Die Corona-Zahlen kennen in der Schweiz gerade nur eine Richtung: nach oben, immer weiter. Längst ist die Schweiz ein Risikogebiet, und zwar nach ihrem eigenen Massstab. Für Einreisende gilt nämlich: wer aus einem Land in die Schweiz kommt, das in den letzten 14 Tagen pro 100'000 Einwohner über 60 Corona-Neuinfektionen aufweist, der muss zuerst einmal zehn Tage in Quarantäne. Es gab eine Zeit, in der sich die Schweiz weit unter diesem Wert bewegte. Doch damit ist es vorbei. Gestern meldete das Bundesamt für Gesundheit (BAG) 136 Fälle pro 100'000 Einwohner in den letzten 14 Tagen; kaum mehr ein Kanton im ganzen Land liegt überhaupt unter der Risikogebiet-Grenze des BAG.
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Mitunter hat das schwer vermittelbare Folgen. Zum Beispiel jene, dass Menschen aus Ländern einreisen, die gerade weniger stark vom Virus betroffen sind als die Schweiz - und dann hier trotzdem zuerst einmal in Quarantäne müssen. Das gilt zum Beispiel für Dänemark, wo die 14-Tage-Inzidenz bei 100 liegt.
Stimmen wie die von FDP-Politikern wie Andrea Caroni oder Marcel Dobler, die das aktuelle Einreiseregime als absurd bezeichnen, werden deshalb immer lauter. Auch aus Wirtschaftskreisen wächst der Druck auf das BAG, die Quarantäneregeln zu überarbeiten. Dabei wird eine Reihe von Gründen angeführt. Unter anderem, dass sich die Schweizer Vorgaben stark von jenen in den Nachbarländern unterscheiden. Philipp Hadorn, Präsident von SEV-GATA, der Gewerkschaft des Luftfahrt-Bodenpersonals, zieht als Beispiel die Situation am EuroAirport Basel-Mulhouse-Freiburg heran. Wer dort aus einem Risikoland einreist und die Schweiz als Endziel hat, muss 10 Tage in die Quarantäne. Passagiere, die nach Frankreich weiterreisen, bleibt diese erspart, sofern sie einen negativen Corona-Test vorweisen können. Dieser darf nicht älter als drei Tage sein. Deutschland kennt eine ähnliche Regel, allerdings darf der Test nicht älter als 48 Stunden sein.
«Dieser Flickenteppich ist absurd», sagt Hadorn. Er verlangt vom Bundesrat, dass dieser sich für ein «adäquates und möglichst einheitliches Corona-Test - und Quarantänesystem» in Europa einsetzt. Der ehemalige Nationalrat hat im Namen von SEV-GATA und anderen Gewerkschaften aus der Luftfahrt-Branche gestern einen offenen Brief an den Bundesrat geschickt, der diese Forderung bekräftigt. Es gehe, sagt Hadorn, auch darum, Arbeitsplätze im Land zu halten.
Die Luftfahrtbranche ist nicht die einzige, die Druck macht. Auch Andreas Züllig spricht von einem «riesigen Problem». Züllig ist Präsident von Hotelleriesuisse. Er sagt, die Gäste aus Belgien, Holland oder Grossbritannien buchten derzeit wegen der strikten Quarantäne-Regeln keine Ferien in der Schweiz. Alle drei Länder stehen auf der Risikoliste. Wer einreisen will, müsste zehn Tage in Quarantäne - nicht gerade ein Anreiz, die anstehenden Winterferien in der Schweiz zu verbringen. «Die aktuelle Unsicherheit ist Gift. Es braucht dringend Planungssicherheit für die Gäste», so Züllig.
Auch beim Wirtschaftsdachverband Economiesuisse heisst es, das Quarantäne-Regime müsse «dringend angepasst werden». Zwar gibt es für Reisen von Geschäftsleuten eine Quarantäne-Ausnahme, falls sie nicht aufschiebbar sind und weniger als fünf Tage dauern. Laut Roger Wehrli, stellvertretender Leiter Wirtschaftspolitik bei Economiesuisse, reicht das aber nicht. Angestellte müssten immer noch zu oft in Quarantäne. «Das kostet», sagt Wehrli.
Es soll etwas passieren. Und zwar schnell. Darin sind sich die Wirtschaftsvertreter einig - trotz rasant steigender Fallzahlen in ganz Europa. Grosse Hoffnungen setzt man auf Schnelltests. Diese sollen es möglich machen, die Einreisequarantäne abzuschaffen. «Wir hoffen, dass der Bund sie bald einführt», sagt Hotelleriesuisse-Präsident Züllig. Dann könne man die Gäste bei der Einreise flächendeckend testen - und ihnen bei einem negativen Ergebnis die Quarantäne ersparen. Auch FDP-Nationalrat Marcel Dobler sieht die Schnelltests als mögliche Lösung. Epidemiologe Marcel Tanner von der Corona-Taskforce des Bundes sagt, Schnelltests könnten eine wichtige Rolle spielen. «Sie geben eine Perspektive», so Tanner. Allerdings sei eine sorgfältige Validierung wichtig.
Beim Bundesamt für Gesundheit ist man seit längerem mit dieser Validierung beschäftigt. Zurzeit gebe es aber noch keinen verlässlichen und validierten Test, der auch ausserhalb von Labors eingesetzt werden könne. Eine Anpassung der Quarantäneregeln werde derzeit überprüft, heisst es weiter.
Mehr als 1000 Fälle werden nun täglich gemeldet. Doch wie hoch ist die Dunkelziffer? Klar ist: Sie ist viel tiefer als noch im Frühling während der ersten Welle.
Damals, als noch viel weniger getestet wurde, wurde nur eine von zehn Infektionen erfasst. Das zeigte sich im Sommer, als mittels Antikörperteststudien klar wurde, wie viele Personen mit dem Erreger Kontakt hatten.
Wie hoch die Dunkelziffer momentan ist, ist unklar. Epidemiologe Christian Althaus hat dazu eine neue Forschungsarbeit gemacht, die allerdings noch nicht geprüft wurde.
Gegenüber dem «Tages-Anzeiger» schätzte er letzte Woche die Dunkelziffer nur noch zwei- oder dreimal höher als die aktuellen Testergebnisse. Das hiesse, dass ein Drittel bis die Hälfte aller Fälle erkannt werden. Aktuell gibt es genug Testmaterial – dies könnte sich im Winter aber ändern. (kus) (aargauerzeitung.ch)
Aber wenn eure ads meinen Musikplayer pausieren sobald das ad ins bild kommt, geht das echt zu weit.
Aktuell gerade eins von Dyson.. passiert beim refresh aber immer wieder..
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