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Waffenruhe-Vorschlag: USA und Ukraine schieben den Ball Putin zu

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Die Verhandlungsrunde in Saudi-Arabien (von links): US-Sicherheitberater Mike Waltz, Aussenminister Marco Rubio, der ukrainische Präsidialamtleiter Andrij Jermak, Aussenminister Andrij Sybiha und Verteidigungsminister Rustem Umerow. Bild: keystone

Ukraine bereit für Waffenruhe – jetzt ist Putin unter Zugzwang

Kleine Überraschung in Saudi-Arabien: Die US-Amerikaner und die Ukraine einigen sich auf einen konkreten Vorschlag für eine 30-tägige Waffenruhe im Krieg – nun muss Wladimir Putin reagieren. Die Entwicklungen in der Übersicht.
12.03.2025, 03:1112.03.2025, 07:05
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Das Wichtigste in Kürze

Die Ukraine ist zu einer 30-tägigen kompletten Waffenruhe mit Russland bereit, sofern sich der Aggressor ebenfalls dazu verpflichtet. Die Zusage ist ein Ergebnis der Verhandlungen der Ukraine mit der US-Regierung in Saudi-Arabien.

Die Amerikaner versprachen nach dem Treffen in Dschidda ausserdem, dass sie ihre kürzlich gestoppte Militärhilfe an Kiew sofort wieder aufnehmen und auch die US-Geheimdienste wieder Informationen an die Ukraine weiterreichen. Diese ist unterdessen wieder angelaufen.

Mit dem überraschend deutlichen Übereinkommen der US-Amerikaner und der Ukrainer, welches nach den jüngsten Spannungen nicht unbedingt zu erwarten war, liegt der Ball jetzt bei Wladimir Putin. Russland muss Stellung zu dem Vorschlag nehmen und beweisen, wie ernst es dem Angreifer mit Frieden tatsächlich ist.

Die aktuellen Entwicklungen im Liveticker:

So liefen die Gespräche

Der Mitteilung nach einigten sich beide Seiten, Teams von Unterhändlern zu bilden und Verhandlungen über einen dauerhaften Frieden zu beginnen, der der Ukraine langfristig Sicherheit gebe. Die USA hätten sich verpflichtet, dies mit Vertretern Russlands zu besprechen. Die Ukraine betonte, dass ihre europäischen Partner in den Friedensprozess eingebunden werden sollen.

Vereinbart wurde auch, so bald wie möglich ein umfassendes Abkommen über die Erschliessung der wichtigen ukrainischen Bodenschätze zu schliessen. Das Abkommen sollte ursprünglich bei dem schief gelaufenen Treffen im Weissen Haus unterzeichnet werden.

In dem Statement von Dschidda bekräftigte die ukrainische Delegation zudem die «grosse Dankbarkeit» des ukrainischen Volkes gegenüber Trump, dem US-Kongress und dem amerikanischen Volk. Trump hatte den Ukrainern und besonders Präsident Selenskyj beim Eklat im Weissen Haus direkt vorgeworfen, undankbar zu sein.

Dass die ukrainische Delegation in Saudi-Arabien ihre Dankbarkeit so vehement bekräftigte, dürfte ebenso ein Symbol des Entgegenkommens sein, wie der optische Auftritt von Präsidialbürochef Andrij Jermak. Die rechte Hand Wolodymyr Selenskyjs erschien im Anzug zu den Verhandlungen. Abschätzige Kommentare der Amerikaner zum Outfit Selenskyjs, der sich aus Solidarität zu seinen Soldaten stets in Tarnfarben zeigt, hatten zuvor beim Auftritt im Weissen Haus für Aufsehen gesorgt.

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Andrij Jermak trat in Saudi-Arabien ebenso im Anzug auf wie Aussenminister Sybiha. Für gewöhnlich trägt Jermak bei Staatsbesuchen Tarnfarben, so wie Wolodymyr Selenskyj.Bild: keystone

Das sagt Trump

US-Präsident Donald Trump scheint zufrieden mit dem Ergebnis, das seine Delegation in Saudi-Arabien ausgehandelt hat. Er begrüsst die Bereitschaft der Ukraine zu einer Waffenruhe. Das sei ein sehr wichtiger Schritt.

