gegenueber der Hamas, am Mittwoch, 22. November 2023, in Bern. (KEYSTONE/Peter Schneid ...
Bundesrat Ignazio Cassis reiste am Donnerstag an das Ministertreffen der OSZE. Hier zu sehen an einer Medienkonferenz in Bern, am 22. November 2023.Bild: KEYSTONE

Bevor er das Flugzeug Richtung Skopje bestieg, sendete Ignazio Cassis noch einen Weckruf aus: Es gehe jetzt darum, dass «die Werte und Prinzipien der OSZE aufrechterhalten werden und die Organisation handlungsfähig bleibt», so der Schweizer Aussenminister zum Ministertreffen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der nordmazedonischen Hauptstadt.

Denn eines ist klar: Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine vor bald zwei Jahren ist die im Kalten Krieg gegründete Dialogplattform in einer existenziellen Krise. Sie hänge an der «Herz-Lungen-Maschine», formulierte es der österreichische Aussenminister Alexander Schallenberg.

Annalena Baerbock: Russland will OSZE zerstören

Grund dafür ist Russland, das mit seinem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg nicht nur die OSZE-Schlussakte mit Füssen tritt. Sondern auch mit seinem Veto-Recht die Organisation intern blockiert. Nachdem Russland die für 2024 geplante OSZE-Präsidentschaft von Estland torpediert hatte, konnte man sich Anfang Woche zwar mit Ach und Krach auf den Ersatznachfolger Malta einigen. Wichtige Personal- und Budgetentscheide verhinderte Russland bislang jedoch.

OSZE-Generalsekretärin Helga Schmid warnte vor einem bedrohlichen Geldmangel und sagte, dass die Organisation im laufenden Jahr nur dank Spenden von Mitgliedsstaaten vor der Pleite habe bewahrt werden können. Laut der deutschen Aussenministerin Annalena Baerbock gehe es Russland darum, die OSZE und mit ihr die Bestrebungen für eine Friedensordnung in Europa «zu zerstören». Das dürfe man nicht zulassen.

Für Ärger sorgte im Vorfeld ausserdem, dass der russische Aussenminister Sergej Lawrow am Treffen teilnimmt, obwohl er auf der internationalen Sanktionsliste steht. Im vergangenen Jahr hatte ihm Polen die Teilnahme noch verweigert. Nordmazedonien aber liess Putins Chefdiplomaten einreisen. Die Aussenminister der baltischen Länder Estland, Lettland und Litauen sowie der Ukraine kritisierten die Entscheidung scharf und boykottierten das Treffen. Die Befürchtung war unter anderem, dass Lawrow seinen Auftritt zu Propaganda-Zwecken missbrauchen würde.

epa11003183 Russian Foreign Minister Sergei Lavrov attends the 30th OSCE Ministerial Meeting in Skopje, Republic of North Macedonia, 30 November 2023. The Ministerial Council meets once a year towards ...
Putins Chefdiplomat durfte teilnehmen: der russische Aussenminister Sergej Lawrow, am 30. November 2023 in Skopje.Bild: EPA

Lawrow gibt dem Westen die Schuld für die OSZE-Krise

Und so kam es dann auch: In seiner Ansprache am Donnerstag wetterte Lawrow gegen den Westen, die Nato und das «Neonazi-Regime» in Kiew. Die OSZE sei zu einem «Anhängsel der Nato und der EU» verkommen und stehe «am Rand des Abgrunds». Schuld sei allein die «westliche Politikerelite», die sich für die Nato-Osterweiterung und gegen die OSZE entschieden hätte.

Mehrere Delegierte verliessen bei Lawrows Rede den Saal, während auch der Russe selbst bei der Rede der westlichen Vertreter nicht anwesend war. Während sich Aussenminister Ignazio Cassis bei der UN-Vollversammlung im vergangenen Jahr noch mit Lawrow ablichten liess, gab es dieses Jahr aber kein Handshake-Bild.

Die Schweiz hat der OSZE in der Vergangenheit stets grosse Bedeutung zugemessen. Besonders der ehemalige Aussenminister Didier Burkhalter engagierte sich während des Schweizer OSZE-Vorsitzes im Jahr 2014 stark. Das Mandat war geprägt von den Folgen des Maidan-Aufstands und der russischen Annexion der Krim.

epa04195100 Russian President Vladimir Putin (R) shakes hands with Swiss President and OSCE Chairman Didier Burkhalter (L) during a meeting at the Kremlin in Moscow, Russia, 07 May 2014. Burkhalter, w ...
Empfang im Kreml: Der damalige Bundespräsident Didier Burkhalter traf am 7. Mai 2014 Wladimir Putin (rechts).Bild: EPA

Zweimal hat Burkhalter den russischen Präsidenten Wladimir Putin in dieser Zeit persönlich getroffen. Der Schweizer Top-Diplomat Thomas Greminger war zudem massgeblich an der Einrichtung einer OSZE-Mission beteiligt, welche die Einhaltung des Minsker-Abkommen entlang der Kontaktlinie in der Ostukraine beobachtete. Ab 2017 fungierte Greminger dann für drei Jahre als OSZE-Generalsekretär und versuchte, zwischen Russland und der Ukraine zu vermitteln.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
23 Bilder, die Russlands Militärparade auf den Punkt bringen
1 / 25
23 Bilder, die Russlands Militärparade auf den Punkt bringen
Russland begeht am 9. Mai mit dem «Tag des Sieges» über Nazi-Deutschland seinen wichtigsten Feiertag.
quelle: imago-images
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Lawrow zu Ukraine-Krieg
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
23 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Majoras Maske
30.11.2023 23:32registriert Dezember 2016
Was soll das Schmierentheater? Alle wissen was Russland tut und das weiss auch Russland. Das Putin-Regime kann schlichtweg kein Player in Europa sein.
724
Melden
Zum Kommentar
avatar
rolf.iller
30.11.2023 23:40registriert Juli 2014
Russland muss militärisch besiegt werden, so einfach ist das. Und der Grund dafür ist ganz einfach. Russland wird nie aufhören, nach westen zu expandieren mit aller Brutalität.
686
Melden
Zum Kommentar
avatar
banda69
30.11.2023 23:05registriert Januar 2020
Lavrow, der Massenmörder und Zerstörer. Russen in Mariuopol. Deren stumpfe und mörderische Gewalt gegen ukrainische Kinder, Frauen und Männer ist kaum zu ertragen.

Und was sagen die Putinversteher von der SVP dazu?
507
Melden
Zum Kommentar
23
    «Versucht, heikle Entwicklung der USA zu korrigieren»: Schweizer Geistliche über Leo XIV.
    Die Wahl des neuen Papstes Leo XIV. wird international begrüsst. Auch in der Schweiz herrscht bei den Geistlichen Freude – sie sehen im neuen Pontifex einen Hoffnungsträger.

    Friede, Geschwisterlichkeit, Versöhnung und Dialog werde bestimmt die Linie des neugewählten Papstes Leo XIV. sein. Davon ist der Churer Bischof Joseph Bonnemain überzeugt, wie er am Freitagmorgen erklärte.

    Zur Story