Die Bilder vom Dienstag, die von einer Überwachungskamera aufgenommen wurden, zeugen von einem äusserst gewaltsamen Überfall bei Incarville im Norden Frankreichs.
Die Aufnahmen zeigen, wie kurz nach 11 Uhr ein weisser Gefangenentransporter bei seiner Durchfahrt durch die Mautstelle frontal von einem schwarzen Peugeot gerammt wird. Ein weiteres Auto, das ebenfalls zur Gefängnisverwaltung gehört und dem Transporter gefolgt ist, bleibt stecken. Kurz darauf springen zwei Männer aus dem schwarzen Peugeot, während zwei weitere zunächst das Folgeauto stürmen, bevor auch der Gefangenentransporter gestürmt wird. Die genaue Anzahl der Täter bleibt zunächst unbekannt.
Die Männer, die das Auto überfallen, sind alle schwarz gekleidet, tragen Sturmhauben und haben automatische Waffen bei sich.
Eine weitere Aufnahme aus dem Inneren eines anderen Fahrzeugs zeigt, wie einer der Angreifer eine automatische Waffe auf den Gefängniswagen richtet. Wenige Sekunden später ziehen die Männer den Gefangenen Mohamed A. aus dem Transporter und fliehen in zwei Autos, eines davon wird später ausgebrannt gefunden.
Das traurige Fazit kurz danach: Zwei Gefängnisangestellte verlieren ihr Leben, drei werden schwer verletzt. Einer von ihnen schwebte am Dienstagabend noch immer zwischen Leben und Tod.
Wenige Kilometer entfernt wurden inzwischen beide Autos aufgefunden, bei denen es sich wohl um die Fluchtfahrzeuge handelt. Von den Tätern fehlte allerdings jede Spur. Der Gefangenentransport wurde nicht von der Polizei eskortiert – Gewerkschaften fordern nun besseren Schutz von Strafvollzugsbeamten und mehr Personal.
Der 30-jährige Mohamed A. ist ein mehrfach vorbestrafter Mann, wie verschiedene französische Medien berichten. Insgesamt wurde er 13 Mal verurteilt, unter anderem wegen Drogenhandels. Mohamed A., der auch «Momo», «La Mouche» («Die Fliege»), «Yanis» oder «Schtroumpf» («Schlumpf») genannt wird, wurde im März 1994 in Rouen geboren. Er war erst am 7. Mai vom Gericht in Évreux wegen eines Einbruchs zu einer weiteren 18-monatigen Haftstrafe verurteilt worden.
Im Januar 2022 war Mohamed A. ausserdem wegen eines weiteren Einbruchsdiebstahls und der Beteiligung an einer kriminellen Verschwörung zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden, die er im Gefängnis von Évreux verbüsste. Ihm wurde zunächst ein siebenmonatiger Straferlass gewährt, bevor ihm im Januar des darauffolgenden Jahres alle Straferlasspunkte wieder entzogen wurden.
Im April 2020 wurde er wegen «motorisierter Rodeos» zu einer dreimonatigen Haftstrafe verurteilt. Gegen ihn wurde auch in mehreren anderen Fällen ermittelt. So ermittelte das Gericht in Rouen seit Januar 2022 wegen «versuchter Erpressung mit einer Waffe, versuchtem Mord und Besitz einer Waffe der Kategorie B». In einem anderen Fall ermittelt das Gericht in Marseille seit September 2023 «wegen organisierten Mordes, Entführung und Geiselnahme sowie Beteiligung an einer kriminellen Verschwörung zur Begehung eines Verbrechens», wie «Le Figaro» berichtet.
Gemäss Le Monde gehört «Die Fliege» zwar nicht zu den «grossen Fischen» und befand sich eher als «opportunistischer Akteur und Wiederholungstäter im Milieu des Rowdytums». Trotzdem sei der befreite Gefangene ein gefährlicher Mann. Beim Fall in Marseille wurde im Juni 2022 die verkohlte Leiche eines Mannes im Kofferraum eines Autos gefunden. Das Opfer, das anhand seiner DNA identifiziert wurde, war wegen Fällen im Zusammenhang mit Drogenhandel bekannt.
Mittlerweile hat sich Mohamed A.s Mutter zum Vorfall gemeldet. Gegenüber dem Sender RTL drückte sie ihre Trauer über die Getöteten aus: «Ich bin zusammengebrochen, ich habe geweint, mir ging es nicht gut», sagte sie, nachdem sie von dem Angriff an der Mautstelle von Incarville auf der A154 erfahren hatte.
«Wie kann man so Leben auslöschen?», fuhr A.s Mutter fort und fügte hinzu: «Sie schleppen ihn von rechts nach links, sie stecken ihn in Einzelhaft, anstatt ihn ein für alle Mal vor Gericht zu stellen.»
«La Mouche» war in den letzten Jahren in mehreren Gefängnissen des Landes inhaftiert: in Marseille, in Paris und zuletzt in der Haftanstalt von Évreux. Beim Überfall befand sich Mohamed A. auf dem Weg zum Gerichtsgebäude in Rouen.
Die Zeitung «La Montagne» berichtet, dass der 30-Jährige vor Kurzem versucht haben soll, die Gitter seiner Zelle durchzusägen, woraufhin er vor zwei Tagen in Einzelhaft genommen wurde. Seine Überwachungsstufe sei deshalb auf «Escorte 3» erhöht worden.
Im Interview versicherte seine Mutter zudem, dass sie nie über die Fluchtpläne ihres Sohnes informiert wurde: «Ich war im Gefängnis in Marseille, um ihn zu sehen, er war in Einzelhaft, ich war einmal im Gefängnis von Évreux. Er sprach normal, er hat mir gegenüber nichts angedeutet. Ich verstehe es nicht.»
Die gesuchten Männer befinden sich noch immer auf der Flucht. Innenminister Gérald Darmanin mobilisierte am Dienstag über 200 Gendarmen aus verschiedenen Départements, die von einem Hubschrauber und Kräften der Einsatzgruppe der Gendarmerie Nationale unterstützt werden. Mehrere forensische Labors wurden ebenfalls aufgeboten.
«Die Entschlossenheit der Verantwortlichen und Ermittler ist diesem Ausbruch von Gewalt gewachsen», versprach Laure Beccuau am Dienstagabend. Die Pariser Staatsanwältin sprach den Familien der beiden getöteten Beamten, einem 52-jährigen Hauptmann und Vater von Zwillingen sowie einem 34-jährigen Aufseher und Brigadier, dessen Frau ein Kind erwartet, ihr Mitgefühl aus.
Der französische Justizminister, Éric Dupond-Moretti, sagte: «Wir werden alles tun, um die Täter dieses verabscheuungswürdigen Verbrechens zu finden. Es handelt sich um Menschen, für die das Leben nichts bedeutet. Sie werden verhaftet, verurteilt und entsprechend dem Verbrechen, das sie begangen haben, bestraft werden.» Seit 1992, so Dupond-Moretti, sei kein Gefängnisangestellter so brutal attackiert worden. (lak)
Meine Meinung, egal auch wenn mir das jetzt Blitze einbringen wird.
Wer sich hier so verhält, hat das Privileg sich in Europa aufzuhalten lebenslang verspielt.