Schweiz

Bundesgerichtsentscheid zu Leihmutterschaft: Mutter muss adoptieren

Mutter muss eigene Zwillinge adoptieren – Bundesgerichtsentscheid zu Leihmutterschaft

31.03.2022, 13:27
Mehr «Schweiz»

Das Bundesgericht hat bestätigt, dass in Georgien durch eine Leihmutter geborene Zwillinge nur zum genetischen Wunschvater ein rechtliches Kindsverhältnis haben. Die genetische Wunschmutter muss ihre rechtliche Beziehung durch eine Stiefkindadoption herstellen. Solange bleibt die Leihmutter die amtlich anerkannte Mutter.

Das Ehepaar schloss für die Geburt der Zwillinge einen Leihmutterschaftsvertrag mit einer georgischen Staatsangehörigen ab. Die Samenspende stammte vom Wunschvater, die Eizellenspende von dessen Ehefrau. Biologisch besteht also keine Verwandtschaft mit der Leihmutter, wie aus einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil des Bundesgerichts hervorgeht.

Die Wunscheltern wollten ihre Kinder nach ihrer Rückkehr in die Schweiz beim Zürcher Gemeindeamt eintragen. In den georgischen Geburtsurkunden der Zwillinge und den weiteren Dokumenten war das Ehepaar als Eltern mit ihren Familiennahmen eingetragen. Sie hatten die Zwillinge während eines dreimonatigen Aufenthaltes in der Türkei, deren Staatsbürgerschaft sie besitzen, ebenfalls als ihre Kinder eintragen lassen. Die Wunschmutter ist auch Schweizer Bürgerin.

Andreo Diez, from Buenos Aires, Argentina, holds Ignacio, her baby born via a Ukrainian surrogate mother, after spending two weeks in quarantine, due to the coronavirus outbreak, in a hotel where the  ...
Andreo Diez aus Argentinien hält ihren Sohn Ignacio, der von einer ukransichen Leihmutter ausgetragen wurde, 2020. (Symbolbild)Bild: keystone

Mutter durch Geburt

Im Zürcher Gemeindeamt wurde als Familienname der Zwillinge der Name der Leihmutter eingetragen. Sie gilt als Mutter «durch Geburt». Der Wunschvater wurde als rechtlicher Vater durch Anerkennung eingeschrieben. Die Wunschmutter fand Erwähnung bei den Zusatzangaben, in denen die Leihmutterschaft und die genetische Abstammung der Zwillinge vermerkt wurden.

Dieses Vorgehen ist laut Bundesgericht korrekt. In diesem Fall liegt lediglich ein notariell beglaubigter Leihmutterschaftsvertrag vor und nicht ein Behörden- oder ein Gerichtsentscheid. Laut internationalem Privatrecht kommt in einem solchen Fall das Schweizer Recht zur Begründung eines Kindsverhältnisses zum Zug.

Das Gemeindeamt akzeptierte die Anerkennung durch den Vater auf der Basis des Leihmutterschaftsvertrags. Das Bundesamt für Justiz erachtete dies «ausnahmsweise» für zulässig, da es sich nicht um eine amtliche Anerkennung handelt.

Bei der Mutter kommt hingegen der in der Schweiz geltende Grundsatz zur Anwendung, wonach immer die gebärende Frau die Mutter ist. Leihmutterschaft ist in der Schweiz nicht zugelassen. In diesem konkreten Fall wurde deshalb die Leihmutter als rechtliche Mutter eingetragen. Für die genetische Wunschmutter bedeutet dies, dass sie die Zwillinge aufgrund ihrer Ehe mit dem genetischen Vater adoptieren kann – sogenannte Stiefkindadoption.

Dieses Prozedere ist laut Bundesgericht konform mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR). Diese besagt, dass eine Wunschmutter die Möglichkeit haben müsse, die rechtliche Elternschaft zu erlagen, wenn das Kind mit dem Sperma des Wunschvaters und mit der Eizellen einer Spenderin von einer Leihmutter ausgetragen wurde. Nicht erforderlich sei, dass die Wunschmutter von Beginn an als rechtliche Mutter angesehen werde. (Urteil 5A_545/2020 vom 31.3.2022)

(yam/sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Themen
Wie Elternsein wirklich ist – in 11 lustigen Cartoons
1 / 13
Wie Elternsein wirklich ist – in 11 lustigen Cartoons
bild: theoatmeal

Auf Facebook teilenAuf X teilen
Sie kamen als eineiige Zwillingsschwestern zur Welt
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
13 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Pafeld
31.03.2022 18:41registriert August 2014
Wenn wir die Augen von der prinzipiellen Möglichkeit der Leihmutterschaft noch weiter geschlossen halten, löst sich das Problem eines Tages bestimmt von ganz alleine... *ironieoff*
Und nein, dass ist kein bedingungsloser pro-Leihmutterschaftskommentar. Es gibt sowohl für als auch gegen Leihmutterschaft sinnvolle Gründe. Aber indem man sich einfach kategorisch weigert, die rechtliche Situation dahin anzupassen, dass es das Phänomen Leihmutterschaft nunmal gibt, erschwert man sowohl für Eltern als auch Kinder die Situation unnötig und zwingt sie in eine Rechtsunsicherheit.
227
Melden
Zum Kommentar
13
Lohnstatistik Schweiz – Inflation bremst Lohnansteig auch 2023 aus
Das Bundesamt für Statistik hat heute die neue Lohnstatistik von 2023 veröffentlicht. Hier bekommst du einen Überblick zu den wichtigsten Erkenntnissen.

Die Löhne in der Schweiz sind im vergangenen Jahr deutlich angestiegen. Allerdings bremste die Teuerung den Lohnanstieg wie bereits im Vorjahr aus.

Zur Story