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Putin will Touristen einen Maulkorb verpassen

Putin will Touristen einen Maulkorb verpassen

Russland greift bei der Meinungsfreiheit noch härter durch. Jetzt sollen sich auch Touristen verpflichten, keine Kritik zu äussern.
30.11.2023, 03:4030.11.2023, 03:40
Thomas Wanhoff / t-online
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Wladimir Putin (Archivbild): Die Regierung des Kremlchefs plant, dass Touristen einen Unterlassungserklärung abgeben sollen.Bild: keystone
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t-online

Putins Propagandaapparat erklärt der russischen Bevölkerung täglich in den Medien, wie sie die aktuelle Lage zu sehen haben. Kommentatoren hetzen gegen den Westen und finden bisweilen abenteuerliche Gründe, warum die Ukraine angeblich befreit werden muss. Wer Kritik an der Staatsmeinung äussert, wird im besten Fall vorgeladen, im schlimmsten Fall ins Gefängnis geworfen.

Jetzt will Kremlherrscher Wladimir Putin auch Touristen, die sein Land besuchen, auf Linie bringen. Wer nach Russland reist, soll eine Erklärung unterschreiben. In dieser soll man sich unter anderem verpflichten, nicht den russischen Angriff auf die Ukraine zu kritisieren.

Die staatliche Nachrichtenagentur Tass berichtet, dass ein entsprechender Entwurf vom russischen Innenministerium vorbereitet worden sei. Darin sollen Ausländer verpflichtet werden, die harschen Regeln zur Meinungsäusserung zu befolgen – auch was die Rechte der LGBTQ-Gruppen betrifft.

Russische Sicherheitskräfte am Flughafen in Moskau (Symbolbild): Touristen dürfen bald nur ins Land, wenn sie eine besondere Erklärung unterschreiben.
Russische Sicherheitskräfte am Flughafen in Moskau (Symbolbild): Touristen dürfen bald nur ins Land, wenn sie eine besondere Erklärung unterschreiben.Bild: IMAGO/Maxim Grigoryev/imago

Ausländer, die nach Russland kämen, müssten bei der Einreise nach Russland unterzeichnen, dass die Kritik-Verbote akzeptieren.

Duma muss Ausländer-Verordnung noch beschliessen

Ausländer werden demnach gesetzlich verpflichtet, es zu unterlassen, «nicht-traditionelle sexuelle Beziehungen» zu propagieren oder die «historische Wahrheit über die Leistung des sowjetischen Volkes bei der Verteidigung seines Vaterlandes» und «seinen Beitrag zum Sieg über den Faschismus zu verfälschen», heisst es demnach in dem Verordnungsentwurf.

Der Vorschlag soll bald der Duma, dem russischen Parlament, vorgelegt werden. Unklar ist noch, welche Strafe auf einen Verstoss gegen die Vereinbarung besteht. Da sie aber an die Einreise verknüpft ist, dürfte mindestens eine Ausweisung wahrscheinlich sein.

Russland hat nach Angaben des Sicherheitsdienstes FSB in den ersten sechs Monaten des Jahres 187'000 mehr Touristen als im Vorjahr erhalten. Die meisten kämen aus China gefolgt von der Türkei, Deutschland und Turkmenistan. Laut dem Datendienst Statista kamen 2022 8,2 Millionen Touristen nach Russland. Dennoch ist man weit unter den Zahlen, die es vor der Covid-Pandemie gab. So wurden 2019 noch 24 Millionen Besucher gezählt. Der Krieg und die verschärften Gesetze dürften es der russischen Tourismusindustrie nicht einfacher machen.

Jegliche Kritik am russischen Angriffskrieg in Russland wird harsch bestraft. Im März waren die Vorschriften erneut verschärft worden, als auch negative Äusserungen gegen russischen Truppen – inklusive Söldnergruppen – unter Strafe gestellt wurden, wie die Tagesschau berichtete. Ausserdem wurde es untersagt, über die Zahl der zivilen Opfer in der Ukraine sowie über russische Kriegsverbrechen in der Öffentlichkeit zu sprechen.

Verwendete Quellen:

  • tass.ru: "Russian Interior Ministry drafts bill mandating 'loyalty agreements' for foreign visitors"
  • statista.com: Russia arrivals in 2022 (englisch)
  • russia-briefing.com: "Russian Foreign Tourist Arrivals Up 130% In H1 2023 With A New Clientele"
  • tagesschau.de: "Russland weitet Strafen für Kritik am Ukraine-Krieg aus"
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66 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Aldous Huxley
30.11.2023 06:05registriert Oktober 2022
Russische Tourismusindustrie, wenn ich das schon höre. Ich kann mich an ein Russ. Hotel erinnern in dem ich, in der Wanne sitzend, meinen Arbeitskollegen im Nachbarzimmer, ebenfalls in der Wanne, sehen konnte da der Mauerdurchbruch für die Wasserleitungen in der Wand so gross war. Von Tourismus kann man wahrscheinlich nur in Petersburg und Moskau reden da der Rest des Landes auf 3. Welt Niveau funktioniert.
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ingmarbergman
30.11.2023 05:56registriert August 2017
Er bringt tatsächlich die Sowjetunion zurück..
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manuel0263
30.11.2023 06:45registriert Februar 2017
Selbstverständlich darf man in Putins Russland Kritik äußern, und das sogar dreimal gleichzeitig: das erste, das einzige und das letzte Mal.
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