Sammy Frey von der Zürcher Band «Paul das Pausenbrot» hat eine Mission. Als Sam National will er mit einer Petition verhindern, dass die bereits feststehende Mélanie René beim Eurovision Song Contest Mitte Mai in Wien mit mageren fünf, sechs Punkten nach Hause fährt. Denn konsequenterweise müsste die Schweiz ohne Punkte-Almosen anderer europäischer Länder wieder nach Hause fahren. Warum das so ist, lassen wir den 37-Jährigen am besten selbst erzählen.
Sam National, Sie fordern in einer Petition, dass das SRF statt Melanié René nun Sie zum ESC schickt. Trauen Sie der Genferin etwa nichts zu?
Auch die beste Sängerin kann aus einem lahmen Song nicht viel mehr rausholen, als die Aufnahme zulässt. Und mir persönlich geht ihre Live-your-dream-Attitüde etwas auf den Keks. Bei Conchita Wurst wirkte das Thema irgendwie authentischer.
Müssen Sie das jetzt nicht sagen, weil Sie erfolglos versucht haben, Leutschenbach «zu unterwandern»?
Den Leutschenbach kann man auf Schweizer Boden nicht unterwandern, aber Kritik am gängigen System anbringen allemal. Das sehe ich sogar als meine Pflicht als Künstler. Ob ich damit Erfolg habe, zeigt sich erst am 21. Mai.
Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie vor verschlossenen Türen standen?
Lustigerweise waren ja alle Türen offen und mit einem flotten Spurt wäre ich kurz vor Sendebeginn auf der Bühne gestanden. Obwohl mir die Schlagzeile wohl auf sicher gewesen wäre, hätte das von meiner Mission etwas abgelenkt.
Stichwort Mission: Wie sind Sie auf den Text von «Zero Points» gekommen – und wie viele Punkte würden Sie holen wollen, falls Sie doch noch nach Wien fahren würden?
Seid Gunvor Guggisbergs «Zero Points» 1998 hatte sich der Ausdruck in meinem Kollegenkreis zum geflügelten Wort entwickelt. Kein Billet? «Zero Points.» Frau nicht rumgekriegt? «Zero points». Ich will Zero Points – und zwar erhobenen Hauptes!
Sollte es nichts werden mit dem ESC 2015, würden Sie im kommenden Jahr den langweiligeren Weg wählen und sich regulär beim SRF bewerben?
Eher nicht.
Wenn Sie sich für einen anderen Schweizer Vertreter ausser Ihnen und Réne entscheiden müssten, welcher wäre das?
Da müsste man zuerst einmal das Ziel formulieren: Geht es um die Förderung junger Talente? Geht es um Einschaltquoten? Steht der Sieg oder der Olympische Gedanke
im Vordergrund? Nehmen Sie Finnland, die schicken eine Punkband mit vier geistig Behinderten – mal ehrlich, was will man dem entgegensetzen?
Könnten Sie sich vorstellen, dass auch die Schweiz einmal mit handicapierten Interpreten antritt?
Wieso nicht? Das Handicap ist ja nicht das Problem. Die Schweiz könnte auch mit einer Frau mit Bart antreten, aber dann denkt jeder: «Hatten wir schon.» Drum geht's primär darum, etwas zu machen, das sich abhebt vom Mainstream-Einheitsbrei.
Wenn es nichts mit dem ESC 2015 werden sollte, müssen wir uns Sorgen um Sie machen?
Keinesfalls. Ich habe keine grossen Ambitionen, alles, was ich will ist: Zero Points for Switzerland und 1000 Unterschriften auf meiner Online Petition!
(phi)