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Felssturz Blatten: Soforthilfe des Bundes steht bevor

A helicopter flies over the landslide a few days after a massive avalanche, triggered by the collapse of the Birch Glacier, shows the destruction it caused as it swept down to the valley floor and dem ...
Ein «Jahrtausendunglück» nannte Umweltminister Albert Rösti den Felssturz von Blatten – und stellt Hilfe in Aussicht.Bild: keystone

Eiltempo in der Landesregierung: Zwei Bundesräte werkeln an einer Soforthilfe für Blatten

Bereits am Freitag könnte der Bundesrat über Geld für das Lötschental sprechen. Der Grund ist auch politischer Natur.
03.06.2025, 09:5503.06.2025, 09:55
Benjamin Rosch / ch media
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Sichtlich bewegt von den Ereignissen im Lötschental traten vergangene Woche Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter und Umweltminister Albert Rösti vor die Medien. «Das ist ein Jahrtausendunglück», sagte Rösti. Und Keller-Sutter versprach der Bevölkerung: «Sie sind nicht alleine.» Sie sicherte dem vom Bergsturz versehrten Dorf die Hilfe des Bundes zu und stellte für die erste Bundesratssitzung nach dem Unglück eine «erste Auslegeordnung» in Aussicht.

«Zunächst geht es darum, sich eine Übersicht über die zur Verfügung stehenden Instrumente zu verschaffen», sagt dazu Rösti. Bei einem Unglück wie diesem griffen eingespielte Prozesse, welche die finanziellen Beteiligungen von Gemeinde, Kanton und Bund festlegen. «Dabei geht es nicht darum, einen fixen Betrag zu prognostizieren, denn die Gesamtkosten lassen sich noch nicht abschätzen.» Vielmehr liessen vergangene Katastrophen, wie etwa im Bavonatal von vergangenem Jahr, Rückschlüsse über die prozentuale Beteiligung des Bundes zu.

Das ist aber nicht alles. Informationen dieser Zeitung zufolge werkeln Röstis Leute zusammen mit Keller-Sutters Finanzdepartement zusätzlich an einer Soforthilfe zugunsten von Blatten. Involviert sind mehrere Dienststellen, vom Bundesamt für Raumentwicklung bis zum Bundesamt für Umwelt. Auch Verteidigungsminister Martin Pfister, der ebenfalls in Blatten war, soll seine grundsätzliche Bereitschaft für ein solches Vorhaben signalisiert haben.

Bundesraetin Karin Keller-Sutter, Mitte, spricht neben Bundesrat Albert Roesti, links, und Bundesraetin Elisabeth Baume-Schneider, rechts, an einer Medienkonferenz zum Entlastungsprogramm fuer den Bun ...
Albert Rösti und Karin Keller-Sutter wollen Soforthilfe für Blatten.Bild: keystone

«Aussergewöhnliche Situationen erfordern aussergewöhnliche Massnahmen»

Noch ist allerdings völlig offen, wie diese Hilfe aussehen könnte. Eine Sprecherin bestätigt lediglich einen engen Kontakt mit dem Kanton Wallis und der Gemeinde. Diese müssten zuerst ihre Bedürfnisse äussern.

«Aussergewöhnliche Situationen wie diese erfordern auch aussergewöhnliche Massnahmen», sagt SVP-Bundesrat Rösti, der sich dazu aber inhaltlich nicht mehr entlocken lässt. «Klar ist: Wir waren vor Ort und haben rasche und unbürokratische Hilfe versprochen. Diesem Versprechen gilt es nun Taten folgen zu lassen.» Das Finanzdepartement wollte sich auf Anfrage nicht äussern.

