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Putins Trick: So kommen Waffen aus dem Westen nach Russland

Putins Trick: So kommen Waffen aus dem Westen nach Russland

Hochwertige Gewehre aus den USA und Europa sollen noch immer nach Russland gelangen. Möglich machen es wohl Drittstaaten.
13.12.2024, 06:54
Thomas Wanhoff / t-online
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Russische Scharfschützen sollen trotz Sanktionen tausende Gewehre und Munition aus westlicher Produktion erhalten. Möglich machen es offenbar Firmen in Drittstaaten, die für Putins Soldaten auf Einkaufstour gehen. Recherchen mehrerer europäischer Medien, unter anderem der unabhängigen russischen Investigativplattform «The Insider», haben die Wege der Waffen nachverfolgt.

Russian President Vladimir Putin listens to Chairman of the Constitutional Court Valery Zorkin, back to a camera, during their meeting at the Kremlin in Moscow, Russia, Thursday, Dec. 12, 2024. (Alexa ...
Kreml-Chef Wladimir Putin kommt trotz Sanktionen und Krieg noch an westliche Waffen.Bild: keystone

Demnach seien Armenien, Georgien, Kasachstan, Kirgistan und Usbekistan jene Länder, die als Zwischenstation fungieren. Sie unterliegen nicht den Sanktionen, denen Russland ausgesetzt ist. Das tschechische Netzwerk «Investigace.cz» berichtet, dass auf einer russischen Waffenmesse Dutzende westliche Marken ausgestellt worden seien. Bei einigen sei das Logo entfernt worden, die Waffen seien aber präsentiert worden.

Im September 2024 gab es den Berichten zufolge auf der von Russland besetzten Halbinsel Krim einen Scharfschützenwettbewerb unter russischen Soldaten. 21 von ihnen sollen Spezialgewehre aus Grossbritannien, den USA und Österreich benutzt haben. Mehrere Blogger und Teilnehmer veröffentlichten Bilder des Wettbewerbs, einige boten auch Gewehre zum Kauf an, so «The Insider». Doch woher stammen die Waffen?

Einfuhren drastisch gestiegen

Die Rechercheure fanden unter anderem die Firma Edelweiss in Kirgistan. Sie hat dem Bericht nach zwei Zertifikate, die Konformität mit EU-Regularien belegen sollen. Steuerunterlagen sollen zeigen, dass die Firma seit Beginn des Krieges erheblich mehr Steuern bezahlt, was auf höhere Umsätze schliessen lässt.

Die Waffeneinfuhren in Armenien, Georgien, Kasachstan und Kirgisistan sind innerhalb von drei Jahren um 150 Prozent gestiegen: von 19'556 Waffen im Jahr 2020 auf 53'211 im Jahr 2023. Die Ausfuhr von Gewehren und Flinten aus Italien nach Armenien ist beispielsweise von 68 Gewehren im Jahr 2019 auf 1'862 im Jahr 2023 gestiegen. Das belegen Daten der Vereinten Nationen.

Seit 2022 sei der Import italienischer Waffen nach Kirgistan sprunghaft angestiegen. Georgien kaufte in 2022 zehnmal so viele Waffen aus den USA wie noch ein Jahr zuvor. Die Türkei lieferte Georgien im Jahr 2019 knapp 800 Waffen, im vergangenen Jahr waren es gemäss der UN-Daten bereits 18'843.

Italienische Firma mit Russland-Verbindungen

Einer der grössten Lieferanten von Gewehren aus Europa soll die in Luxemburg registrierte Firma Beretta, ein grosser italienischer Waffenhersteller, sein. Sie soll ein Joint Venture mit dem russischen Waffenhändler Mikhail Khubutia und seinen Firmen eingegangen sein. Die USA haben ihn auf die Sanktionsliste gesetzt, die EU aber nicht. Beretta soll noch immer grösster Teilhaber der gemeinsamen Firma mit Khubutia sein.

Auch aus den USA sollen Waffen über Umwege nach Russland gelangen. So soll ein Händler 53 Gewehre nach Kasachstan geliefert haben. Einige der Gewehre sollen dann in Russland aufgetaucht sein, so die Recherchen. Sogar nach Deutschland soll es eine Verbindung geben. Eine Mitbesitzerin einer deutschen Waffenfirma soll beste Beziehungen zu Mikhail Khubutia haben, unter anderem als Mitinhaberin der gemeinsamen Holding mit Beretta.

Die deutsche Firma soll offiziell keine Waffen an Russland liefern, dafür aber nach Kasachstan. Dazu sollen 176 Karabiner der Marke Blaser gehören. Dem Bericht nach wurden sie an eine kasachische Firma verkauft, die eine Weiterlieferung nach Russland möglich machen kann. Das Recherchenetzwerk Correctiv hatte diese im vergangenen Jahr besucht. Ein verdeckt arbeitender Reporter erkundigte sich, ob es möglich sei, eines der Gewehre zu kaufen und nach Russland zu bringen. «Der Kauf ist kein Problem», antwortete der Verkäufer. Und wie sieht es mit dem Transport nach Russland aus? «Schwierig, aber machbar».

Quellen:

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73 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Schnitzgae
13.12.2024 07:11registriert November 2023
Es gibt ja bereits die ARTE Doku: „Russland: Verbotene Geschäfte“ aus dem Jahr 2023, wie die Sanktionen umgangen werden. Das dies nun mit Waffen identisch läuft, ist nicht wirklich weiter erstaunlich.
Die Firmen wissen ja genau, was damit passiert.
Aber ist ja legal, werden sie sich sagen.
Geld vor Leben.
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rodolofo
13.12.2024 07:13registriert Februar 2016
Man kann diese komplex verschlungenen Pfade illegaler Vorgänge bei der Umgehung von Sanktionen auf die einfache Formel "Wenn genügend bezahlt wird, geht alles." reduzieren.
Und dabei spielen fatalerweise "Die da Unten" die Rollen der Macher in dem Organisierten Verbrechen, das heutzutage genauso international vernetzt ist, wie die legale, globalisierte Wirtschaft.
Die syrischen Rebellen haben in einem von Assads Palästen alle möglichen Typen von schnellen Autos aus dem "dekadenten Westen" gefunden.
Wollte etwa Irgendeiner der Autohändler sie nicht verkaufen, weil der Kunde "Assad" hiess... ?
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001243.3e08972a@apple
13.12.2024 07:53registriert Juli 2024
Wenn nicht mal Präzisionswaffen selbst hergestellt werden können zeigt es auch, wie unfähig die russische Industrie bei der Herstellung jeglicher Präzisionsgeräte ist.
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