Im Jahr 2010 hat Papst Benedikt XVI. Kurt Koch zum Kardinal ernannt. Der frühere Bischof von Basel leitet das Dikasterium zur Förderung der Einheit der Christen.
Vor knapp einem Monat, am 15. März, hat der Ökumeneminister des Vatikans seinen 75. Geburtstag gefeiert. Es ist ein bedeutender Geburtstag. Denn das Kirchenrecht kennt eine Art Altersguillotine. Auf diesen Zeitpunkt hin müssen Bischöfe und Kardinäle dem Papst den Rücktritt anbieten. Ende Februar bestätigte Koch gegenüber dem deutschen Ableger der «Catholic News Agency», dass er ein entsprechendes Schreiben eingereicht habe.
Am 15. März wird Kardinal Kurt Koch 75 Jahre alt. Hat er sein obligatorisches Rücktrittsangebot schon bei Papst Franziskus eingereicht? @RudolfGehrig hat nachgefragt. pic.twitter.com/q42LUfRtGt
— CNA Deutsch (@CNAdeutsch) February 28, 2025
Eine Antwort stand noch aus. Was Koch nicht weiter verwunderte: «Der Heilige Vater ist ja momentan im Spital und hat ganz andere Sorgen, als Briefe zu beantworten.» In der Tat musste sich Franziskus während fünf Wochen in einer Klinik in Rom behandeln lassen wegen einer beidseitigen Lungenentzündung. Er schwebte zeitweise in Lebensgefahr.
Vor zwei Wochen kehrte das 88-jährige Oberhaupt der katholischen Kirche zurück in den Vatikan. Gemäss seinem Sprecher sind die Entzündungswerte zurückgegangen. Die Atmung hat sich ebenso verbessert wie die Sprechfähigkeit. Und er empfängt wieder Gäste.
Am Mittwoch hat Franziskus den englischen König Charles III. und dessen Gattin Camilla zu einer Privataudienz begrüsst. Der Papst gratulierte dem Paar zum 20. Hochzeitstag. Charles III. und Camilla zeigten sich «tief berührt» vom Treffen mit Franziskus. Sie hätten sich geehrt gefühlt, ihm persönlich Genesungswünsche überbringen zu können.
Ob Franziskus genug Kraft hat, um an Ostern vom Petersdom zu den Gläubigen zu sprechen, bleibt offen. Geklärt ist dafür unterdessen eine andere Frage: Der Papst hat auf das Rücktrittsschreiben von Kurt Koch reagiert.
Der Schweizer Kurienkardinal muss sich gedulden, ehe er den Ruhestand antreten kann. Der Papst habe ihn gebeten, weiter im Amt zu bleiben, wie Koch in einem Interview mit «Vatican News» verriet. Wie lange er noch als Ökumeneminister fungieren wird, lässt sich nicht abschätzen. Das wisse der Heilige Vater, sagt Koch. Der Papst kann Rücktritte von Kardinälen und Bischöfen in Eigenregie aufschieben oder ganz ablehnen – zum Beispiel, wenn er deren Engagement für unverzichtbar hält.
Koch gehört zu den rund 130 Kardinälen, die berechtigt sind, einen neuen Papst zu wählen. Sie treffen sich zum Konklave, wenn der Heilige Stuhl vakant wird.
Koch selbst gilt laut der US-Website collegeofcardinalsreport.com als einer von rund zwanzig möglichen Papstanwärtern. Koch sei eine ruhige Persönlichkeit und verfüge über jahrelange Erfahrung in der römischen Kurie, heisst es da. Die Website zeigt auf, wie sich die potenziellen Papabili in wichtigen Fragen der katholischen Kirche positionieren. Koch wird sodann als zurückhaltender Mann beschrieben, der Kontroversen meide.
Das kommt auch in Interviews zum Ausdruck. Auf die Frage, wie er zur Weihe von Frauen als Priesterinnen stehe, sagte er gegenüber der Luzerner Zeitung: «Diese Frage hat bereits Papst Johannes Paul II. negativ entschieden. Und Papst Franziskus hat erklärt, dass er daran festhalte.» Er glaubt auch nicht, dass die Abschaffung des Zölibats den Personalmangel in der katholischen Kirche beheben würde: «Wenn man in andere Kirchen hineinschaut, die den Zölibat nicht kennen und dennoch Nachwuchsprobleme haben, kann hier nicht der entscheidende Grund liegen.»
Um den Glauben wieder vermehrt in der Gesellschaft zu verankern, sieht er den Schlüssel in der Familie, denn: «Wenn die Eltern die Glaubensinhalte ihren Kindern nicht vermitteln, wird der Religionsunterricht überfordert sein.»
Es kommt immer wieder vor, dass der Papst die Rücktritte von Bischöfen und Kardinälen nicht sofort akzeptiert. Franziskus verlängerte zum Beispiel die Amtszeit des 2024 verstorbenen Churer Bischofs Vitus Huonder um zwei Jahre.
Gegen seinen Willen als Kardinal wirkt nach wie vor Reinhard Marx. Der deutsche Kleriker reichte im Mai 2021 ein Rücktrittsgesuch ein, weil er Verantwortung übernehmen wollte für Fehler im Zusammenhang mit Missbrauchsfällen. Franziskus nahm die Demission nicht an und ermunterte Marx stattdessen, sich weiterhin in den Dienst der Kirche zu stellen. (aargauerzeitung.ch)