Die Samenspende war bislang nur für verheiratete heterosexuelle Paare erlaubt. Die Eizellspende ist weiterhin gesetzlich verboten. Bild: Shutterstock
Nach Ja zu «Ehe für Alle»: So stehen die Chancen für Eizellspende und Leihmutterschaft
Nach dem «Ja» zur Samenspende für lesbische Paare ist das nächste Thema bereits politisch lanciert: Im November debattieren Teile des Parlaments über die Legalisierung der Eizellspende. Und wie steht es politisch um die Leihmutterschaft?
Am Sonntag stimmte das Schweizer Stimmvolk nicht nur Ja zur «Ehe für Alle», sondern auch zur Samenspende für lesbische Paare. Die grosse Zustimmung (64,1% Ja-Anteil) könnte auch weiteren Vorstössen in Sachen Familienplanung Anstoss geben. Denn noch sind die Embryonenspende und alle Arten von Leihmutterschaft in der Schweiz gesetzlich verboten.
Legalisierung der Eizellspende politisch lanciert
Bereits einen Schritt weiter ist die Diskussion, ob eine Frau einem Paar, bei dem die Partnerin unfruchtbar ist, eine Eizelle spenden kann. Im März 2021 reichte die GLP-Nationalrätin Katja Christ eine parlamentarische Initiative ein, die die Eizellspende «endlich auch in der Schweiz legalisieren soll». Christ sagt zu ihrem Vorstoss:
«Es braucht die Legalisierung, weil es eine Ungleichbehandlung darstellt. Es gibt juristisch keinen Unterschied. Es ist eine Drittperson, die einem Paar, das ungewollt kinderlos ist, eine Keimzelle zur Verfügung stellt.»
Noch hält man sich mit Voten zur Eizellspende zurück – auch im linken Lager. So sagte Mattea Meyer, Co-Präsidentin der SP, in der Präsidentenrunde ausgestrahlt vom SRF, dass die Diskussion um die Eizellspende «nicht prioritär» behandelt werde. Es seien zuerst noch «einige rechtliche Fragen zu klären», so Meyer.
Die Forderung dürfte es jedoch einfacher haben als eine Legalisierung der Leihmutterschaft. Bereits 2013 sprach sich eine Mehrheit der Mitglieder der nationalen Ethikkommission für die Eizellspende aus. Es sei diskriminierend, die Samenspende zuzulassen und die Eizellspende zu verbieten. Bei Vätern werde auch keine genetische Beziehung gefordert, deshalb sei es nicht nachvollziehbar, warum dies bei Müttern verlangt werden sollte, so die Begründung.
Eizellspende und Leihmutterschaft
Eine Eizellspende ist für eine Frau, die unfruchtbar ist, die einzige Möglichkeit, schwanger zu werden. Bei der Eizellspende werden einer fruchtbaren Spenderin reife Eizellen entnommen, mit den Spermien des Wunschvaters befruchtet und anschliessend der Empfängerin eingepflanzt.
Bei der Leihmutterschaft trägt eine Drittperson das Kind der Wunscheltern aus. Die Wunscheltern können die genetischen Eltern sein, müssen aber nicht, da es verschiedene Möglichkeiten gibt (Samenspende des Vaters, Eizellspende der Mutter etc.). Das Kind wird bei der Geburt dann von der Leihmutter den Wunscheltern übergeben.
Klar dagegen ist die SVP, die bereits im Abstimmungskampf zur «Ehe für Alle» davor warnte, dass eine Annahme weitere Änderungen im Fortpflanzungsgesetz nach sich ziehen könnte. Im Interview mit dem Bund sprach sich SVP-Nationalrätin Therese Schläpfer klar dagegen aus:
«Mit der Zulassung der Eizellspende geht es immer mehr in Richtung von Designerbabys. Da müssen wir vorsichtig sein.»
Anders sieht die Ausgangslage bei der Legalisierung der Leihmutterschaft aus. Zwar gab es in der Vergangenheit diverse Vorstösse im Parlament dazu, die Mehrheit machte aber auf die damit verbundenen Problematiken aufmerksam. Eine Forderung zur Legalisierung gibt es bislang nicht, auch wenn SVP-Nationalrätin Schläpfer damit rechnet:
«Wir warten nun mal ab, wie lange es geht, bis auch in der Schweiz die Leihmutterschaft gefordert wird.»
