Die Festival-Saison steht vor der Tür! Bald können wir wieder unsere Tanzschuhe auspacken und unter freiem Himmel unsere Lieblingsacts geniessen. Die Festivalplakate der grossen Schweizer Festivals sind bereits publik. Doch wer steht eigentlich auf der Bühne?
Unsere letzte Analyse von 2022 zeigte klar, dass der Festival-Sommer besonders eins ist: männerdominiert. Auf dem Moon&Stars suchte man vergeblich nach Künstlerinnen und auch bei den meisten anderen grossen Festivals war das Ergebnis ernüchternd.
Für viele Schweizer Festivals hagelte es deshalb Kritik. Verständlich. Frauen, inter, non-binäre, trans und agender Personen sind in der Musikbranche noch immer signifikant unterrepräsentiert. Das äusserte auch der Verein Helvetia Rockt, der sich für eine inklusivere Musikbranche einsetzt:
Wir haben auf neun Schweizer Festivalplakaten alle reinen Male-Acts gestrichen. Wie das aktuelle Plakat von deinem Lieblingsfestival danach aussieht, erfährst du hier.
Bald ist es so weit und alle Rock-, Punk- und Metalfans können wieder in Interlaken am Greenfield Festival ihre Haare schwingen. Das Greenfieldpublikum erwartet laut Festivalplakat 2024 ein Line-up von insgesamt 36 Bands, wovon in 13 Bands mindestens eine FINTA vertreten ist. Das entspricht einem FINTA-Anteil von 36 Prozent. In der Analyse von 2022 lag der Frauen-Anteil bei 23 Prozent.
Alle Personen der einzelnen Acts zusammengezählt spielen 23 FINTA in den Bands des Greenfield-Line-ups. Im Vergleich sind 134 Männer in den Bands vertreten. Nach dieser Analyse kommt man noch auf einen FINTA-Anteil von knapp 15 Prozent. Wie viele FINTA und Männer bei den Alphornbläsern mitspielen, ist unklar. In der Grafik sind diese deshalb als unbekannt markiert.
In sechs Bands spielt je eine FINTA in der Band mit, zwei FINTA sind in je zwei Bands vertreten, in drei Bands sind jeweils drei FINTA dabei und in einer Band hat es vier FINTA. Zwei Bands (Babymetal und Hanabie.) bestehen rein aus FINTA.
Im aktuellen Greenfield-Line-up haben 12 FINTA ihre Hauptposition in einer Band beim Gesang. Am Bass, Schlagzeug und an der Geige sind je zwei Personen vertreten. Die Gitarre und die Hurdy Gurdy werden von je einer FINTA gespielt. Bei Babymetal und bei Feuerschwanz sind Tänzerinnen fix in der Band dabei (Babymetal: 1 / Feuerschwanz: 2).
Laut Line-up-Plakat werden in diesem Jahr in St.Gallen 41 Bands die Ostschweiz zum Beben bringen. In der Besetzung von 15 Acts sind nicht nur Männer vertreten. Das entspricht einem FINTA-Anteil von rund 37 Prozent. 2022 lag der Frauen-Anteil ebenfalls bei 37 Prozent.
Nimmt man die Besetzung der 41 Acts genauer unter die Lupe und zählt jedes Act-Mitglied, werden gesamthaft 84 Männer und 16 FINTA auf der Bühne stehen. Das entspricht noch einem FINTA-Anteil von 16 Prozent.
Anders als beim Greenfield Festival bestehen die Acts des Openair St.Gallen nicht nur aus Bands, sondern auch oft aus Soloacts. Von den 15 Acts mit FINTA-Personen treten 11 davon solo auf und vier Acts sind Bands. In nur einer Band von diesen 15 Acts hat es mehr als eine FINTA-Person (2) in der Besetzung (Black Sea Dahu).
Die 11 Soloacts haben ihre Hauptposition beim Gesang. In drei Bands singen vier FINTA: Moonpools (spielt zusätzlich Gitarre), Crème Solaire, Black Sea Dahu (spielen zusätzlich Gitarre und Cello). Anuk Schmelcher von der Band Obliecht spielt Schlagzeug und ist als einzige nicht am Gesang.
Auf dem Plakat des Openair Frauenfeld sind zusätzlich auch die Pre Shows aufgelistet. Diese mitgezählt, befinden sich 74 Acts auf dem Poster, wovon in 20 Acts eine FINTA vertreten ist. Das entspricht einem Anteil von 27 Prozent. Wenn die Pre Shows nicht mitgezählt werden, sind es noch 65 Acts mit einem FINTA-Anteil von knapp 25 Prozent. 2022 lag der Frauen-Anteil bei 19 Prozent.
