Als einst jugendlich-frivoler Student der Filmwissenschaft kam ich bereits in den Genuss so manches Filmjuwels, das genüsslich filetiert und wiedergekaut wurde. Doch die zahlreichen Visionierungen führten auch zu Abnutzungserscheinungen. So sind gewisse Makel in Filmen (ja, auch den grössten und wichtigsten ihrer Zunft) zu erkennen, die sich schlecht mit dem Realitätsanspruchs des Films vereinen lassen.
In der Hoffnung, dass diese kathartische Abreaktion meiner geschundenen Seele Linderung verschaffen möge, seien hier 15 unlogische und doch auch vermeidbare Dinge aufgelistet, die in zahlreichen Filmen zu sehen sind.
Morgen für Morgen zaubert dir deine bessere Hälfte ein Frühstück bestehend aus frischen Früchten, frischen Pancakes mit diversen Toppings, frischem Brot mit sechs bis zehn leckeren Marmeladen, Spiegeleiern, Speck, dazu Kaffee UND Orangensaft auf den Tisch – und du schnappst dir gerade mal nen trockenen Toast und einen Schluck Kaffee, weil du zu spät dran bist?! Weil du deinen Wecker nicht EINMAL 15 Minuten früher stellen kannst?!
Kein Wunder zerbricht deine Ehe im zweiten Drittel des Films, du undankbarer Idiot. Und ich wünschte, er oder sie würde dir am Ende nicht verzeihen.
Treffpunkt irgendwo in einem Restaurant in Downtown Manhattan? Oder ein Termin beim Top-Anwalt an der Market Street in San Francisco? Date im Willis (oder Sears) Tower in Chicago? Kein Ding.
Auf der ganzen (realen) Welt sind geschätzt 99,9% aller Handys auf lautlos gestellt. Es sei denn, man erwartet einen wichtigen Anruf. Oder hat dank einem Jamba-Sparabo tatsächlich einen absoluten Killer-Klingelton zu bieten. In diesen 99,9% nicht eingeschlossen: Jegliche Agenten und Undercover-Polizisten in der heikelsten Phase ihrer heikelsten Mission. Dies berichten Quellen aus Hollywood.
Wenn das Klingeln (!) eines (!) Mobiltelefons (!) im (!) 21. (!) Jahrhundert (!) stets eine Wendung bei der Verbrecherverfolgung herbeiführt, dann braucht man sich nicht zu wundern, dass die Sparabos heutzutage kein Ding mehr sind. Zumindest in der echten Welt.
Prinzipiell habe ich gegen Duschszenen in Filmen nichts einzuwenden. Doch vielen von ihnen haftet ein Makel an, der es vermag, mich in den Wahnsinn zu treiben. Zu meinem Glück wird dieser Makel immer öfter einfach unterbunden, indem ein wenig suggestiver geschnitten wird.
Wer. WER in der Geschichte der Menschheit besitzt den Mut, in eine Dusche zu steigen und sich direkt unter das Wasser zu stellen, ohne vorher in minutenlanger Handfühlarbeit die absolut perfekte Wassertemperatur zu finden? In einem noch nie zuvor besuchten Hotel? Absoluter Wahnsinn.
Mysteriöser Typ, der wichtig für den Plot ist:
«Wir treffen uns am 5. September um 2:37 Uhr morgens an der Ecke 134th Street und Wilmington-Villershofton-Avenue im ‹Grandbury, Hasslebank, Mariannikov and Sons Café and Deli›. Geh an die Bar links und frag bei José-Manuel nach dem Huhn aus Beckinghamptonshire. Er wird dich zu mir bringen. Ich werde einen agavengrünen Hut und einen Sapphir-Ring am linken Zeigefinger tragen. Codewort: endoplasmatisches Reticulum.»
Hauptdarsteller (ohne Anstalten, dies zu notieren):
«Ok. Bis dann.»
Für viele echte Menschen ist der Besuch in einem Restaurant eine verdiente Pause von Erwachsenenpflichten. Kein Kochen, kein Abwasch, kein Putzen. Das gilt im Film offenbar jedoch nicht. Denn da trifft man sich in einem Restaurant (oder einer Bar), gibt dem Plot eine weitere Wendung durch irgendeine sehr dumme oder sehr gescheite Aussage und verlässt das Etablissement.
Ohne das Gericht überhaupt anzurühren (geschweige denn fertig zu essen), sollte die Bestellung während den zirka zwei Minuten Konversation denn überhaupt schon (mirakulöserweise) gebracht worden sein! Gleiches gilt für Getränke an der Bar. Bezahlt wird dann entweder schluddrig oder gar nicht. Noten auf den Tisch knallen at best. Wer macht so was?
