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Neue ukrainische Drohne «Palianytsia» geht in Serien-Produktion

Neue ukrainische Drohne «Palianytsia» geht in Serien-Produktion – das kann sie

Das ukrainische Waffensystem «Palianytsia» ist in der Lage, Ziele weit hinter der russischen Grenze zu zerstören. Jetzt soll es in Serie hergestellt werden. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
11.12.2024, 14:0012.12.2024, 06:56
Julius Zielezinski / t-online
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«Töte den Bogenschützen, nicht den Pfeil» lautet eine Maxime der Kriegsführung, die besagt, dass es besser ist, eine Raketenabschussbasis zu zerstören, als eine Rakete abzufangen. Genau für diesen Zweck hat die Ukraine das neue Waffensystem «Palianytsia» entwickelt, welches jetzt in die Massenproduktion geht.

Bei «Palianytsia» handelt es sich um eine Drohne, die mit einem Jetantrieb (Strahltriebwerk) und einem Sprengkopf ausgerüstet ist. Das Besondere ist ihre enorme Reichweite von bis zu 700 Kilometern. Damit ist es der Ukraine möglich, Ziele weit im russischen Landesinneren anzugreifen. Schätzungen von Militärexperten zufolge dürften rund 20 russische Armeeflughäfen in Reichweite der neu entwickelten Drohne liegen.

Palianytsia Ukraine Drone
So ungefähr könnte die neue Drohne aussehen.screenshot: youtube/united24

Sprengkopf zwischen 50 und 100 Kilogram

Die neue Waffe ähnelt im Aufbau der von Russland eingesetzten iranischen Shahed-Drohne, auch die Grösse der Sprengköpfe ist vergleichbar. Im Gespräch mit dem «Kyiv Independent» geht der Militärexperte Federico Borsari davon aus, dass die «Palianytsia» wohl einen Gefechtskopf mit rund 50 Kilogramm Sprengkopf tragen kann.

Andere Experten schätzen die Grösse des Gefechtskopfs auf rund 100 Kilogramm, offizielle Angaben gibt es bislang nicht. Zum Vergleich: Die Shahed-Drohne kann bis zu 60 Kilogramm Sprengstoff tragen.

Der entscheidende Vorteil gegenüber der aus dem Iran stammenden Drohne ist aber ihr Antrieb. Während die Shahed mit einem Propeller angetrieben wird und daher recht langsam ist, verfügt die «Palianytsia» über einen Jetantrieb, der es deutlich schwieriger macht, sie abzufangen. Aufgrund ihres Antriebs wird diese Art Drohne auch Raketendrohne genannt.

FILE - An Iranian Shahed exploding drone launched by Russia flies through the sky seconds before it struck buildings in Kyiv, Ukraine, on Oct. 17, 2022. (AP Photo/Efrem Lukatsky, File)
Eine Shahed-Drohne über Kiew.Bild: keystone

Günstiger als Marschflugkörper

Im Vergleich zu klassischen Marschflugkörpern wie dem Taurus-System aus Deutschland, die ebenfalls mit einem Jetantrieb ausgestattet sind, verfügt die «Palianytsia» zwar über eine deutlich geringere Sprengladung. Sie kann aber, anders als manche Marschflugkörpertypen, nach dem Abschuss noch das Ziel ändern.

Auch sind Raketendrohnen deutlich günstiger als herkömmliche Marschflugkörper. So geht der ukrainische Reserveoberst und Militärexperte Roman Svitan im Gespräch mit «Novaya Gazeta Europe», davon aus, dass die Kosten pro «Palianytsia» Drohne bei umgerechnet rund 95'000 Euro liegen dürften. Zum Vergleich: Ein Taurus kostet rund 900'000 Euro und das von Grossbritannien an die Ukraine gelieferte Storm Shadow System hat einen Stückkostenpreis von fast 2,5 Millionen Euro.

Es ist ein Marschflugkörper
Die Palianytsia wurde sowohl als Rakete als auch als Drohne beschrieben, aber der ukrainische Verteidigungsexperte Andrii Kharuk sagt, es handle sich im Wesentlichen um einen leichten Marschflugkörper. «Es ist ein Marschflugkörper, ein gewöhnlicher, klassischer Marschflugkörper, denn ein Marschflugkörper ist ein unbemanntes Luftfahrzeug (UAV) mit einem Raketen- oder, in diesem Fall, einem Turbotriebwerk.» Während die meisten Eigenschaften des Waffensystems geheim sind, ist ausserdem bekannt, dass die Palianytsia von einer Bodenplattform und nicht von einem Flugzeug oder Schiff gestartet wird.

Im August meldete die Ukraine den ersten erfolgreichen Einsatz einer «Palianytsia»-Drohne, als diese ein rund 650 Kilometer hinter der russischen Grenze gelegenes Munitionsdepot zerstörte. Anfang Dezember erklärte der ukrainische Präsident Volodymyr Selenskyj, dass man mit der Serienproduktion begonnen habe.

Der Name «Palianytsia» bezieht sich auf ein spezielles ukrainisches Brot, dessen Name für nicht Muttersprachler besonders schwer auszusprechen ist und daher verwendet wird, um ausländische Agenten in den ukrainischen Streitkräften zu enttarnen.

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23 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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nöd ganz. klar #161!
11.12.2024 15:06registriert April 2019
Keine Ahnung wer da von wem abschreibt, aber weder hat die Taurus einen Raketenantrieb, noch haben Jetantriebe irgendwas mit Raketenantrieben gemeinsam.
Die Taurus hat ein Turbofan- oder Strahltriebwerk. Dabei wird die Umgebungsluft in das Triebwerk eingesogen, meistens komprimiert und mit Brennstoff versehen. Dieser wird verbrannt und das heisse Gas mit hoher Geschwindigkeit nach hinten ausgestossen.
In einem Raketenantrieb werden Treibstoff und eine Sauerstoffquelle, ein Oxydizer, gemischt und in einer Brennkammer zur Explosion gebracht.
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Waldmeister
11.12.2024 14:45registriert September 2023
"...'Palianytsia' bezieht sich auf ein spezielles ukrainisches Brot, dessen Name für nicht Muttersprachler besonders schwer auszusprechen ist..."
Also ich bin dafür, die erste Schweizer Eigenentwicklung in Sachen Drohnen auf den Namen "Chuchichäschtli" zu taufen!
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Amarillo
11.12.2024 16:34registriert Mai 2020
Hoffen wir mal, dass das Ding rechtzeitig operativ einsetzbar ist. Die Briten haben wohl nicht unbegrenzt Storm Shadows, und die deutschen Taurus wollte Scholz bisher nicht liefern, weil dies am Ende den Putin noch ärgern könnte. Die USA lieferen zwar ATACMS, neuerdings auch solche mit hoher Reichweite, aber unter Trump drohen Kürzungen. Ausser man macht Trump klar, dass - je mehr Druck er auf Putin ausübt mit solchen Waffenlieferungen - je besser und ruhmreicher der "Deal" sein wird, den er mit Putin machen kann. Wenn man Trump bei seiner Eitelkeit packen kann...
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