Jetzt würden die USA dazu mit Russland verhandeln, und hoffentlich werde Präsident Wladimir Putin dem zustimmen, sagte Trump vor dem Weissen Haus. Die US-Delegation werde schon «heute und morgen» Gespräche mit Russland führen. Er selbst wolle mit Putin sprechen, eventuell schon «heute oder morgen».

Trump sprach von einem «grossen Unterschied» zwischen dem letzten – aus dem Ruder gelaufenen – Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Weissen Haus und den Gesprächen nun in Saudi-Arabien.

President Donald Trump speaks at the Business Roundtable quarterly meeting in Washington, Tuesday, March 11, 2025. (Pool via AP)
Trump
Donald Trump begrüsst die Ergebnisse der Verhandlungen.Bild: keystone

Das sagt Selenskyj

Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nannte den Vorschlag für eine 30-tägige Waffenruhe einen positiven Schritt. «Nun liegt es an den Vereinigten Staaten, Russland davon zu überzeugen, dasselbe zu tun. Wenn Russland zustimmt, wird die Waffenruhe sofort in Kraft treten», schrieb er auf X. Wenige Stunden davor hatte die Ukraine nach russischen Angaben Moskau und Umgebung massiv mit Drohnen angegriffen – wohl auch um den nach wie vor vorhandenen Kampfeswillen des durch den Krieg arg gebeutelten Landes zu unterstreichen.

Der US-Vorschlag ist nach Selenskyjs Worten umfassender als zuletzt diskutiert. Umfasst wären nicht nur Luftangriffe mit Raketen, Drohnen und Bomben sowie Angriffe vom Schwarzen Meer, sondern die gesamte Frontlinie, sagte Selenskyj in einer Videobotschaft.

Er nahm nach dem Eklat im Weissen Haus wie Trump nicht persönlich an dem Treffen in Dschidda teil. Trump und dessen Vize J.D. Vance hatten den ukrainischen Staatschef vor laufenden Kameras zurechtgewiesen und ihm Undankbarkeit und mangelnden Friedenswillen unterstellt. Anschliessend hatten die USA der Ukraine Militär- und Geheimdiensthilfen gestrichen.

So reagiert Russland

Zum Inhalt der Gespräche gab es bisher keine konkrete Stellungnahme aus Russland, obwohl Moskau die Vorgänge in Dschidda genau verfolgte. Doch die Sprecherin des Aussenministeriums, Maria Sacharowa, sagte in Moskau, dass Kontakte zu den USA in den nächsten Tagen «nicht ausgeschlossen» seien.

Die staatliche russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti schrieb zudem später, dass die gemeinsame amerikanisch-ukrainische Erklärung nicht auf die Frage von Gebieten oder Grenzen eingehe.

«Diese Abwesenheit ohne eine Erwähnung bedeutet eins: Kiew hat verstanden, dass es sich mit den territorialen Änderungen abfinden muss.»

Der Kreml erhob zuvor schwere Vorwürfe gegen Kiew wegen des massiven ukrainischen Drohnenangriffs auf die russische Hauptstadt und das Moskauer Umland in der Nacht zum Dienstag. Während die Amerikaner sich bemühten, zu vermitteln und dabei den Friedenswillen der Ukrainer auszuloten, versuchten diese, «die sich abzeichnenden Tendenzen zu verderben», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.

Die weiteren Reaktionen

Die Staatsoberhäupter der beiden europäischen Schwergewichte Frankreich und Grossbritannien reagierten positiv auf die Entwicklungen in Saudi-Arabien.

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron begrüsst die Fortschritte in den Gesprächen zwischen den USA und der Ukraine zu einer möglichen Beendigung des russischen Angriffskriegs. Besonders hob er die Idee einer 30-tägigen Waffenruhe hervor. «Der Ball liegt nun eindeutig bei Russland», schrieb Macron auf X.

Frankreich und seine Partner setzten sich weiterhin für einen soliden und dauerhaften Frieden ein, der durch robuste Sicherheitsgarantien für die Ukraine gestützt werde, so Macron.

