«Die grösste Flotte am Flughafen Zürich»: So bewarben die Verkehrsbetriebe Glattal vor einigen Jahren ihr Angebot an Bussen und Trams mit «1962 Arrivals und Departures pro Tag» am wichtigsten Schweizer Airport. Tatsächlich ist der Flughafen Zürich nicht nur Aviatik-Hotspot, sondern auch eine wichtige ÖV-Drehscheibe. Alleine die SBB zählten im Jahr 2018 pro Arbeitstag 52'500 Ein- und Aussteiger am Flughafenbahnhof – mehr als in St. Gallen, Zug oder Aarau.
Doch das reicht noch nicht. Denn der Bund schreibt vor, dass der Anteil des öffentlichen Verkehrs an allen Fahrten zum und vom Flughafen bis im Jahr 2030 bei 46 Prozent liegen muss. Bei der letzten Erhebung im Jahr 2017 lag dieser sogenannte Modalsplit bei 44 Prozent. Neu werden allerdings Taxis nicht mehr dem öffentlichen Verkehr zugerechnet, und mit der Coronakrise dürfte der Anteil der mit dem Auto anreisenden Passagiere zugenommen haben.
Der Flughafen muss also etwas unternehmen – und prüft nun verschiedene Massnahmen. «Gemeinsam mit systemrelevanten Partnern arbeiten wir derzeit an Konzepten für eine vernetzte Mobilität», schreiben die Verantwortlichen in ihrem neuesten «Politikbrief».
«Der öffentliche Verkehr soll mit dem Flugverkehr und weiteren Mobilitätsangeboten besser verknüpft werden», heisst es. Es brauche eine nahtlos aufeinander abgestimmte Mobilitätskette. «Reisen soll damit komfortabler, effizienter und schliesslich auch ökologischer werden.»
Flughafen-Sprecherin Raffaela Ackermann sagt, schon heute gebe es vereinzelt kombinierte Angebote von Flug, Zug und Gepäcktransport. Diese sollen nun «gezielt ausgebaut und für sämtliche Kundengruppen nutzbar gemacht werden».
Zu den erwähnten Angeboten gehört etwa ein Gepäck-Abholservice der SBB. Für 40 Franken pro Gepäckstück können Reisende ihre Koffer einen Tag vor Abflug zuhause abholen lassen und erhalten ihre Bordkarte und das Etikett in die Hand gedrückt. Das Gepäck wird für sie eingecheckt.
Dieser Service steht aber nur Kundinnen und Kunden der Swiss und Edelweiss zur Verfügung. Ziel des Flughafen dürfte es sein, ihn auf andere Airlines auszuweiten. Wer mit einer anderen Airline fliegt, kann das Gepäck zwar ebenfalls schon zuhause abholen lassen, muss es am Flughafen aber beim SBB-Schalter abholen und selbst einchecken.
Ausbauen will der Flughafen auch bei kombinierten Tickets. Im «Politikbrief» wird das wie folgt umschrieben: «Ziel ist es, den Reisenden einen möglichst reibungslosen, einfachen und personalisierten Planungsprozess anzubieten, der die gesamte Reisekette von der Anreise bis zur Flugreise über eine einzige Buchung und Abrechnung abdeckt.»
Wie das konkret aussehen kann, machen die Swiss und die SBB vor. Bereits seit vielen Jahren können Reisende aus Basel, die ab Zürich fliegen, bei der Swiss Tickets buchen, in welchen das Bahnbillett für die Anreise inbegriffen ist. Die betreffenden Züge erhalten eine Swiss-Flugnummer.
Im Jahr 2019 haben die Swiss und die SBB diese Zusammenarbeit auf 14 tägliche Züge zwischen dem Tessin und dem Flughafen ausgebaut, 2020 wurde dieses «Flugzug»-Konzept auf bis zu zehn tägliche Verbindungen zwischen Genf und dem Flughafen Zürich ausgeweitet.
Der Flughafen dürfte darauf hinarbeiten, dass auch Kundinnen und Kunden anderer Airlines von solchen Kombiangeboten profitieren können. Denn je weniger zusätzliche Buchungsschritte und Reservationen für die Anreise mit dem ÖV getätigt werden müssen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass er in die Kränze kommt. «Unser Auftrag und erklärtes Ziel ist es, den Modalsplit am Flughafen zu erhöhen», sagt Flughafen-Sprecherin Ackermann.
Neben neuen Angeboten für die Buchung und die Gepäckaufgabe wurde in den vergangenen Jahren auch die Erschliessung des Flughafen Zürich mit Bahn, Bus und Tram verbessert. Seit sieben Jahren kann der Flughafen aus Winterthur mit dem Zug morgens schon um viertel vor fünf erreicht werden, seit zwei Jahren gilt das auch für den Hauptbahnhof und Zürich-Oerlikon. So sind auch die ersten Abflüge um 6 Uhr mit dem ÖV erreichbar.
Auf Ende Jahr ist geplant, dass verschiedene S-Bahn-Linien den Betrieb früher aufnehmen und Anschluss an den Flughafen herstellen sollen. Davon würden neben grossen Teilen des Kanton Zürich auch Aarau, Brugg oder Baden profitieren. Ab dem 11. April verkehrt zudem werktags am Morgen ein neuer Direktzug von Lindau über Bregenz, St. Margrethen und St. Gallen nach Zürich, der am Flughafen Halt macht und somit Teile der Ostschweiz besser an den Airport anbindet.
Wenn der Flughafen seine ÖV-Ziele nicht erreicht, könnten in letzter Konsequenz aber auch die Parkplätze teurer werden. So steht es etwas verklausuliert im «Sachplan Verkehr, Teil Infrastruktur Luftfahrt» des Bundes. Mit Blick auf die Zielvorgabe von 46 Prozent ÖV-Fahrten heisst es: «Die Bewirtschaftung der Parkplätze am Flughafen soll auf dieses Ziel ausgerichtet werden.» Der Flughafen geht laut Sprecherin Ackermann davon aus, dass er die Modalsplit-Ziele auch künftig erreicht. Ansonsten würde er mit dem Kanton und dem Bund «die notwendigen Massnahmen vereinbaren». (saw/bzbasel.ch)
Da ist das Taxi oft billiger.
Wenn man kurz übers Wochenende verreist oder geschäftlich unterwegs ist, hat man anderseits sowieso nur so wenig dabei, dass man das Gepäck nicht abholen lassen muss.
Und wenn man als ausländischer Reisender nach Zürich kommt, ist man mit dem ohne Halbtax sehr teuren, komplizierten ÖV-System der Schweiz ohnehin rasch überfordert und nimmt das Taxi.