Schweiz
Energie

Parlament sucht den Strom-Deal, doch in der SVP kursiert ein Masterplan

Bundesrat Albert Roesti spricht an einer Medienkonferenz ueber die Botschaft zur Aenderung des Schwerverkehrsabgabe-gesetzes (Weiterentwicklung der leistungsabhaengigen Schwerverkehrsabgabe), am Mittw ...
Energieminister Alber Rösti.Bild: keystone

Das Parlament sucht den Strom-Deal – in der SVP kursiert ein Masterplan

Taktikstunde im Stöckli: Sollte es keinen Kompromiss um den raschen Zubau der Erneuerbaren geben, kommt es wohl zur unheiligen Allianz. Für Energieminister Rösti wäre es das schlechtere von zwei mühsamen Szenarien.
07.06.2025, 20:4107.06.2025, 20:41
Benjamin Rosch / ch media
Mehr «Schweiz»

Beschleunigungserlass heisst das Ding. Gedacht, um den Bau von Kraftwerken mit Erneuerbarer Energie rasch voranzutreiben, indem die Bewilligungsverfahren gestrafft werden. Doch statt Tempo droht Stillstand. Nach der Beratung des Ständerats vom Donnerstag ist die Vorlage akut absturzgefährdet.

Hauptstreitpunkt sind die Beschwerdemöglichkeiten rund um 16 geplante Wasserkraftprojekte. Sie sollen die Versorgungssicherheit der Schweiz im Winter stärken, das Volk hat in der Abstimmung über das Stromgesetz bereits Ja gesagt dazu. Ein bürgerliches Powerhouse aus FDP- und Mitte-Ständeräten will für diese das Verbandsbeschwerderecht der Umweltorganisationen ausser Kraft setzen.

Der Vorschlag geht zurück auf FDP-Präsident Thierry Burkart. «Dieser Ausschluss des Verbandsbeschwerderechts würde jahrelange Prozedere unnötig machen», sagte Mitte-Ständerat und bürgerlicher Wortführer Beat Rieder. Es brauche ein «kräftiges Zeichen», um die Energiewende zu schaffen.

Es ist der Bruch eines Versprechens. Im Abstimmungsbüchlein zum Stromgesetz stand, dass die Beschwerdemöglichkeiten für die 16 Wasserkraftprojekte nicht beschnitten würden. Mit ihrem Angriff versuchen die Bürgerlichen jetzt, Rot-Grün in die Zwickmühle zu drängen. Entweder gibt die Ratslinke der Attacke auf den Naturschutz nach, oder sie lassen contre cœur den raschen Zubau der Erneuerbaren fallen.

«Wenn ich durchs Land ziehe und sage, man könne weiterhin Beschwerde einlegen, dann kann ich jetzt nicht das Gegenteil sagen», sagte Energieminister Albert Rösti an die Ständeräte gerichtet. Der Appell des SVP-Bundesrats zu einem Kompromiss verhallte ungehört gemeinsam mit jenem der grossen Stromkonzerne von vergangener Woche. Am Ende blieb der Ständerat mit 25 zu 18 Stimmen auf Rieders Linie.

Die harte Linie der SVP

Noch bevor der Nationalrat sich einmal über das Geschäft beugt, richten sich die Augen auf die SVP. Diese trifft sich nächsten Dienstagmorgen zur Fraktionssitzung. Wie mehrere Stimmen aus der Partei erzählen, sollen dann die ersten Schritte einer übergeordneten Strategie beschlossen werden.

Dem Vernehmen nach will die Parteileitung den Beschleunigungserlass unabhängig der parlamentarischen Verhandlungen bekämpfen. Danach will sie das nahende Stromabkommen mit der EU bodigen – damit als letzte Alternative nur noch neue Kernkraftwerke infrage kommen. Den wenigen Abweichlern dieser Linie wird es darum gehen, die Partei vor diesem Masterplan Atom zu spalten. Ihre Chancen stehen nicht besonders gut: In der Vergangenheit sperrten sich zwei Drittel der SVP jeweils konsequent gegen die Unterstützung der Erneuerbaren.

