In der Smartphone-App Telegram, die für anonyme Kommunikation bekannt ist, geht es zu und her wie auf einem Markt. Gibt man den Begriff «Impfpass» ein, erscheinen mehrere Kanäle, auf denen Nachweise einer Corona-Impfung angeboten werden, ohne dass die Impfung auch tatsächlich vorgenommen wurde. Dort heisst es zum Beispiel: «Wenn Sie sich nicht impfen lassen möchten, können Sie das Impfbuch oder einfach nur den QR-Code für den Impfstoff bei uns bestellen.» Zielgruppe der Angebote sind in erster Linie Impfgegner, die trotz ihrer Haltung von Erleichterungen für Geimpfte profitieren wollen. Viele Coronaskeptiker tauschen sich auf Telegram aus.
Bisher richteten sich die deutschsprachigen Angebote vor allem an ein Publikum in Deutschland. Nun haben die Betrüger den Schweizer Markt entdeckt. Ein Anbieter stellte ein Bild des Impfzentrums der Messe Luzern in den Chat und schrieb dazu: «Für alle Schweizerinnen und Schweizer, die ohne Impfung einen Impfpass erhalten möchten, können wir Sie bei dieser Impfstelle registrieren lassen und die Karte an Ihre Lieferadresse liefern.» Kontakt soll man über eine deutsche Handynummer oder über eine Gmail-Adresse aufnehmen.
In einem anderen Kanal bietet jemand «originale Impfpässe aus der Schweiz an, mit original Sticker». Wer einen solchen will, solle 120 Franken in Form der Kryptowährung Bitcoin an einem SBB-Automaten beziehen und diese dann digital überweisen. Auf diese Weise bleibt der Anbieter anonym. Die Auslieferung der Ware soll dann per Post erfolgen. Der Anbieter behauptet, einen Impfausweis mit dem Stempel einer Arztpraxis im Aargau zu liefern.
Ob die Betrüger nur bluffen und das Geld kassieren wollen oder tatsächlich einen gefälschten Impfausweis im Angebot haben, ist unklar.
Den Schweizer Behörden scheinen die dubiosen Angebote noch nicht aufgefallen zu sein. Bei der Bundespolizei heisst es, die Kantone seien zuständig. Eine Umfrage bei den Kantonspolizeien zeigt, dass der Handel mit falschen Impfpässen kein Thema ist oder die Korps ihre «Prioritäten auf anderen Hotspots» haben. Die Antworten der Korps klingen sehr ähnlich. Es gebe bisher keine Hinweise auf gefälschte Impfausweise. Wenn es solche geben sollte, gehe man dem nach.
Ganz anders in Deutschland: In der Stadt Köln kümmert sich eine spezielle Ermittlerkommission mit dem Codenamen «Stempel» um das Thema. In der Metropole am Rhein laufen zurzeit 23 Verfahren im Zusammenhang mit gefälschten Impfpässen. Kriminalhauptkommissarin Nicole Gentner leitet die Einheit. Sie sagt:
Sie geht davon aus, dass hinter den meisten Angeboten nicht die Absicht stehe, auch tatsächlich einen gefälschten Impfausweis zu liefern. Die Betrüger kassierten oft einfach das Geld. Aber sie sagt auch: «Es sind tatsächlich falsche Pässe im Umlauf». Diese seien zum Teil einfach zu erkennen. «Wir haben schon Rechtschreibfehler im falschen Stempel gesehen. Manchmal ist auch zweimal die gleiche Chargennummer eingetragen oder die Impfdaten liegen nicht zeitlich plausibel auseinander.»
Die mutmasslichen Täter kommen nach der Einschätzung von Gentner aus ganz unterschiedlichen Milieus. Zum einen haben kriminelle Organisationen ein neues Geschäftsfeld entdeckt. Zum anderen gebe es aber auch Ärzte, die gefälschte Ware anböten. «Es ist ein ähnliches Phänomen wie bei den ärztlichen Befreiungen vom Mund-Nasen-Schutz, die zum Teil missbräuchlich ausgestellt wurden», sagt Gentner.
Impfausweise zu fälschen ist relativ einfach. Die Vorlage kann ganz legal in der Apotheke oder bei grossen Versandhäusern bezogen werden. Die Impfung wird dann mit Kugelschreiber, Stempel und allenfalls einem Aufkleber des Impfstoffherstellers eingetragen. Im Unterschied zu offiziellen Ausweisdokumenten fehlen Schutzmuster oder UV-Aufdrucke, die Fälschungen erschweren. Das schien bisher auch nicht nötig. Erst mit der Coronapandemie entstand vonseiten der Behörden ein Interesse daran, genau prüfen zu können, ob eine Person geimpft ist oder nicht.
Allerdings reicht ein Impfausweis in der Schweiz nicht aus, um zum Beispiel im Ausgang einen Club zu besuchen. Es braucht ein offizielles Zertifikat des Bundes, das mit einem QR-Code versehen ist. Zudem muss man den Ausweis zeigen.
Die Achillesferse des Betruges ist darum die Umwandlung eines gefälschten Impfausweises in ein Coronazertifikat. Die Internet-Betrüger raten ihren Kunden, mit dem gefälschten Pass in eine Apotheke zu gehen, um dort an das Zertifikat zu gelangen. Sie versprechen, dass dies ganz leicht möglich sei. Allerdings dürfte dies in Realität doch nicht so leicht sein: Der Apothekerverband Pharma-Suisse empfiehlt den Apotheken, nur selbst durchgeführte Covid-Impfungen einzutragen respektive zu übertragen. Bei einer Übertragung sollen Apotheker «mit grösster Sorgfalt auf die Echtheit der vorgelegten Bestätigung achten», heisst es auf Anfrage. Der Verband weist zudem darauf hin, dass es keine Verpflichtung gebe, in Apotheken die Übertragung anzubieten, wenn die Covid-Impfung nicht auch dort vorgenommen worden sei.
Zudem darf nicht jede Stelle, die Zertifikate ausstellt, auch solche Übertragungen machen. Gemäss Verordnung müssen die Kantone Aussteller «mit weitergehenden Rechten» bestimmen, die solche Einträge «ohne Primärnachweis» machen dürfen. Diese Aussteller müssen «ein hohes Vertrauen geniessen und im Umgang mit besonders schützenswerten Gesundheitsdaten vertraut sein». Im Kanton Aargau zum Beispiel hat nur der kantonsärztliche Dienst diese Kompetenz.
Trotz aller Schwierigkeiten: Hauptkommissarin Gentner aus Köln beobachtet eine grosse Nachfrage nach falschen Impfpässen. «Und solange das so ist, wird es auch solche Angebote geben», sagt sie. (bzbasel.ch)
Miicha
Auch die ganzen Jungen die nun wieder tanzen gehen und vor den Clubs Tests machen. Lasst euch doch eifach impfen!!
Max Dick
Magnum
In Enschede, Niederlande kam es genau wegen solcher gefälschter Zertifikate nach der Wiedereröffnung der Clubs zu einem Fall, wo sich von 600 Clubbesuchern mindestens 165 angesteckt haben. Einfach nur unsäglich.
Und darum: Pfefferscharf gegen diesen Unfug vorgehen.