Die deutsche Punkrock-Band Feine Sahne Fischfilet steht gerade – erneut – in den Schlagzeilen. Im Mai 2022 wurden Vorwürfe laut, die die Band und vor allem ihren Frontmann Jan «Monchi» Gorkow der sexualisierten Gewalt bezichtigen.
Eine Internetseite der nicht identifizierbaren Gruppierung «Niemand muss Täter sein» hat letztes Jahr diffuse und nicht weiter konkretisierte Anschuldigungen veröffentlicht. Die Band selbst sowie Journalisten des deutschen Magazins «Spiegel» suchten im Anschluss das Gespräch mit den Webseite-Betreibern – bis heute erfolglos. Letzten November stufte das Landgericht Stralsund die Vorwürfe als Verleumdung ein, der «Niemand muss Täter sein»-Instagram-Account wurde daraufhin gesperrt. Die Webseite mit den Anschuldigungen ist inzwischen wieder aufrufbar.
Im März gab die Band dem «Spiegel» ein Interview zum Thema. Als die Vorwürfe publik gemacht wurden, wollten sie ansprechbar sein, Gesicht zeigen und «einfach keine Idioten sein», erzählen sie dort. «Wenn wir Scheisse bauen, stehen wir dazu. Aber wir wussten ja gar nicht, was genau uns vorgeworfen wurde.» Das Jahr sei für sie kein leichtes gewesen, sagt die antifaschistische Band. «Entweder zerbrichst du als Band an so einer Situation oder du wächst daran. Wir haben uns für Letzteres entschieden.»
Nun haben die Unbekannten hinter «Niemand muss Täter sein» zu einem weiteren Angriff ausgeholt: In einem offenen Brief ans Openair St. Gallen, welcher an zahlreiche Schweizer Medienhäuser weitergeleitet wurde, fordern sie, dass «Tätern» keine Bühne gegeben werde. Weiter schreiben sie: «Mit Insta-Posts zur Pride und dem feministischen Streik bekennt sich das Openair St. Gallen dazu, allen Menschen Platz bieten zu wollen.» Dass man dann aber Feine Sahne Fischfilet eine Bühne biete, widerspreche dem grundsätzlich.
Und auch politisch wird Druck auf das Openair St. Gallen ausgeübt. Die Juso St. Gallen stellt sich hinter die Forderungen der anonymen Gruppierung. Auf ihrer Webseite schreibt die Jungpartei: «Wenn Worten keine Taten folgen, sind diese nicht mehr als Heuchelei.»
watson hat mit Christof Huber, dem Festivaldirektor des Openair St. Gallen, darüber gesprochen, was so ein Fall für die Organisatoren eines grossen Events bedeutet. Es sei wichtig, dass man solche Diskurse führe und ernst nehme, meint er. «Aber die Anschuldigungen müssen in einer Art und Weise geäussert werden, dass sich die Beschuldigten dann auch stellen und Verantwortung übernehmen können.» Sonst schade man der Glaubwürdigkeit aller Betroffenen von sexualisierter Gewalt.
Für ihn sei klar, dass Feine Sahne Fischfilet am Openair St. Gallen auftreten soll. Er kenne deren Management und Umfeld gut und habe deshalb grosses Vertrauen. «Die Band kämpft sehr mit den anonymen Anschuldigungen, die dann auch noch ungefiltert und ungeprüft wiedergegeben werden.» Für ihn ist nicht nachvollziehbar, dass die Vorwürfe nach einem entsprechenden Gerichtsurteil trotzdem weiterhin verbreitet werden.
Die Juso St. Gallen argumentiert auf Anfrage hingegen damit, dass die Problematik einem System folge: «Bei den Vorwürfen geht es um sexualisierte Gewalt und um Machtmissbrauch. Immer wieder zeigt sich, wie den Männern geglaubt wird und nicht den Betroffenen – und die Vergangenheit hat gezeigt, wie oft das falsch war.»
Der OASG-Direktor vertritt da eine andere Meinung. Er finde es höchst problematisch, wenn man einer Band absagen müsse, sobald anonyme Vorwürfe im Raum ständen. «Wenn Konsequenzen gezogen werden, bevor es ein Urteil gibt, greift die Unschuldsvermutung nicht mehr richtig.» Aufgrund der gerichtlichen Feststellung, dass es sich um Verleumdung handle und der Recherchen, speziell jener des «Spiegels», könne er nicht dahinterstehen, Feine Sahne Fischfilet einfach vom Programm zu streichen.
Christof Huber erzählt, dass die Festivalorganisatoren von Fall zu Fall neu beurteilen müssen, ob ein Act nun auftreten dürfe oder nicht. Und, dass diese Frage Festivals in ganz Europa umtreibe. In den Verträgen zwischen Veranstalterin und Künstler würden neu auch Klauseln formuliert, die Fehlverhalten unterbinden sollen: «Kommt es backstage beispielsweise zu rassistischen oder sexistischen Äusserungen, kann jemand vom Gelände verwiesen werden. Wie solche Klauseln am besten formuliert werden, ist eine grosse Frage für Veranstalter international, auch im europäischen Festivalverband.»
Der Festivaldirektor des Openair St. Gallen ist bei der Musikagentur Gadget für Festivals und Events verantwortlich. Gadget hat auch das kontroverse Konzert von Rammstein diesen Juni veranstaltet – zu diesem Fall möchte sich Huber jedoch nicht weiter äussern.
Mit Demonstrationen oder einem Boykott des Konzertes rechnet er indessen nicht: «Es kann sein, dass jemand das Festival besucht und etwas hereinruft – aber das ist sich die Band gewohnt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es wegen dieser Angelegenheit eine Demo gibt.» Die Juso St. Gallen hat ihren Besuch am Openair St. Gallen aber bereits angekündigt und gesagt, sie wolle die Besucherinnen des Festivals über die Anschuldigungen in Kenntnis setzen und «achtsam feiern».
1) Es gibt Vorwürfe. ohne irgendwelche konkreten Angaben
2) Die Band sucht den Kontakt, bekommt aber keinen.
3) Journalist*innen suchen den Kontakt, bekommen aber keinen
4) Es gibt keine Anzeigen
Vielleicht weiss die Band genau worum es geht und verheimlicht es,
vielleicht ist auch nichts passiert, oder irgendwas dazwischen.
Und auch wenn ich den Wunsch sich nicht zu exponieren verstehe, wie soll ich mir bei so wenigen Angaben ein vernünftiges Urteil bilden?
Wie stellen sich die "Ankäger*innen" vor das hier verfahren wird?
Die Aussage der Juso; "... und die Vergangenheit hat gezeigt, wie oft das falsch war." ist extrem problematisch, oft ist eben nicht immer, unrecht bleibt unrecht und dabei spielt die Seite keine Rolle.
Dies alles komplett anonym und ohne irgendwelche Indizien
Was kommt als Nächstes?
Dass jemand von der SVP die Juso St. Gallen der sexuellen Belästigung bezichtigt und sie deswegen nicht am 1. Mai Umzug mit marschieren dürfen?
Wahnsinn das Ganze, dass sich eine tolle Band wie FSFF überhaupt damit herumschlagen muss
Offensichtlich haben gewisse Leute komplett den moralischen und rechtlichen Kompass verloren.