Viel wird geredet, geschrieben und gewerweisst vor Bundesratswahlen. Am Ende passiert in den meisten Fällen, Geheimpläne hin, Nacht der langen Messer her, das Erwartbare.
Und doch, das macht den Reiz von Bundesratswahlen aus, gibt es Eigendynamiken und Überraschungen. Drei mögliche Szenarien.
Ausgangslage: Die Sozialdemokraten haben den Basler Regierungspräsidenten Beat Jans (59) und den Bündner Nationalrat Jon Pult (39) für das offizielle Ticket nominiert. Leer ausgegangen sind drei weitere SP-Politiker und eine SP-Politikerin.
Den Kommentar zum offiziellen SP-Ticket liest du hier. Und wer von den beiden die besseren Chancen hat, gewählt zu werden, steht in dieser Analyse.
So viel vorweg: Es wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Und es wird mehrere Wahlgänge brauchen. Denn die Bürgerlichen sind weder von Pult noch von Jans begeistert.
Wahl-Wahrscheinlichkeit: sehr hoch.
Der Blick zurück zeigt, die vereinigte Bundesversammlung hält sich seit der Blocher-Abwahl 2007 an das ungeschriebene Gesetz, nur noch Personen vom offiziellen Ticket zu wählen.
Ausgangslage: Das SP-Ticket mit Jans und Pult stösst bei manchen Bürgerlichen auf - sagen wir mal - mässigen Anklang. Fast täglich kursieren deshalb neue Namen, wer von der SP stattdessen gewählt werden (müsste) könnte.
Nicht nur SVP-Doyen Christoph Blocher hält Pult wie Jans für unwählbar und fordert eine dritte Person aus der SP zur Auswahl. Auch bei der Mitte gibt es Kritik am offiziellen SP-Ticket. Und zwar von Ständerat Pirmin Bischof, Präsident der Mitte-Gruppe im Ständerat und Mitglied des Parteipräsidiums. Nachzuschauen im Video-Ausschnitt der «Arena» hier:
Für eine wilde Kandidatur fallen die Namen des Zürcher Ständerats Daniel Jositsch, der vor einem Jahr 58 Stimmen erhielt, obwohl er schon damals von seiner Partei nicht nominiert wurde. Auch genannt wird die Basler Ständerätin und letztjährige Bundesratskandidatin Eva Herzog. Sowie jüngst Nationalrat und Ex-Fraktionschef Roger Nordmann.
Wahl-Wahrscheinlichkeit: Gering.
Die Spitzen von FDP, Mitte und SVP haben signalisiert, sich ans Ticket halten zu wollen. Der Grund: Alle haben ein Eigeninteresse am Machterhalt. Plus haben alle Parteien Bammel vor Retourkutschen. Das spricht dafür, dass sich an der Zauberformel – zumindest bei diesen Wahlen – nichts ändert.
Ausgangslage: Bei der Gesamterneuerung müssen sich die Bundesräte der Wiederwahl in der Reihenfolge ihrer Amtsdauer stellen. Bereits in der zweiten Runde greifen die Grünen mit Gerhard Andrey somit den FDP-Sitz von Ignazio Cassis an.
Da dies chancenlos ist, kursiert ein anderes Szenario: Ein Schulterschluss der SP mit der Mitte-Fraktion (dass dies gelingen kann, wissen wir seit der Abwahl von Christoph Blocher 2007). Konkret: Einigen sich die beiden Fraktionen, statt des Grünen-Kandidaten jemanden von der Mitte – namentlich Nationalrat Martin Candinas oder Parteichef Gerhard Pfister – zu wählen, könnte der Coup gelingen.
Ein anderes Gerücht: Auch die SVP hat ein Interesse daran, der Mitte einen zweiten Sitz zu verschaffen. Denn dass der Freisinn früher oder später einen Sitz abgeben muss, ist einzig eine Frage der Zeit. Also verhilft die SVP jetzt einem Mitte-Mann nach ihrem Gusto zur Wahl – und kann im letzten Wahlgang bei der Berset-Nachfolge zudem ungestraft einen wilden SPler wählen. Die Zauberformel, sie wäre dann ja ohnehin schon tot, so diese Logik.
Wahl-Wahrscheinlichkeit: Sehr gering.
Der Grund: Ein veröffentlichter «Geheimplan» ist ein Widerspruch in sich selber.
Warum soll das beim Bundesrat anders sein?