Wie bereits am Openair St.Gallen sind auch am Frauenfeld vor allem Solo Artists gebucht worden. Von den 20 FINTA-Acts treten 19 davon als Soloact auf. Nur Soukey & Z the Freshman wurden als Duo gebucht. Laut dem Poster werden zusammengezählt 69 Männer und 20 Frauen am Frauenfeld auftreten (Pre-Shows mitgezählt). Nach dieser Berechnung wäre das ein FINTA-Anteil von 22 Prozent, ohne Pre Shows sind es 19 Prozent.
Auf dem Berner Hausberg werden im Juli wieder die Hüften geschwungen. Mit neongelber Schrift sind 46 Acts auf dem diesjährigen Gurten-Plakat angekündigt. 23 davon sind Acts mit mindestens einer FINTA, was einem FINTA-Anteil von 50 Prozent entspricht. Im Jahr 2022 lag der Frauen-Anteil bei 49 Prozent.
Der 50-Prozent-FINTA-Anteil auf dem Gurten erscheint auf den ersten Blick als vorbildlich. Es gibt jedoch keinen einzigen Act, der mehr als eine FINTA in der Besetzung hat. So ergibt sich nach einer genaueren Analyse, dass insgesamt 64 Männer in den Acts vertreten sind und 23 Frauen. Mit diesen Zahlen kommt man noch auf einen FINTA-Anteil von 26 Prozent.
14 FINTA sind als Solo Artist auf dem Gurten, acht Acts mit FINTA treten als Band oder Duo auf und fast alle FINTA haben ihre Hauptposition beim Gesang. Nur bei der Band Patent Ochsner spielt Monic Mathys als Hauptposition am Bass.
In der Analyse von 2022 hat das Moon&Stars in Locarno mit null Female-Acts am schlechtesten abgeschnitten. Es scheint, als hätte sich das Booking des Moon&Stars die Kritik zu Herzen genommen. Für das Festival 2024 wurden sogar zwei Line-up-Poster erstellt, eins für die Hauptbühne und eins für die Nebenbühne. Laut dem Plakat werden auf der Hauptbühne 16 Acts performen, wovon vier Acts mit FINTA sind. Das entspricht einem FINTA-Anteil von 25 Prozent.
22 Acts werden auf der Nebenbühne das Publikum zum Tanzen bringen. Davon ist in zwölf mindestens eine FINTA vertreten, was einem FINTA-Anteil von fast 55 Prozent entspricht. Werden alle Acts von der Hauptbühne und Nebenbühne zusammengezählt, treten zusammen 38 Acts am Tessiner Openair auf. Insgesamt 16 Acts mit FINTA sind auf dem gesamten Line-up-Poster erwähnt und ergeben einen FINTA-Anteil von 42 Prozent. Eine deutliche Steigerung im Vergleich zum Jahr 2022.
Zählt man die Personen der einzelnen Acts zusammen, sind 76 Personen im Poster-Line-up involviert. Davon sind 16 Personen FINTA, was noch einem FINTA-Anteil von 21 Prozent entspricht.
Es gibt keinen einzigen Act auf dem Moon&Stars-Plakat mit mehr als einer FINTA. 12 der 16 Acts mit FINTA sind Solo Artists, ein Act ist ein Duo (Ricchi e Poveri) und drei Acts sind Bands (Patent Ochsner, Moonpools und Invivas).
Das Paléo Festival in Nyon ist mit sieben Bühnen riesig und dauert fast eine Woche lang. In diesem Jahr werden sagenhafte 104 Acts am Westschweizer Openair auftreten, wovon in 53 Acts FINTA involviert sind. Das entspricht einem FINTA-Anteil von rund 51 Prozent und ist nach unserer Analyse das Schweizer Festival mit dem grössten FINTA-Anteil.
Wir haben alle Personen der einzelnen Acts zusammengezählt (ohne die grossen Orchester und die Tanzperformance Murmuration von Sadeck Berrabah) und kamen dann auf 227 Personen. Davon sind 70 Personen FINTA. Das entspricht noch einem FINTA-Anteil von knapp 31 Prozent.
Von den 53 Acts mit mindestens einer FINTA treten 35 solo auf, wovon 13 DJs sind. Die Band Panic Shack (vier Frauen) und das Duo Roshâni sind die zwei einzigen Acts, die keine Solo Artists sind und rein aus FINTA bestehen.
Die Bündnerinnen und Bündner bringen mit dem Openair Lumnezia die Festivalfanatiker in ihren Kanton. Auf einem mit bunten Augen verzierten Plakat präsentiert das Openair die diesjährigen 21 Acts. Laut dem Poster haben acht Acts mindestens eine FINTA besetzt. Damit hat das Line-up einen FINTA-Anteil von 38 Prozent.
