Der Apparat heisst Sarco und treibt die Medienlandschaft seit Wochen um. Sarco ist eine Suizidkapsel, erfunden wurde sie vom australischen Arzt Philip Nitschke, dem Gründer der Sterbehilfeorganisation «Exit International». Am 10. Juni kündigte er laut «NZZ» in einem Online-Forum an, die Premiere von Sarco sei in den nächsten Wochen zu erwarten – in der Schweiz.
Der Mechanismus in der Suizidkapsel funktioniert so: Die sterbewillige Person aktiviert einen Knopf, worauf Stickstoff in die Kapsel strömt. Innert weniger Sekunden verliert man das Bewusstsein, schliesslich erfolgt der Tod durch Sauerstoffmangel. Die Verantwortlichen preisen den Sarco als «friedliche, zuverlässige und medikamentenfreie Möglichkeit für einen freiwilligen, legalen Tod in der Schweiz».
Das Projekt ist ins Stottern geraten. Die Kantone Wallis und Schaffhausen, zunächst vorgesehene Schauplätze für diese neuartige Form des assistierten Suizids, untersagten den Gebrauch des Sarco. Gemäss dem «Blick» drohte die Staatsanwaltschaft Schaffhausen mit einem Strafverfahren. Sie monierte, es fehlten jegliche gesicherten Informationen zur Tötungsmethode, auch das Finanzierungsmodell sei offen. Fakt ist: Wer aus Suizidhilfe Profit schlägt, macht sich strafbar. Und eine Amerikanerin, die mit Hilfe der Suizidkapsel aus dem Leben scheiden wollte und eigens dafür in die Schweiz reiste, wich unter Misstönen auf eine Alternative aus.
An einer Pressekonferenz am 17. Juli in Zürich sagte Nitschkes Ehefrau Fiona Stewart, voraussichtlich werde noch in diesem Jahr der erste Mensch sein Leben in der Suizidkapsel beenden. Zusammen mit Florian Willet, dem ehemaligen Mediensprecher von Dignitas Deutschland, leitet Stewart eine neue Sterbehilfeorganisation in der Schweiz namens «The Last Resort». Es handelt sich um einen Ableger von Exit International.
Auf der juristische Ebene ist das Terrain für den «Tesla der Sterbehilfe» indes alles andere als geebnet. CH Media hat die Staatsanwaltschaften aller Kantone um eine Einschätzung zum Vorgehen bei einem assistierten Sarco-Suizid gebeten. Die bis am Freitag eingetroffenen Antworten lassen sich in drei Kategorien einteilen.
Zur ersten Kategorie gehört beispielsweise der Kanton Zürich. Rolf Jäger von der Oberstaatsanwaltschaft teilt mit: «Bei Einsatz des Sarco im Kanton Zürich wäre zwingend ein umfassendes Strafverfahren wegen des Verdachts auf strafbare Handlungen gegen Leib und Leben (Tötungsdelikt) einzuleiten.» Franco Passini von der Staatsanwaltschaft Graubünden schreibt: «Falls es zu einem Freitod mit einer solchen Kapsel käme, würden wir ein Strafverfahren eröffnen und den Fall vertiefter abklären.» Passini ergänzt, die Staatsanwaltschaft eröffne bei begleiteten Selbsttötungen in der Regel stets eine Untersuchung. Fabian Mörtl von der Staatsanwaltschaft Thurgau erklärt, bei Sarco handle es sich um eine völlig neue Methode im Bereich der Sterbehilfe. Die Staatsanwaltschaft würde deshalb bei deren Einsatz im Thurgau ein Strafverfahren wegen Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord eröffnen.
Eine abweichende Position vertritt Pierre Aubert. Auch der Oberstaatsanwalt des Kantons Neuenburg geht davon aus, dass beim Einsatz von Sarco ein Verfahren eröffnet würde, um die Umstände des Todesfalls zu klären – ohne aber gleich jemanden zu beschuldigen. Aubert hält es für unwahrscheinlich, dass im Zusammenhang mit Sterbehilfe, auch bei Sarco, Profitgier im Vordergrund steht. Jedenfalls habe sich diese Frage beim Verkauf von Pentobarbital seines Wissens noch nie gestellt. Pentobarbital ist ein Medikament, das in der Schweiz beim assistierten Suizid eingesetzt wird. (aargauerzeitung.ch)
In die Kapsel setzt man sich freiwillig. Der Sterbevorgang wird bewusst von dem oder der Sterbewilligen in der Kapsel per Knopfdruck in Gang gesetzt, ohne Zutun von Dritten. Dass man daraus einen Fall von Beihilfe zum Selbstmord konstruieren kann, ist mir ein Rätsel.