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Feine Sahne Fischfilet im Interview über ihr neues Live-Album

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«Die meinen jetzt, wir wären die langweiligste Band der Welt»

«Feine Sahne Fischfilet» erklären im Interview mit watson, was ihnen an der Schweiz besonders gefällt, wieso ihnen die Kritik der SVP egal ist und warum man sie für die langweiligste Band der Welt halten könnte.
26.11.2023, 13:38
Anna Böhler
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Am 17. November hat die deutsche Punkband «Feine Sahne Fischfilet» ihr neues Live-Album «Alles glänzt – Alles Live» herausgebracht. Bald gehen sie damit auf Tour – und machen dabei auch Halt in Zürich. watson hat mit Sänger Monchi und Schlagzeuger Olaf am Release-Tag gesprochen.

Wir erreichen Monchi und Olaf per Zoom-Videochat. Nach anfänglichen Verbindungsschwierigkeiten kommt unser Telefonat dann doch noch zustande. Monchi sitzt gerade zu Hause in Mecklenburg-Vorpommern am Tisch und Olaf ist in Berlin zu Besuch bei seiner Freundin, bevor es dann bald losgeht auf die dreiwöchige Tournee.

Freut ihr euch auf die Tour?
Olaf: Ja, total. Das Schöne ist, dass wir vom Sommer immer noch eingespielt sind.

Ihr wart ja auch ganz schön viel unterwegs …
Olaf: Die Konzerte lagen halt weiter auseinander. Darum ist es noch mal etwas anderes, jetzt eine kompakte Tour zu machen und mit der gleichen Crew von Anfang bis Schluss durchzuziehen. Da habe ich richtig Bock darauf.

Wie sieht euer Alltag auf Tour aus?
Monchi: Der besteht zum grössten Teil aus Warten: bis du ankommst, bis die Bühne aufgestellt ist, auf den Soundcheck, auf den Einlass.

Das hört sich ja fast langweilig an.
Monchi: Jahrelang sass ich dann einfach herum in den immer selben Hallen und Locations. Mittlerweile nehme ich
mein Fahrrad mit auf Tour, damit ich etwas herumkomme in den Städten, die wir besuchen.

Und dann fährst du jeweils einfach drauflos?
Monchi: Entweder so oder ich treffe mich mit Bekannten. Wir machen das jetzt seit 20 Jahren – wir kennen mittlerweile gefühlt in jeder Stadt Menschen, die wir gerne wiedersehen möchten.

Was hast du geplant für deinen Halt in Zürich?
Monchi: Mein Kumpel meinte, es gäbe in der Mitte der Stadt einen See, wo man in die Sauna gehen und Eisbaden kann.

Aber Backstage chillen hat doch auch etwas, oder nicht?
Monchi: Diese Backstagebereiche sehen überall gleich beschissen aus. Das sind kahle, kalte Räume, mit einem Coca-Cola-Kühlschrank, einer Couch und einem Spiegel. Darum ist es immer noch das i-Tüpfelchen eines Tour-Tages, wenn ich so etwas erleben darf.

Und der Rest der Band bleibt Backstage?
Olaf: Nein, Monchi schafft es dann immer, uns zu motivieren, auch etwas zu unternehmen. Ich werde vor lauter Konzertstress jeweils ziemlich lethargisch und bin dann froh, wenn ich mich doch noch aufraffe.

Was macht ihr, wenn euch im Backstage doch die Langweile packt?
Olaf: Unser Bassist Kai ist ein grosser Spiele-Enthusiast und hat meistens etwas zum Spielen dabei – dann gibts manchmal eine Runde Boccia in der Halle.

Monchi: Die meinen jetzt, wir wären die langweiligste Band der Welt (lacht).

Habt ihr ein Ritual, bevor ihr die Bühne betretet?
Monchi: Wir stellen uns im Kreis auf, umarmen uns und dann gibts meistens von mir eine kurze Rede. Manchmal ist sie Quatsch, manchmal ist sie emotional. So haben wir nochmal einen Moment, in dem wir zusammenkommen, bevor wir gemeinsam die Bühne betreten und alles rundherum vergessen.

Wieso habt ihr ein Live-Album herausgebracht?
Olaf: Uns gefallen Live-Alben sehr gut, deshalb stand ein eigenes ganz zuoberst auf unserer Liste.

Dann packt aus: Was sind eure liebsten Live-Alben?
Olaf: Wir alle fanden das Album «Blechdose» von der deutschen Punkband «Terrorgruppe» super. Obwohl wir alle sehr unterschiedlich sind, konnten wir uns früh darauf einigen, dass wir dieses Album alle geil finden.

Habt ihr euch davon inspirieren lassen?
Olaf: Das Live-Album beinhaltet ihre besten Lieder und wir wollten ebenfalls unsere alten Lieder, die wir heute noch live spielen, aufnehmen und zu einem Album zusammenfügen. Livemusik war immer schon unsere Stärke.