Im Fokus stehen wohl weniger die persönlichen Habseligkeiten der evakuierten Menschen aus der Gemeinde Blatten: Dafür kommen in der Regel rasch Versicherungen auf. Vielmehr dürften sich die Diskussionen um Hilfestellungen drehen, der Gemeinde möglichst rasch zu so etwas wie einem Alltag zu verhelfen: Brauchen die Kinder nun Schultransporte? Hat die Gemeinde Bedarf für Container oder andere spontane Räumlichkeiten? Hier könnte der Bund (finanzielle) Unterstützung anbieten.

Die Gefahr im Bergsturzgebiet bleibt derweil laut einer aktuellen Mitteilung des Kantons Wallis sehr hoch. Am Kleinen Nesthorn sei erneut eine sehr hohe Aktivität registriert worden, es seien noch immer mehrere hunderttausend Kubikmeter Fels instabil. «In der Mulde des Birchgletschers bildet sich ein kleiner See», schreiben die Behörden am Montag. Der Korridor oberhalb des Gletschers fasse etwa 300'000 Kubikmeter und es könnten Murgänge in diesem Couloir auftreten. Ein grösserer Einsatz auf dem Schuttkegel ist deshalb derzeit nicht möglich.

Die Soforthilfe hat nicht nur aufgrund der prekären Lage im Lötschental hohe Dringlichkeit, sondern auch aufgrund des politischen Timings. Am Montagnachmittag hat in Bern die Sommersession der eidgenössischen Räte begonnen. Da das Schicksal der Blattnerinnen und Blattner die Schweiz bewegt, sind von verschiedener Seite Vorstösse zu deren Unterstützung zu erwarten. Will der Bundesrat in dieser Angelegenheit weiterhin den Takt vorgeben und sich nicht in politische Diskussionen verstricken, muss er schnell Tatsachen schaffen.

Auch ein Eilgesetz wird diskutiert

Gleichzeitig bedeutet die Sommersession auch eine Chance: Dem Vernehmen nach diskutierte das Departement Rösti auch Massnahmen, welche noch nicht über einen nötigen gesetzlichen Rahmen verfügten. Mittels Eilgesetz könnte dies aber in den kommenden drei Sessionswochen nachgeholt werden. Der Bund hat deshalb zwei Gänge hochgeschaltet. Um am Freitag bereits eine erste Diskussion führen zu können, muss das Traktandum am Mittwochmorgen bei der Bundeskanzlei deponiert werden.

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36 Kommentare
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001328.9cb45ed3@apple
03.06.2025 10:10registriert Februar 2025
Schön wie sich die Regierung medienwirksam in Szene setzt. Tatkräftig packen sie an als ginge es um alles, zeigen Mitleid und wie schnell man etwas erreichen kann.

Ob der hängige Antrag zur Versorgung von Long Covid Erkrankten auch so schnell bearbeitet wird? Ach nein, ist seit 2021 beim Bundesrat hängig. Aber gibt hald auch nicht dieselben Bilder….
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Yippie
03.06.2025 10:17registriert Februar 2016
Irgendwie skuril, dass der Bund nicht die Möglichkeit hat, sagen wir mal 10 mio CHF kurzfristig bereitzustellen bei solchen Ereignissen.

Langfristig müsste man wohl so was wie einen Katstrophenfonds einrichten, der jährlich mit einem Betrag vom Bund (evtl. auch den Kantonen) aufgefüllt wird und wo der Bundesrat anschliessend unter definierten Rahmenbedingungen Gelder sprechen kann. Es ist halt nun mal kein Jahrtausendereigniss lieber Ölbert.
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AFK
03.06.2025 11:05registriert Juni 2020
Jahrtausendunglück? Ich vermute es war nicht mal ein Jahrhundertunglück. Und so krass die Bilder sind, es hat 1 Mensch sein Leben verloren und 300 Bewohner ihr Wohnort. Wir haben Bedrohungen wie: Erdbeben, Stürme, Kriege, Terror, Hochwasser und Dürren. Diese können und werden massiv grössere Auswirkungen haben im Laufe dieses Jahrhundert.
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