Ein baldiges Kriegsende in der Ukraine könnte Folgen für die Sicherheit Europas haben. Das Internationale Institut für Strategische Studien (IISS) sieht Russland schneller als bislang angenommen in der Lage, Nato-Länder anzugreifen.
Moskau könnte «bereits 2027 eine bedeutende militärische Herausforderung für die Nato-Mitglieder, insbesondere die baltischen Staaten, darstellen», so das in London ansässige Institut in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht mit dem Titel «Defending Europe Without the United States: Costs and Consequences» (Europa ohne die USA verteidigen: Kosten und Konsequenzen)
Bis dahin könnten Russlands Bodentruppen durch eine Kombination aus Reparatur bestehender und Produktion neuer Systeme den Stand der aktiven Ausrüstung vom Februar 2022 erreichen. Ausserdem seien die russischen Luft- und Seestreitkräfte vom Krieg weitgehend verschont geblieben.
Die Untersuchung geht allerdings bei ihrer Einschätzung davon aus, dass es Mitte 2025 ein Ende der Kriegshandlungen geben wird und ein Waffenstillstand geschlossen wird. Gleichzeitig, so die Annahme, kündigen die USA dann den Rückzug von Truppen aus Europa an.
US-Präsident Donald Trump hat immer wieder mit dem Gedanken einer Reduzierung der Truppen in Europa gespielt. Das würde die Verteidigungsfähigkeit in Europa stark einschränken. «Die europäischen Verbündeten müssten nicht nur wichtige militärische Strukturen und Soldaten der USA ersetzen – letztere werden auf 128'000 Mann geschätzt –, sondern auch Defizite im Bereich der Nachrichten-, Überwachungs- und Aufklärungssysteme beheben», heisst es in der Einschätzung.
Das IISS geht nicht davon aus, dass dieses Szenario unausweichlich ist, aber es sei ein hilfreiches Konstrukt, um den europäischen Regierungen Entscheidungen über Politik und Fähigkeiten zu erleichtern.
Um die US-Kapazitäten im euro-atlantischen Raum zu kompensieren, müssten die europäischen Staaten zusätzlich zu den bereits bestehenden Plänen zur Steigerung der militärischen Kapazitäten erhebliche Mittel investieren. Das IISS schätzt, dass sich diese Kosten unter der Annahme eines Lebenszyklus von 25 Jahren auf etwa eine Billion US-Dollar belaufen würden.
Das Institut sieht zwar einen Fortschritt bei der Produktion von landgestützten Waffen, aber bei der Marine und der Luftwaffe hinke man hinterher. «Dies ist problematisch, da die Bereitstellung von Luft- und Seeplattformen in grossem Umfang eine wesentliche Voraussetzung dafür wäre, dass Europa den militärischen Beitrag der USA in diesen Bereichen ersetzen kann», heisst es in dem Bericht.
Die Autoren des Berichts befürchten allerdings, dass die Produktion neuer und weiterer Waffensysteme durch die europäischen Nato-Partner lange dauern wird. Das ist ein Dilemma: «Je mehr europäische Waffensysteme sie [die Nato-Länder] zu beschaffen versuchen, desto länger sind die Vorlaufzeiten und – angesichts der russischen Bedrohung – desto länger bleibt das Fenster der Verwundbarkeit offen.»
Als Lösung wird vorgeschlagen, Waffen von anderen Ländern Europas zu kaufen. Das betreffe besonders Raketen und Flugzeuge, die vom feindlichen Radar nicht erkannt werden können. Ausserdem müsse man in Systeme investieren, die russische Abwehranlagen attackieren können. Russland hatte diese in den vergangenen Jahren an den baltischen Grenzen massiv ausgebaut. Dazu gehören sowohl Langstreckenraketen als auch elektronische Abwehrmassnahmen wie Störsender.
Die Prognose wurde vor den Gesprächen zwischen der Ukraine und Russland veröffentlicht. Dabei hatte es ausser einer Einigung auf einen Gefangenenaustausch keine Fortschritte gegeben. US-Präsident Donald Trump kündigte am Freitag an, zum Wochenbeginn mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskyj telefonieren zu wollen. Trump hatte mehrfach seine Frustration zum Ausdruck gebracht, dass es noch keine Waffenpause gibt. Zuletzt hat er Russland mit weiteren Sanktionen bedroht.
Vor dem geplanten Telefonat zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem russischen Kollegen Wladimir Putin weist die US-Regierung den Kreml nach eigener Darstellung unmissverständlich auf die Möglichkeit neuer Sanktionen hin. Man habe sich gegenüber der russischen Seite in den vergangenen Wochen «ziemlich klar» ausgedrückt, sagte Aussenminister Marco Rubio dem Sender CBS News.
Ob es, wie in der IISS-Analyse angenommen, bis Mitte des Jahres zu einem Waffenstillstand kommt, ist derzeit fraglich. Noch gibt es auch keine Anzeichen für einen unmittelbar bevorstehenden Rückzug amerikanischer Truppen aus Europa.
Verwendete Quellen:
Was soll diese Panikmache? Russland hat auf absehbare Zeit mit konventioneller Kriegsführung keine Chance gegen die Nato, mit oder ohne USA.
Vor was wir uns wirklich fürchten sollten: Hybride Kriegsführung und Einflussnahme auf Wahlen.
Und der Einsatz von Eseln für den Transport soll uns wohl den (falschen) Eindruck geben, als ob die Russische Armee aus dem letzten Loch pfeife... ?
Das wäre ja tatsächlich teuflisch raffiniert!
Irgend eine Story kann sich heute jeder ausdenken. Am Ende geht es aber tatsächlich darum, dass wir Europäer stets abwehrbereit sind, gegen wer auch immer uns bedroht.