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Kursk-Invasion: Diese drei Szenarien könnte die Ukraine nun verfolgen

epa11542390 A still image taken from a handout video provided on 10 August 2024 by the Russian Defence Ministry shows Russian troops delivering military equipment to the Kursk region, Russia. Accordin ...
Eine russische Militärlieferung in die Region Kursk.Bild: keystone

Kursk-Invasion: Diese drei Szenarien könnte die Ukraine nun verfolgen

Vor sechs Tagen hat die Ukraine eine Invasion in die Region Kursk an der westrussischen Grenze gestartet. In Anbetracht der schwierigen Verteidigungslage in der Ostukraine stellt sich die Frage, was die Ukraine in Kursk plant. Militärexperten sehen verschiedene mögliche Szenarien.
12.08.2024, 13:2612.08.2024, 14:35
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Lange Zeit hielt sich der ukrainische Präsident bedeckt und gab zur ukrainischen Invasion in Kursk keine Erklärung ab. Das hat sich am vergangenen Samstag geändert. So erklärte Wolodymyr Selenskyj in seiner Rede, dass man den Krieg in das Territorium des Aggressors bringen und so Druck aufbauen will, um endlich für Gerechtigkeit zu sorgen. Damit ist das Ziel des Angriffes ein wenig klarer geworden.

Weitere Informationen zu den Zielen der Ukraine wurden durch einen anonymen hohen ukrainischen Sicherheitsbeamten bekannt. So berichtet The Guardian, der Sicherheitsbeamte habe gegenüber der französischen Presseagentur AFP erklärt, dass das Ziel des Einmarsches darin bestehe, Russland zu destabilisieren und die russischen Streitkräfte mit leichten und schnellen Angriffen zu schwächen.

Ausserdem bestätigte der Sicherheitsbeamte, dass mehrere Tausend ukrainische Truppen in Russland aktiv seien und nicht nur mehrere Hundert, wie zuvor von russischer Seite berichtet wurde.

Mit dem gelungenen Einmarsch in Russland wurde also ein erster Erfolg verzeichnet. Nun muss darauf aufgebaut werden. Der australische Militärexperte Mick Ryan sieht dabei drei mögliche Szenarien:

Option 1: Hohes Risiko

Wie Ryan auf X schreibt, würde die erste Option darin bestehen, das bisher eroberte Gelände zu konsolidieren und es zu verteidigen, bis Verhandlungen stattfinden. Dies wäre die risikoreichste Option, da die ukrainischen Stellungen mehrere kleine Landspitzen aufwiesen, die von russischen Kräften leicht eingenommen werden könnten.

Es gebe laut Ryan zwar Berichte, dass die Ukrainer bereits Gräben ausheben würden, was jedoch nicht zwangsläufig auf eine langfristige Besetzung hindeute, da das Ausheben von Gräben bei längeren Stopps in westlichen Armeen üblich sei.

Das hohe Risiko dieser Option besteht laut Ryan darin, dass es schwierig wäre, Truppen in einem so grossen Gebiet zu versorgen und zu schützen. Zudem könnte ein Scheitern massive Verluste bedeuten, was eine strategische und politische Belastung für die Ukraine darstellen würde. Trotz der Möglichkeit, Russland weiter unter Druck zu setzen und zusätzlichen Verhandlungsspielraum zu gewinnen, würden die potenziellen Risiken den Nutzen möglicherweise überwiegen.

Option 2: Mittleres Risiko

Option 2 würde laut Ryan eine teilweise Rückverlagerung auf besser zu verteidigende Positionen vorsehen, was der Experte als mittleres Risiko betrachtet. Diese Rückverlagerung würde die ukrainischen Streitkräfte in Gebiete bringen, die leichter zu verteidigen sind und besser unterstützt werden können.

Die genaue neue Frontlinie ist derzeit noch unklar und würde eine detaillierte Geländeanalyse erfordern. Eine Rückverlagerung sei zwar riskant, da sie gut geplant werden müsste, die ukrainischen Truppen seien dazu jedoch in der Lage und könnten das Risiko so minimieren.

Diese Option würde es ermöglichen, mehr Truppen anderweitig einzusetzen, beispielsweise für Verteidigungsmassnahmen im Donbass oder mögliche zusätzliche Angriffe in Russland. Zudem könnte sie die politischen und strategischen Vorteile der Operation maximieren, während das Risiko eines Verlusts der Kampfkräfte reduziert wird.

Sie würde jedoch weiterhin erhebliche Anstrengungen für die Verteidigung erfordern. Die Ziele wären, Putin zu demütigen, die russische Souveränität zu gefährden, russische Kräfte zum Abzug aus der Ukraine zu zwingen und der Ukraine Verhandlungsspielraum zu verschaffen.

Option 3: Geringes Risiko

Unter der dritten Option würde eine vollständige Rückverlagerung auf die Grenze zwischen Russland und der Ukraine stattfinden. Diese Strategie würde es laut Ryan der Ukraine ermöglichen, die politischen und strategischen Vorteile der Operation zu maximieren, während sie eine grosse Anzahl erfahrener Truppen für zukünftige Operationen bewahren würde.

Durch diese Option würde die Ukraine dem russischen Volk signalisieren, dass sie zwar angreifen kann, aber kein Interesse an einer Besetzung hat. Dies könnte Putin politisch unter Druck setzen, da er die Verantwortlichen für die Operation in Kursk nicht bestrafen könnte.

Laut Ryan wird vermutet, dass diese Option möglicherweise von der US-Administration und anderen Ländern unterstützt wird. (ear)

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74 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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butlerparker
12.08.2024 14:03registriert März 2022
Es gibt noch eine Option 4, die für mich die erfolgversprechendste ist.
Man zieht sich zurück,schrittweise um RUS grösstmögliche Verluste beizubringen.Mit einer starken Verminung des Gebiets kann es recht lange ohne grosse Verluste gehalten werden.

Gleichzeitig plant man schon den nächsten Einfall an anderer Stelle.Ein wenig die Partisanentaktik. So wird RUS gezwungen immer wieder entlang der Grenze starke Einheiten zu postieren,die dann an der Front direkt fehlen.Spätetens nach dem 2. oder 3. Einfall auf RUS Gebiet und nicht endender Evakuierungen wird es eng für Putin+seine Schergen!
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Kolleg_Essigsauretonerde
12.08.2024 13:45registriert Oktober 2023
Gibt es noch genug russische Windeln aus Eigenproduktion um Putin einigermassen sicher über die nächsten Wochen zu bringen? Die armen Pfleger sind nicht zu beneiden.
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Tante Karla
12.08.2024 13:46registriert März 2024
Option 3 wäre am besten.

Der Erfolg ist ja schon da: Alle haben gesehen, dass Russland seine Grenzen nur noch mit ein paar Wehrpflichtigen schützen kann, weil es seine ganze Militärmacht auf dem Beutezug in der Ukraine verheizt.
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