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Luftfahrt

So wenig Passagiere kompensieren ihre Flüge tatsächlich

ZUR HELVETIC AIRWAYS UND DEM FLUGBETRIEB UNTER CORONA-BEDINGUNGEN STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES BILD ZUR VERFUEGUNG. WEITERE BILDER FINDEN SIE AUF visual.keystone-sda.ch --- Fluggaeste in der Kabine auf ...
Nur ein kleiner Bruchteil aller Passagiere kompensiert die gebuchten Flüge freiwillig. Bild: keystone

So wenig Passagiere kompensieren ihre Flüge tatsächlich

Freiwillig das CO₂ kompensieren, das bei einem Flug ausgestossen wird? Das tut in der Schweiz kaum jemand. Das zeigt eine Studie der Uni Bern, die 63'520 Flugbuchungen analysierte.
23.02.2022, 16:4923.02.2022, 18:08
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Mehr Gepäck, Priority-Check-in, freie Sitzplatzwahl: Wer einen Flug bucht, klickt sich durch viele Extras. Unter anderem auch durch die Möglichkeit, das ausgestossene CO2 der Reise zu kompensieren. Doch die Bereitschaft dafür ist gering.

Das zeigt eine Studie der Universität Bern, die 63'520 Buchungen einer Schweizer Fluggesellschaft unter die Lupe nahm. Während August 2019 bis im Oktober 2020 wurde bei nur gerade 4,5 Prozent der Buchungen freiwillig das CO2 kompensiert.

Weniger als ein Euro pro Tonne

Im Schnitt lag die Zahlungsbereitschaft zwischen 0.95 und 1.27 Euro pro Tonne CO2. Zum Vergleich: Im Dezember 2021 belief sich der Preis für eine Tonne CO2 im europäischen Emissionshandel bei mehr als 90 Euro (ca. 94 Franken). Und die «wahren Kosten» dürften gar noch höher sein.

Die Zahlungsbereitschaft von rund einem Euro liegt zudem bis zu fünfzigmal tiefer, als frühere Studien vermuten liessen. Der Haken dabei: Diese Studien schauten sich keine tatsächlichen Buchungsdaten an, sondern beruhten auf hypothetischen Bekenntnissen von Studienteilnehmenden.

Vegetarierinnen kompensieren eher

Neben der Kompensationsmüdigkeit zeigte die Studie noch etwas anderes: Wer eine vegetarische Speise auf dem Flug bestellte, kompensierte die Flüge mit doppelter Wahrscheinlichkeit. Ebenfalls buchten Personen, die weitere Zusatzbuchungen tätigten (Gepäck, Priority-Check-in) eher noch eine Klima-Kompensation dazu.

Überhaupt keine Rolle spielten hingegen die Länge des Fluges, die Kosten der Kompensation oder das Reiseziel.

Klimaschutz ist nicht Privatsache

Überrascht von den Ergebnissen der Studie ist Co-Autor Sebastian Berger vom Institut für Soziologie an der Universität Bern nicht. «Investitionen in den Klimaschutz werden nur dann getätigt, wenn man sicher sein kann, dass die anderen Menschen auch mitmachen», wird er in einer Mitteilung der Uni Bern zitiert. Die eigenen Investitionen in den Klimaschutz würden verpuffen, wenn nicht alle anderen auch mitmachen würden, so Berger weiter.

Klimaschutz sei keine Privatsache, ergänzt Co-Autor Francisco Schlöder und sagt weiter: «Kooperative Lösungen in Bezug auf den Klimaschutz zu schaffen, ist die grosse Herausforderung der nächsten Dekade.» Dazu brauche es politische Regeln, neue gesellschaftliche Normen und kluge Regierungen – sowohl auf lokaler als auch auf globaler Ebene.

(ohe/sda)

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114 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Simplicissimus
23.02.2022 17:06registriert Januar 2015
Und Kerosin wird nicht besteuert.

Fliegen ist und bleibt (zu) billig.
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paddyh
23.02.2022 16:56registriert Januar 2016
Ich zahle diese Kompensation nicht, weil es absolut intransparent ist, was mit diesem Geld passiert. Kauft sich die Swiss dann einfach Zertifikate von Tesla? Dies wäre mMn noch weniger produktiv, da man mit seinem Flug dann auch noch weitern Konsum antreibt.
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kobL
23.02.2022 17:02registriert Januar 2014
Wem das Klima so wichtig ist, dass er den CO2 Austoss finanziell kompensiere würde, der fliegt gar nicht erst oder nur, wenn es keine andere Lösung gibt. Europa lässt sich problemlos mit dem Zug bereisen. Es gibt sicher viele, die sich die Kompensation überlegen und dann merken, dass es halt doch ein wenig mehr kostet als 5.- und es dann sein lassen. Von daher erstaunt mich der geringe Erfolg des modernen Ablasshandels nicht.
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