Der britische Premierminister Keir Starmer fordert Russland derweil direkt zur Zustimmung zu einer Feuerpause und einem «Ende der Kämpfe» in der Ukraine auf. «Wie sowohl die amerikanische als auch die ukrainische Delegation gesagt haben, liegt der Ball nun im russischen Feld», sagte Starmer zum Ergebnis der Verhandlungen der Ukraine und der US-Regierung in Saudi-Arabien.

epa11943772 British Prime Minister Keir Starmer speaks at the annual UK-Ireland Summit in Liverpool, Britain, 06 March 2025. The aim of the summit is to agree a wide-ranging program of new and enhance ...
Keir Starmer begrüsst die jüngsten Entwicklungen bezüglich Ukraine-Krieg.Bild: keystone

«Dies ist ein wichtiger Moment für den Frieden in der Ukraine», sagte Starmer weiter. Für diesen Samstag kündigte der Premier ein weiteres Spitzengespräch mit Staats- und Regierungschefs an, um dabei zu helfen, den Krieg auf eine «gerechte und dauerhafte Weise» zu beenden, die der Ukraine die Freiheit sichere.

Auch EU-Vertreter beurteilten die Verhandlungsergebnisse in Saudi-Arabien positiv. «Wir begrüssen die heutigen Nachrichten aus Dschidda zu den Gesprächen zwischen den USA und der Ukraine, darunter den Vorschlag für eine Waffenruhevereinbarung und die Wiederaufnahme des Austauschs geheimdienstlicher Informationen und der Sicherheitsunterstützung durch die USA», teilten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident António Costa am Abend mit.

Dies sei eine positive Entwicklung, die ein Schritt hin zu einem umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden für die Ukraine sein könne. «Der Ball liegt nun auf Russlands Seite», fügten sie mit Blick auf den von Kremlchef Wladimir Putin begonnenen Angriffskrieg gegen die Ukraine hinzu. Die EU sei gemeinsam mit ihren Partnern zu einem uneingeschränkten Engagement in den bevorstehenden Friedensverhandlungen bereit.

So geht es weiter

Russland ist nun am Zug, dessen sind sich alle Seiten einig. US-Aussenminister Marco Rubio bekräftigte in Richtung Kreml:

«Der Ball liegt nun in ihrem Feld.»

Trump will demnächst mit Wladimir Putin sprechen, um ihm einen Eintritt auf die Waffenruhe abzuringen. Ob sich der russische Präsident dazu bewegen lässt, ist jedoch fraglich. Bisher hat Moskau jegliche Debatte über eine Waffenruhe abgelehnt. (con/sda/dpa)

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96 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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FrankUnderwood
12.03.2025 05:35registriert Mai 2022
Diese Arroganz aus Russland. Legen ganze Landstriche der Ukraine in Schutt und Asche und erdreisten sich dann, die Ukraine für Angriffe auf Moskau zu verurteilen. Es darf zu keinen Gebietsabtretungen kommen. Dies wäre für das Zusammenleben und das Gerechtigkeitsempfinden der Ukrainer und aller Menschen mit korrektem Moralkompass ein Kniefall vor dem Aggressor. Viel mehr hat sich RUS komplett aus der UKR zurück zu ziehen, das inkludiert auch die Krim. Ferner sind Reparationszahlungen, ein Regimewechsel in RUS und eine Art Marshallplan für RUS aufzugleisen. Alles andere mündet erneut in Krieg!
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blubber69
12.03.2025 05:25registriert November 2019
Ich wünschte mir ja inständig, dass dies der Anfang vom Ende des Krieges wäre, aber in der Vergangenheit waren Verträge, die Trump mit Despoten vereinbarte, üblicherweise das Papier nicht wert, auf dem sie standen. Remember Liebeabriefe aus Pyöngyang? Putin ist ein Terrorist und pfeift auf jegliche Abmachungen. Von daher ist es doch eigentlich egal, was Ruzzland dazu meint...
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Tugium
12.03.2025 05:30registriert Oktober 2017
Putin hat überhaupt kein Interesse an einem Waffenstillstand. Russland besteht nach wie vor auf seinen Maximalforderungen und möchte die Ukraine zerstören.

Man darf gespannt sein wie Trump reagieren wird.
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