Ein schlechtes und ein sehr schlechtes Szenario für Rösti

Eine «unschöne Geschichte» nannte Rösti das drohende Referendum, welches dieses Geschäft seit Beginn weg begleitet. Auch für ihn: In diesem Fall müsste er wohl nach Strom- und Klimaschutzgesetz erneut einen Abstimmungskampf gegen die eigene Partei ausfechten. Und doch ist dieses das bessere von zwei schlechten Szenarien für den SVP-Magistraten.

Doch just die Blockadehaltung der SVP hilft der Ratslinken im Verhandlungspoker. Wer sich in den Parteizentralen der SP und der Grünen umhört, erfährt schnell: Bleibt die Vorlage in der Fassung des Ständerats, kommt es gar nicht erst zu einem Votum des Volks. «Dann sind wir gezwungen, den Beschleunigungserlass in der Schlussabstimmung abzulehnen», sagt stellvertretend SP-Nationalrat Jon Pult. «Eine solche Attacke auf das Verbandsbeschwerderecht können wir schon aus staatspolitischer Verantwortung nicht dulden.»

Die SVP bietet in diesem Fall dazu den Steigbügel: Eine unheilige Allianz von Links und Rechts und der Beschleunigungserlass wäre mattgesetzt. Rösti, aber auch die Bürgerlichen stünden mit leeren Händen da.

Dies wiederum erhöht den Druck auf FDP und Mitte, doch noch in einen Kompromiss einzulenken, um am Ende nicht mit leeren Händen dazustehen. Ein vergleichsweiser Nebenschauplatz zeigte, dass dies durchaus möglich ist. Mit einem Last-minute-Antrag zimmerte die Urner Mitte-Ständerätin Heidi Z'graggen einen Deal bei umstrittenen Ersatz- und Ausgleichsmassnahmen zugunsten der Umwelt bei grossen Kraftwerksbauten. Und bewies: Widerstand erfahren Rieder und Burkart auch aus der bürgerlichen Mitte. (nib/aargauerzeitung.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Jürg Halters SVP-Kampagne
1 / 8
Jürg Halters SVP-Kampagne
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Bundesrat Albert Rösti: «Ich habe nicht erwartet, dass Trump einen Zollstreit entfacht»
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
25 Kommentare
Dein Kommentar
YouTube Link
0 / 600
Hier gehts zu den Kommentarregeln.
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Okay, Boomer
07.06.2025 21:01registriert Juli 2022
„ damit als letzte Alternative nur noch neue Kernkraftwerke infrage kommen“
Sind die Sünnelis so dumm, dass sie nicht wissen, dass der Bau eines neuen AKW 30 Jahre dauert, oder planen sie bewusst auf eine Stromlücke hin, damit sie vielleicht ein paar Stimmen mehr erhalten?
923
Melden
Zum Kommentar
avatar
up4you
07.06.2025 21:25registriert März 2023
Erneut ein Paradebeispiel dafür, dass bürgerliche Exponenten nach einem klaren Volksentscheid an der Urne nicht willens und bereit sind, Volksentscheide zu respektieren, geschweige denn umzusetzen. Gerade jene Parteien reden immer vom Schutz der direkten Demokratie und davon, Volksentscheide zu respektieren, handeln später aber gerade entgegengesetzt. Was für eine Verlogenheit und Heuchelei!
814
Melden
Zum Kommentar
avatar
Vitai Lampada
07.06.2025 21:31registriert Dezember 2022
Leider nützen alle die schönen "Beschleunigungen" nichts, wenn dann einfach die Netzanschlüsse blockiert werden?
Es fehlt das ganzheitliche Denken bei den Politikern, Genau so wie das Ökonomische Denken fehlt bei den AKW Phantasten.
493
Melden
Zum Kommentar
25
    Übernachten in der Natur: Das gilt beim Wildcampen
    Die Temperaturen stimmen, die Natur ruft. Ob mit Wohnmobil oder im Zelt, Campen ist in der Schweiz beliebt. Doch zum Schutz von Tieren und Umwelt gibt es Regeln. Was du beachten musst, wenn du wildcampen möchtest.

    Den Camper laden oder das Zelt einpacken und los geht’s – viele Menschen verbringen ihre Ferien gerne in der Natur, irgendwo abgeschieden und unterwegs.

    Zur Story