In allen acht Acts hat es je eine FINTA vertreten. Gesamthaft werden laut dem Festivalposter somit 42 Männer und 8 FINTA auf der Bühne stehen, was einem FINTA-Anteil von knapp 16 Prozent entspricht.
Umringt von Bergen feiern die Walliser ihr Openair Gampel im August. Mit einem Line-up von 45 Acts (ohne Sportinfluencerin Pamela Reif) hat das Openair so einiges auf dem Programm. 11 Acts sind mit mindestens einer FINTA besetzt und somit hat das Festival einen FINTA-Anteil von 24 Prozent. Im Jahr 2022 lag der Frauen-Anteil bei 16 Prozent.
Wie viele FINTA-Personen in den Acts wirklich mitspielen, zeigen folgende Zahlen: In den 11 Acts hat es nur eine Band, die mehr als nur eine FINTA verzeichnet. In der Band Das Lumpenpack spielt Alexandra Eckert am Schlagzeug und Lola Schrode an der Bassgitarre. Somit sind auf dem Plakat 12 FINTA zu 78 Männer in den Acts vertreten, was einem FINTA-Anteil von 13 Prozent entspricht.
Von diesen 11 Acts treten 9 solo auf. Nur die bereits erwähnte Gruppe Das Lumpenpack und das Duo Cari Cari sind als Bands mit FINTA-Personen auf dem Plakat erwähnt. Stephanie Widmer aus der Band Cari Cari spielt gefühlt fast jedes Instrument. Der Gesang und das Schlagzeug scheinen jedoch ihre beiden Hauptpositionen zu sein.
In Zürich findet das Zürich Openair (ZOA) gleich an zwei Wochenenden statt. 61 Bands werden auf dem ZOA-Poster präsentiert, wovon 18 keine reinen Mail-Acts sind. Das entspricht einem FINTA-Anteil von rund 29 Prozent. 2022 lag der Anteil bei 22 Prozent.
Laut dem Festivalplakat werden insgesamt 76 Personen auf der Bühne stehen. Davon sind 18 FINTA und 58 Männer. Nach diesen Zahlen liegt der FINTA-Anteil bei 24 Prozent. Das ZOA besteht mehrheitlich aus Solo Artists. So gibt es auch keinen Act, der mehr als eine FINTA vertritt. Sechs der 18 FINTA-Acts sind DJs.
Das waren ganz schön viele Zahlen! Deshalb gibt es hier einen kurzen Überblick zu den wichtigsten Facts der neun Festivals:
In der Kategorie «mindestens eine FINTA im Act» hat das Paléo Festival den höchsten FINTA-Anteil von 51 Prozent auf ihrem Plakat erreicht, dicht gefolgt vom Gurtenfestival mit einem Anteil von 50 Prozent. Den niedrigsten FINTA-Anteil verzeichnet das Openair Gampel mit 24 Prozent und das Openair Frauenfeld mit 25 Prozent.
Wir haben das Openair Frauenfeld gefragt, weshalb der FINTA-Anteil im Vergleich zu den anderen Schweizer Festivals so niedrig ist. Das war ihre Antwort:
Auch das Paléo Festival haben wir zu ihrem hohen FINTA-Anteil befragt. So äusserte sich das Festival zu den Resultaten:
Wir haben auch das Openair Gampel um eine kurze Stellungnahme gebeten. Unsere Anfrage blieb jedoch unbeantwortet.
In der Kategorie «FINTA-Anteil aller Act-Mitglieder zusammen» verzeichnen wieder das Paléo Festival (31 Prozent) und das Gurtenfestival (26 Prozent) den höchsten Anteil. Das Openair Gampel schneidet mit einem FINTA-Anteil von 13 Prozent am schlechtesten ab.
Im Vergleich zu 2022 hat sich besonders ein Festival verbessert: Das Moon&Stars. Nach unserer Analyse ist es in diesem Jahr das Festival mit dem drittgrössten FINTA-Anteil. Tatsächlich ist der FINTA-Anteil bei fast allen Festivals gestiegen, beim Openair St.Gallen blieb er gleich.
Wir haben die gesamte Personenanzahl aller Acts der neun Schweizer Festivals, die wir unter die Lupe genommen haben, zusammengezählt und kamen auf 952 Personen, wovon 206 FINTA und 746 Männer sind. Gesamthaft entspricht das einem FINTA-Anteil von knapp 22 Prozent.
Aber das ist natürlich etwas ganz anderes.
Die Openairs intressiert doch das Geld und nicht das Geschlecht.