Schweiz
Russland

Schweizer Neutralität neu denken: 87 Persönlichkeiten gegen Blocher

«Neutralität überdenken» – 87 Persönlichkeiten unterzeichnen Manifest gegen Blocher

29.05.2024, 15:0729.05.2024, 15:48
Mehr «Schweiz»

Das Vorhaben ist ambitioniert. Die Schweiz solle nichts weniger als die Neutralität neu denken, dies fordern 87 Schweizer Persönlichkeiten aus Politik und Zivilgesellschaft in einem am Mittwoch veröffentlichten Manifest.

Zu den Erstunterzeichnenden des 10-Punkte-Plans gehören Parlamentarier, z. B. Roger Nordmann (SP), Beat Walti (FDP), Elisabeth Schneider-Schneiter (Mitte) und Corina Gredig (GLP). Aber auch ehemalige Bundesräte wie Joseph Deiss (Mitte), Samuel Schmid (zuerst SVP, später BDP) und Kaspar Villiger (FDP).

Bundespraesident Samuel Schmid, links und Bundesratssprecher Achille Casanova, rechts aeussert sich am Sonntag, 5. Juni 2005 im Bundeshaus in Bern vor den Medien ueber die Resultate der Eidgenoessisch ...
Der ehemalige Bundesrat Samuel Schmid hat das Manifest unterzeichnet.Bild: KEYSTONE

Hinzu kommen Vertreterinnen und Vertreter aus dem Militär, der Diplomatie und der Wissenschaft, darunter Professorinnen und Professoren.

Das Manifest möchte die Schweizer Neutralität in zehn Punkten neu aufstellen, wie der Tages-Anzeiger schreibt. Die Neuausrichtung ist eine Reaktion auf den Krieg in der Ukraine und die daraus entstandenen geopolitischen Konflikte.

«Die heutige Umsetzung der Neutralität stösst im In- und Ausland auf Unverständnis und schadet dem Ruf der Schweiz.»
Manifest «Eine Neutralität für das 21. Jahrhundert»

Auslöser sei aber auch Christoph Blocher. Der SVP-Doyen hat im April dieses Jahres eine Volksinitiative eingereicht, sie hat zum Ziel, die «immerwährende und bewaffnete Neutralität» in die Verfassung zu schreiben. Blocher will Instrumente wie das Verhängen von Sanktionen gegen andere Länder erschweren.

Alt Bundesrat Dr. Christoph Blocher, anlaesslich der 1. Mitgliederversammlung von Pro Schweiz, am Samstag 3. Juni 2023, in Bern. (KEYSTONE /Marcel Bieri)
Christoph Blocher ist für eine in der Verfassung verankerte Neutralität.Bild: keystone

«Natürlich, es geht uns auch darum, ein Gegenmodell zu Blochers Initiative aufzustellen», wird Thomas Cottier im «Tages-Anzeiger» zitiert. Der Professor gehört zur Kerngruppe, wie auch Historiker Marco Jorio, Ex-Polizeikommandant Markus Mohler, Staatsrechtler und Alt-FDP-Ständerat René Rhinow, Völkerrechtler Urs Saxer sowie die pensionierten Botschafter Philippe Welti und Daniel Woker.

Die Neutralität sei flexibel zu halten, deswegen gehöre sie explizit nicht in die Verfassung.

Thomas Cottier, em. Prof. Universitaet Bern, Praesident La Suisse en Europe, links, spricht waehrend einer Medienkonferenz zur Lancierung der Europa-Initiative, am Dienstag, 2. April 2024 in Bern. (KE ...
Thomas Cottier, emeritierter Professor der Universität Bern.Bild: keystone

Seit Beginn des Ukraine-Krieges würden die Elemente der Schweizer Neutralitätspolitik nicht mehr zueinanderpassen. Es schade dem Ruf der Schweiz, wenn man einerseits die Demokratie schützen wolle, andererseits aber den Aggressor Russland gleich behandle wie das Opfer Ukraine.

Zwecks militärischer Sicherheit solle die Schweiz näher an die EU und die NATO heranrücken und alles unterlassen, was den Aggressor begünstigen könne.

Einer der zehn Punkte adressiert das Kriegsmaterialgesetz, dieses sei anzupassen. «Die Ausgestaltung der Waffenausfuhr erfolgt autonom. Sie wird nicht durch die Neutralität bestimmt», heisst es im Manifest.

Ziel des 10-Punkte-Plans ist es, dass der Bundesrat die Schweizer Neutralität anpasst. Professor Thomas Cottier hofft, dass Bundesrat und Parlament Ideen des Manifestes aufgreifen. (rst)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Traurige Szenen – die Heldengräber in der Ukraine
1 / 17
Traurige Szenen – die Heldengräber in der Ukraine
Ukrainische Soldaten begraben kurz nach Weihnachten 2023 ihren Kameraden Vasyl Boichuk im Dorf Iltsi.
quelle: keystone / evgeniy maloletka
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Weiter Proteste in Georgien, nachdem «russisches Gesetz» verabschiedet wurde
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
169 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
skandalf
29.05.2024 15:21registriert November 2021
Jaaaja. Wenn blöchi die Neutralität in Stein meisseln will, müsste jeden sofort klar sein, dass es ihm nur darum geht im konfliktfall weiter gschäftli machen zu können.
Absolut geschmacklos.
28621
Melden
Zum Kommentar
avatar
CogitoErgoSum
29.05.2024 15:16registriert August 2018
Die Neutralität muss dort aufhören, wo durch sie Unrecht bevorteilt wird.
27022
Melden
Zum Kommentar
avatar
Tugium
29.05.2024 15:17registriert Oktober 2017
Schon lange überfällig. Ein Anfang wäre mal konsequent Gelder von Diktatoren und Kriegstreibern einzufrieren und irgendwelche zwielichtigen Geschäfte zu unterbinden.
23617
Melden
Zum Kommentar
169
    So viele Wanderwege wie aktuell waren noch nie gesperrt – vor allem eine Region betroffen
    Endlich passt das Wetter. Es ist gar so heiss, dass man sich am liebsten in den Bergen abkühlt. Aber Achtung, du könntest eine böse Überraschung erleben: Aktuell sind nämlich mehr Wanderwege gesperrt als je zuvor – besonders eine Region ist betroffen. Aber es gibt gute Neuigkeiten.

    Der Sommer hat mittlerweile auch die Schweizer Berge erreicht. Immer mehr Wanderwege auch in höheren Lagen werden schneefrei und sind wieder gut begehbar.

    Zur Story