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Putin spricht vor Friedenskonferenz über Waffenruhe – Experte skeptisch

Putin spricht vor Friedenskonferenz von Waffenruhe – darum ist ein Experte skeptisch

Kurz vor der Friedenskonferenz in der Schweiz soll Putin ein Einfrieren des Krieges vorschlagen. Damit dürften Forderungen aufkommen, Russland doch noch auf den Bürgenstock einzuladen. Experten gehen von einem Störmanöver aus.
24.05.2024, 19:5324.05.2024, 19:56
Remo Hess, Brüssel / ch media
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Drei Wochen vor der Ukraine-Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Über siebzig Staats- und Regierungschefs haben bislang ihre Teilnahme bestätigt.

Höchstwahrscheinlich nicht dabei: US-Präsident Joe Biden. Dieser dürfte stattdessen in Hollywood an einer Partei-Veranstaltung zusammen mit Filmstars wie George Clooney und Julia Roberts teilnehmen, wie US-Medien berichten.

Russian President Vladimir Putin attends Russian-Belarusian negotiations at the Palace of Independence in Minsk, Belarus, Friday, May 24, 2024. (Mikhail Metzel, Sputnik, Kremlin Pool Photo via AP)
Will er wirklich einen Waffenstillstand – oder einfach Verwirrung stiften? Russlands Präsident Wladimir Putin am Freitag.Bild: keystone

Am Freitag aber sah es noch aus ganz anderen Gründen danach aus, als würde das Programm für den Gipfel komplett über den Haufen geworfen. Russlands Präsident Wladimir Putin soll nämlich einen Waffenstillstand anbieten. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.

Demnach sei Putin bereit, den Krieg entlang der aktuellen Frontlinie einzufrieren. «Putin kann so lange kämpfen wie nötig. Aber er ist auch zu einem Waffenstillstand bereit», zitiert Reuters einen anonymen Kreml-Insider. Da in Russland kaum je Informationen aus Putins engerem Kreis ungewollt an die Öffentlichkeit dringen, ist davon auszugehen, dass die Botschaft bewusst gestreut wurde.

Ein Waffenstillstandsangebot so kurz vor dem Gipfel würde natürlich alles verändern. Für das Schweizer Aussendepartement (EDA) würden sich dringende Fragen stellen: Sollen die Russen nun doch noch eingeladen werden? Ist eine vorübergehende Friedenslösung jetzt plötzlich in Griffweite?

Wahrscheinlicher ist allerdings, dass es sich nur um eines von Putins Störmanövern handelt. Ein vergiftetes Angebot, um die Gipfel-Dramaturgie zu kapern. Das zumindest vermutet der deutsche Sicherheitsexperte Nico Lange: Russland wolle bloss die Gespräche in der Schweiz «unterminieren» und versorge seine Fürsprecher im Westen mit neuen «Talking Points», so Lange auf X (vormals Twitter).

Russland versucht Brics-Länder auf seine Seite zu ziehen

Klar ist: Hinter den Kulissen lassen die Russen nichts unversucht, um den Gipfel zu torpedieren. Davor warnte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Schweiz kürzlich ganz offen mit Verweis auf seine Geheimdiensterkenntnisse.

Dem Vernehmen nach bringen die Russen derzeit die ganze Klaviatur an Einflussversuchen zur Anwendung, was ein Zeichen ihrer Nervosität sei, so Eingeweihte. Das gehe von Desinformation bis zu direkten Druckversuchen auf Länder, die an der Friedenskonferenz teilnehmen wollten. Ins Visier genommen würden Staaten, die politische oder wirtschaftliche Verbindungen zu Russland haben, wie die sogenannten «Brics»-Schwellenländer. Zu der Gruppe gehören unter anderem Brasilien, Indien oder Südafrika. Sie versucht, Russland auf seine Seite zu ziehen.

Am Mittwoch berichtete der «Tagesanzeiger», dass Brasiliens Präsident Lula da Silva nicht in die Schweiz reisen werde. Auch Südafrikas Regierungschef Cyril Ramaphosa werde nicht kommen. Stattdessen versucht Russland laut der Nachrichtenseite «Politico» parallel zum Bürgenstock eine Art Konkurrenzveranstaltung mit den Brics-Ländern in Moskau zu organisieren. Am Freitag dann veröffentlichten China und Brasilien einen eigenen Friedensvorschlag, der laut Beobachtern die Schweizer Bemühungen konterkarieren soll. Von territorialer Integrität der Ukraine ist dort jedenfalls nirgends die Rede.

Swiss Federal President Viola Amherd, left, and her guest, Volodymyr Zelenskyy, right, President of Ukraine, inspect the guard of honour in Kehrsatz near Bern, Switzerland, Monday, Jan. 15, 2024. Zele ...
Warnt vor russischen Störmanövern: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am 15. Januar 2024 mit Bundespräsidentin Viola Amherd in Kehrsatz.Bild: keystone

Beim Aussendepartement gibt man sich zu den Ränkespielen um den Gipfel zugeknöpft. Vom Bericht über das Waffenstillstandsangebot habe man Kenntnis genommen, wolle dies aber nicht weiter kommentieren. Nur so viel: «Die Schweiz hat immer Offenheit gezeigt, eine Einladung an Russland auszusprechen. Russland hat allerdings mehrfach gesagt, dass es kein Interesse an einer Teilnahme hat», so EDA-Sprecher Michael Steiner. Gleichwohl sei für die Schweiz klar, dass ein Friedensprozess ohne Russland «undenkbar» sei.

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70 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Okay, Boomer
24.05.2024 20:03registriert Juli 2022
Russland kann sich jederzeit hinter die Grenzen von 2014 zurückziehen und schon ist Frieden.
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Lisbon
24.05.2024 20:15registriert Januar 2019
Südafrika ist vermutlich mit Aufbau einer Hamasresidenz beschäftigt. Wenn Putin wirklich Frieden will, kann er innert 3 Wochen alle Soldaten zurückziehen und die eroberten Gebiete inkl. Krim zurückgeben. Dann können wir weiterschauen. Ansonsten nur leeres Geschwatze eines Terroristen.
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DasWölfchen
24.05.2024 20:06registriert April 2023
Das glaubt doch hoffentlich keiner mehr, siehe Krimannexion 2014, wobei 2008 ein Freundschaftsvertrag die territoriale Integrität der Ukraine garantierte. Papier ist geduldig.
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