Auch ethisch ist die Leihmutterschaft stärker umstritten als die Legalisierung der Eizellspende. Eine Mehrheit der nationalen Ethikkommission sprach sich 2013 zwar für eine Zulassung der Leihmutterschaft aus. Sie äusserte aber auch Zweifel, ob die Leihmutter und die Wunscheltern wirklich genügend gut geschützt werden können, falls es zu einer Kommerzialisierung der Praxis käme.
Auf der politischen Ebene spielt die Operation Libero mit dem Gedanken der Leihmutterschaft, so Co-Präsident Stefan Manser-Egli:
«Im Ausland ist die Leihmutterschaft erlaubt. Wenn wir sie in der Schweiz weiterhin verbieten, verschliessen wir die Augen vor der Tatsache, dass auch Schweizer Kinder dank einer Leihmutter im Ausland zur Welt gekommen sind.»
Stefan Manser-Egli, Co-Präsident Operation Liberoquelle: 20minuten.ch
Verhaltene Zustimmung gibt es auch von der Schwulenorganisation Pink Cross, auch wenn man sich nicht aktiv für das Vorhaben einsetzen will, so deren Vertreter Roman Heggli:
«Ich denke nicht, dass wir uns dagegen stellen werden. Wir werden aber nicht die Vorreiterinnen oder die Vorkämpfer sein. Ich glaube wirklich, es ist hauptsächlich ein Thema, das heterosexuelle Paare betrifft.»
Klar dagegen sind FDP und SVP. «Alle diese Punkte, die rund um diese Fragen noch nicht geklärt sind, muss man erst debattieren. Im Moment sagen wir Nein», so FDP-Präsidentin Petra Gössi. Und bei der SVP sagt Nationalrat Franz Grütter: «Wir wollen nicht, dass das in der Schweiz möglich ist.»
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Die beliebtesten Kommentare
Oberland-Autobahn
27.09.2021 14:51registriert Juli 2021
Leihmutterschaft pro oder contra, aber bei der Argumentation von Stefan Manser-Egli fragt man sich, ob das ein Scherz sein soll?
«Im Ausland ist die Leihmutterschaft erlaubt. Wenn wir sie in der Schweiz weiterhin verbieten, verschliessen wir die Augen vor der Tatsache, dass auch Schweizer Kinder dank einer Leihmutter im Ausland zur Welt gekommen sind.»
Mit diesem Argument könnte man sämtliche Praktiken erlauben, die im Ausland legal sind und schon an Leuten mit Schweizer Pass vollzogen wurden. Kinderehe, Genitalverstümmelung? "Verschliessen wir nicht die Augen" und erlauben es!
Ich glaube das die Samenspende für Lesbische Paare der Grund für die doch sehr vielen NEIN-Stimmen ist. Wenn es nur um die Ehe allein gehen würde, dann wären bestimmt 70+% der Stimmen Ja gewesen. Leihmutterschaft bin ich klar dagegen, Adoption soll allerdings erleichtert werden. Bin froh, dass die meisten Schweizerinnen und Schweizer Dinge differenziert betrachten und das Kindeswohl an erster Stelle stellen, ob es sich jetzt um Homo oder Hetero-Paare handelt.
Bin ich doch schlechter in Biologie als ich gedacht habe, oder warum verstehe ich nicht, was die Eizellenspende mit der "Ehe für alle" zu tun haben soll?
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«Im Ausland ist die Leihmutterschaft erlaubt. Wenn wir sie in der Schweiz weiterhin verbieten, verschliessen wir die Augen vor der Tatsache, dass auch Schweizer Kinder dank einer Leihmutter im Ausland zur Welt gekommen sind.»
Mit diesem Argument könnte man sämtliche Praktiken erlauben, die im Ausland legal sind und schon an Leuten mit Schweizer Pass vollzogen wurden. Kinderehe, Genitalverstümmelung? "Verschliessen wir nicht die Augen" und erlauben es!