Schweiz
Basel-Landschaft

Ricola mit Sirup fliegen bei Detailhändlern aus dem Regal

Ricola mit Sirup fliegen bei Detailhändlern aus dem Regal – nicht der erste Misserfolg

Die Schweizer Kultfirma lancierte neue Hustenstiller in Supermärkten und Apotheken. Doch nach vier Jahren verschwinden sie wieder. Zuletzt gab es auch andere Rückschläge für die Marke.
12.12.2023, 10:0012.12.2023, 10:52
Benjamin Weinmann / ch media
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IMAGE DISTRIBUTED FOR RICOLA GROUP AG FOR EDITORIAL USE ONLY - Die beruehmteste Schweizer Bonbonherstellerin eroeffnete am 9. Maerz 2023 ihren ersten Shop an der Amthausgasse 3 in Laufen. Das ist nich ...
Der Ricola-Shop in Laufen BL.Bild: keystone

Es ist eine simple Regel: Wenn die Temperaturen sinken, steigen die Umsätze von Ricola. Denn mit der Kälte nimmt die Zahl der Menschen zu, die am Hüsteln sind. Und da helfen die Kultbonbons aus dem Baselbieter Städtchen Laufen. Und das weltweit: Die Familienfirma stellt pro Minute 35'000 Bonbons her und exportiert sie in über 45 Länder. Pro Jahr sind das sieben Milliarden Zältli.

Ricola, Pfefferminze
Bild: zvg

Wie jede Firma versucht auch Ricola stets, Innovationen zu lancieren, um sich nicht bloss auf die altbekannten Blockbuster-Bonbons in verschiedenen Geschmacksvarianten zu verlassen, die sich in vielen Supermärkten gegenüber günstigeren Konkurrenzprodukten behaupten müssen.

Viermal teurer als die Klassiker

Ein Hoffnungsträger war deshalb die Linie «Multi-Active» in drei Geschmacksvarianten. Diese brachte Ricola 2019 auf den Markt. Im Vergleich zu den bisherigen Bonbons enthalten sie einen flüssigen Kern. Bei der Variante Pfefferminze ist es ein Menthol-Sirup, der für ein freies Atemgefühl sorgt. Und bei der Variante Kräuter ist es ein Eukalyptus-Sirup.

Die Hoffnung aus Herstellersicht: Die Bonbons würden nicht nur den Umsatz steigern, sondern insbesondere die Marge deutlich verbessern. So kostet die Schachtel à 44 Gramm beispielsweise bei den Amavita-Apotheken im Onlineshop 4.70 Franken. Die gelbe Dose mit den klassischen Kräuterzuckerbonbons à 250 Gramm bloss 5.70 Franken. Auf 100 Gramm gerechnet, kosten die Multi-Active-Hustenstiller somit rund viermal mehr.

Ricola Kräuterzucker Kraeuterzucker
Die Klassiker: Die Ricola-Kräuterzucker sind in den Supermarkt-Regalen mit günstigeren Konkurrenzprodukten konfrontiert.Bild: Keystone

Doch nach vier Jahren verschwinden die Multi-Active-Bonbons wieder aus den Regalen von Apotheken und Schweizer Detailhändlern wie Coop, wie Ricola-Sprecherin Sandra Kunz auf Anfrage bestätigt. Offensichtlich war die Nachfrage nicht genügend gross.

Dies dürfte auch mit der Platzierung im Supermarkt zu tun haben, wie Kunz durchblicken lässt: «Die Produkte waren in den Apotheken erfolgreich positioniert.» Doch in einer Coop-Filiale ist es sich die Kundschaft gewohnt, Ricola-Artikel im Bonbon-Regal oder an der Kasse zu finden. Die Multi-Active-Zältli hingegen waren im Umfeld von anderen Gesundheitsprodukten wie Calcium-Brausetabletten oder Vitamin-Präparaten.

Ricola Multi-Active
In manchen Onlineshops und Apotheken sind noch Restposten der Multi-Active-Bonbons erhältlich.Bild: zvg

Die Einstellung der vier Jahre alten Produktelinie habe keinen Stellenabbau zur Folge, sagt Kunz. «Die übrige Produktion läuft unvermindert unter Volllast weiter.»

Eine sinnbildliche Niederlage

Das Ende der Multi-Active-Linie ist sinnbildlich für die Bemühungen in der Vergangenheit, aus der erfolgreichen Kultmarke Ricola noch mehr Kapital zu schlagen und das Produktportfolio auszuweiten. Doch weder Ricola-Kaugummis, noch Nespresso-kompatible Teekapseln konnten sich im Markt behaupten. Sie verschwanden wieder. Genauso wie die «Ricola Herbal Immunity»-Bonbons. Diese verkaufte die Schweizer Firma in den USA von 2016 bis 2019 in bis zu 18'000 Supermärkten wie Walmart, Target, CVS, Walgreens und Rite Aide.

Zur abgesetzten Immunitäts-Linie gehörte auch ein Geleebonbon, das mit einem Partner in den USA produziert wurde. Dies war in der Firma unter der Führung von Verwaltungsratspräsident Felix Richterich ein Tabubruch. Denn ansonsten werden alle Ricola-Produkte in der Schweiz hergestellt.

Einstellung kurz vor Covid-Krise

Je nach Packung und Geschäft kosteten die Ricola-Neuheiten in den USA zwischen 7 und 10 Dollar – also ebenfalls deutlich mehr als die Ricola-Klassiker. Gut möglich, dass sie etwas später, nach dem Ausbruch der Covid-Pandemie Anfang 2020, bessere Erfolgschancen gehabt hätten.

Ob demnächst andere Innovationen folgen, will Ricola-Sprecherin Kunz nicht verraten. Nur: «Unsere Forschungs- und Entwicklungsabteilung erarbeitet die Rezepturen unter starkem Einbezug der Meinung der Konsumentinnen und Konsumenten.» Berücksichtigt würden dabei auch Markttrends und aktuelle, technische Entwicklungen. Zudem betreibt das Unternehmen seit letztem Jahr eine eigene Boutique in Paris sowie seit Frühling einen Erlebnisshop in Laufen, wo die Vielfalt das vielfältige Bonbon-Portfolio präsentiert wird.

Konkrete Geschäftszahlen nennt die Familienfirma keine. Der Umsatz habe sich 2023 gerade in Nordamerika und Europa sehr positiv entwickelt, sagt Kunz. Und auch in Asien erhole er sich wieder von den Covid-19-Massnahmen. (aargauerzeitung.ch)

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51 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Tubel vom Dienst
12.12.2023 11:37registriert Januar 2021
So läuft das im Unternehmensbereich, man bringt etwas neues auf den Markt und schaut wie sich das entwickelt. Wenn es gut läuft, bleibt es, wenn nicht verschwindet es wieder. Ein ganz normaler Vorgang.
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HappyUster
12.12.2023 12:42registriert August 2020
Irgendwas hat das Marketing falsch gemacht. Ich lese zum ersten mal von den Multi-Activ 🍬.
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Steasy
12.12.2023 10:28registriert Dezember 2019
"Pro Jahr sind das sieben Milliarden Zältli."

Mir war gar nicht bewusst, dass Ricola neben Husten-Bonbons auch kleine Zelte herstellt. Aber auf der anderen Seite wer draussen campiert holt sich eher eine Erkältung. Man lernt nie aus, I guess...

(Kommentar kann Spuren von Soja, Nüssen und Ironie enthalten)
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