Seid ihr live besser als im Studio?
Olaf: Mittlerweile sind wir schon ganz in Ordnung als Studio-Band, aber am wohlsten fühlen wir uns draussen auf der Bühne, wenn wir live vor Publikum spielen können. Wenn ich auf der Platte höre, wie laut das Publikum ist, wird mir ganz warm ums Herz.

Monchi: Wir machen keine Musik für den Proberaum, sondern für die Bühne. Bei Live-Platten dachte ich mir früher immer, dass das bloss die richtig grossen Bands machen. Ich höre ja eigentlich nur selten unsere eigene Mucke.

Aber jetzt plötzlich schon?
Monchi: Ich fühle mich beim Hören unseres Live-Albums einfach direkt an den Auftritt erinnert. Wenn ich den Text nicht mehr wusste oder einen Ton nicht traf, trug die Menge uns darüber hinweg. Und wenn wir dieses Gefühl mit dieser Platte auch anderen Menschen geben können, ist es das Geilste, was uns passieren kann.

Habt ihr schon erste Reaktionen erhalten?
Monchi: Es ist neun Uhr und ich habe diese Nacht bloss drei, vier Stunden geschlafen, weil ich so aufgeregt bin und es gleich lesen will, wenn die Fans etwas schreiben.

Was schreiben sie denn?
Monchi: Man konnte die CD ja vorbestellen. Und jetzt bekommen wir Fotos und Videos von Fans, die die Platte Zuhause hören und dazu tanzen. Oder Menschen, die uns schreiben, dass sie das Album in Dauerschleife auf dem Weg zur Arbeit hören. Solche Reaktionen sind das Geilste, was man als Band erleben kann.

Es ist euch natürlich wichtig, was die Fangemeinschaft vom Sound hält.
Monchi: Ich habe letztens ein Interview gelesen, da hat ein Typ davon erzählt, wie egal es ihm ist, ob man seine Musik höre, weil er das der Kunst wegen mache. Klar, kann man solche Sachen labern, aber so sind wir nicht. Wir freuen uns den Arsch darüber ab, wenn unsere Mucke die Fans berührt.

Wie schafft man das?
Monchi: Weisst du, ich spiele kein Instrument, ich kann keine Noten lesen. Aber wenn ich etwas verstanden habe, ist es, dass es in der Musik um Herz und Emotionen geht. Es geht nicht darum, jeden Takt und jeden Ton zu treffen, sondern darum, Gefühle zu wecken.

Am 13. Dezember spielt ihr in Zürich. Habt ihr da etwas Spezielles geplant?
Monchi: Wir brauchen gar nicht gross rumzulabern: Wir werden einfach durch die Türen treten und haben Bock auf diesen Abend, das ist das, was uns ausmacht. Da muss ich dir jetzt nicht erzählen, dass wir noch eine Konfetti-Kanone haben – auch wenn das vielleicht der Fall ist. (lacht)

Auf eure Vorband seid ihr besonders stolz, oder?
Monchi: Ja, definitiv! «Maid of Ace» besteht aus vier Schwestern, die genau so eine grosse Fresse haben wie wir und richtig geilen Punkrock machen.

Ist es etwas Besonderes, in der Schweiz zu spielen?
Olaf: Das Essen ist immer richtig gut bei euch, man schaut immer sehr liebevoll, dass wir gut genährt sind. Und wenn man mit dem Bus durch die Landschaft fährt, ist es halt schon etwas anderes als im Flachland bei uns.

Monchi: Die Leute hier gehen genauso krass ab, wie in Deutschland. Es ist geil zu sehen, dass die Leute unsere Texte kennen an Orten, an denen wir noch nie waren.

Vor eurem diesjährigen Auftritt am Openair St. Gallen gab es anonyme Anschuldigungen gegen euch, aufgrund derer die Juso eine Absage eures Konzertes forderte. Habt ihr davon auf der Bühne etwas mitbekommen?
Monchi: Punktuell, ja. Es war ein absurdes Gefühl, gleichzeitig von politisch links und rechts angegriffen zu werden.

Wie meinst du?
Monchi: Ich sagte auf der Bühne etwas in Richtung «Für die Wichser von der SVP» und die fanden danach, so etwas gehöre verboten, fast so, als hätte ich mit dieser Aussage ein offizielles Statement abgegeben.

Wie geht ihr mit solchen Situationen um?
Monchi: Wir kennen uns aus mit Anfeindungen. Wir bekamen von Rechts her Morddrohungen und mussten auch schon ein Konzert abbrechen wegen einer Bombendrohung. Das gehört dazu, wir müssen nicht allen gefallen. Wir haben also definitiv schon mehr erlebt, als Menschen, die mit einem Banner in der Menge stehen.

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16 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Pummelfee
26.11.2023 15:40registriert Mai 2020
Wenn man auf der Bühne sagt „für die Wichser von der SVP“, dann ist das schon irgendwie ein Statement. Ist halt was anderes, wenn man das in der Öffentlichkeit und nicht zu Hause auf dem Sofa von sich gibt.
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