Noch nie musste jemand mit einer XXL-Packung Haushaltsrollen oder einem Mega-Pack Super-Soft-Sensitive-WC-Papier über die Strasse in irgendeinem In-Quartier in New York huschen, um dann just den oder die Zukünftige mal mehr, mal weniger peinlich kennenzulernen. Auch kein Familien-Spar-Paket Weichspüler. How f*cking convenient.
Nachdem sich zwei bislang fremde Menschen geschmeidig ausgezogen und sich gegenseitig aus dem Blick abgelesen haben, was dem anderen denn so gefällt, während die Augen ob der sofortigen Ekstase gen Schädeldecke bugsiert werden, die Frau nach durchschnittlich 17 Sekunden ihren ersten Orgasmus hatte und dann beide zusammen zum Abschluss noch einmal zünftig gemeinsam gekommen sind, folgt der lächerliche Teil von Sex in Filmen.
Ein romantisches Kuscheln mit tiefen Gesprächen. Notabene nachdem ungeschützter Geschlechtsverkehr mit Samenausschüttung stattgefunden hat. Keine kurze After-Sex-Toiletten-Session, kein hastiges Kleenex-Such-Kommando.
Nun wird das Bettlaken versaut und das Risiko auf eine Blasenentzündung seitens der Frau erheblich erhöht. Bravo.
Filme über soziale Ungerechtigkeit oder Dekadenz mal ausgeschlossen, ist es in der Tat verwunderlich, in welch gediegenen Lokalitäten Normalo-Protagonistinnen und Protagonisten so hausen.
Mit bescheidenen Mitteln kriegt man in den teuersten Städten der Welt offenbar nicht einfach eine kleine Eineinhalb-Zimmerwohnung mit dem Linoleum-lastigen, hässlich gefliesten Ausbaustandard der 1980er, sondern ein Loft mit Industriecharme und Fensterfront mit Ausblick auf die Sehenswürdigkeit deiner Wahl.
Kein Kommentar. Zu billig.
Wer an der Uni studiert und eine Professorin oder einen Professor unter vierzig lauscht, der gehört vermeintlich eher zur Ausnahme. Oftmals sind Professuren zwangsläufig an eine gewisse Lebenserfahrung gekoppelt, die sich aussehenstechnisch meist in gräulich veräussert.
In Filmen ist das derweil ein wenig anders. Führende Koryphäen jeglicher Fachgebiete sind gerne mal äusserst jung und unverschämt attraktiv.
Praktika, Einsteigerjobs oder weniger als zwei Doktortitel unter 30 sind für Loser. So isses.
Zugegebenermassen bin ich kein Tech-Geek und schon gar kein PC-Wizard. Von daher fällt mir eine Beurteilung punkto Hacking, Tracking und Phishing etwas schwer. Dennoch gibt es einige Punkte, die mir schlicht nicht in den Kopf wollen.
Ist es nicht irgendwie grauenhaft ironisch, dass ausgerechnet ungehobelte Schlägertypen derart höflich sind, dass sie bei Schlägereien im Verbund den Helden stets nur einer nach dem anderen attackieren? Anstatt einer gegen zehn heisst es zehnmal einer gegen einen. Effizienz my ass. Schauderhaft.
In Sitcoms und Serien ist das schiere Ausmass an Freizeit natürlich besonders auffallend. Doch auch in Filmen frage ich mich als Mittzwanziger sehr oft, 1) woher die Freizeit neben Job und allenfalls Familie kommt; 2) woher die Freunde kommen, bei denen gar nicht 14 Anläufe zur Terminfindung nötig sind, wie dies bei normalen Erwachsenen eher der Fall ist; und 3) woher die Energie kommt, neben dem ganzen Leben auch noch Dinge unternehmen zu wollen – und zwar am Laufmeter.
Kurz und bündig: Ich sehe beim Zähneputzen im Normalfall für gut zweieinhalb Minuten aus wie eine tollwütige Hyäne, Menschen in Filmen hingegen stecken sich die Zahnbürste in einer Eleganz gut fünf Sekunden schaumfrei in den Mund, ehe die KNALLWEISSEN BEISSERCHEN WIEDER IN ALLER FRISCHE ERBLITZEN.
Auch auf die Liste gehört: während in einer Schiesserei massenhaft Feinde und evtl namenlose Verbündete fallen, werden die Helden nie getroffen. Was für ein Glück,dass die Gegner so schlechte Schützen sind!
Sollte der Held mal doch getroffen werden, dann nur an Arm oder Schulter (nur'n Streifschuss, haha), oder nach 3min Spitalaufenthalt kämpft sich der harte Kerl aus dem Bett um seine Mission fortzusetzen. Von physischem / psychischem Trauma später keine Spur.