Der Kreml greift durch. Nicht etwa bei Oppositionellen, sondern beim eigenen Militär. In einem Monat wurden vier hochrangige Generäle verhaftet. Die russische Justiz wirft ihnen Korruption vor. Mit Wadim Schamarin traf es am Donnerstag nun den nächsten wichtigen Mann.
Die Chronologie:
Ende April wurde mit Timur Iwanow gar der stellvertretende russische Verteidigungsminister festgenommen. Dieses Amt hatte er von Mai 2016 bis April 2024 inne.
Er war für Bauprojekte verantwortlich und wurde wegen eines Bestechungsskandals verhaftet. Iwanow galt als enger Vertrauter des kurz danach entlassenen Verteidigungsministers Sergei Schoigu. Oppositionelle veröffentlichten Informationen zu Iwanows Reichtum, der auch Jachten sowie andere Luxusgüter umfasste, wie Politico schreibt.
Kaum hatte er seine neue Amtszeit angetreten, wechselte Putin einen Teil seiner Regierung aus, darunter auch der bisherige Verteidigungsminister Sergei Schoigu. Er hatte das Amt seit 2012 inne. Zu seinem Nachfolger wurde mit Andrei Beloussow ein Zivilist.
Schoigu galt als höchst loyaler Weggefährte Putins. Seine «Sternstunde» hatte Schoigu 2014, als Russland die Krim illegal annektierte. Die militärische Ausführung dieser Annexion wurde Schoigu zugeschrieben, wodurch seine Popularität in Russland stark anstieg.
Doch der im Februar 2022 gestartete Angriffskrieg gegen die Ukraine verlief häufig nicht nach Putins Gusto. Schoigu wurde je länger, je mehr angezählt und auch öffentlich kritisiert.
Hauptsächlich ging es dabei um Kritik an der Armeeführung, zudem wurde Schoigu vorgeworfen, zu wenig gegen die Korruption in seinem Departement zu tun.
Nur zwei Tage nach der Entlassung Schoigus wurde mit Juri Kusnezow ein weiterer General verhaftet. Er war im russischen Verteidigungsministerium Chef der Kaderverwaltung.
Der beim Ministerium gut vernetzte Militärblog Rybar berichtete, dass die Ermittler sich für Kusnezows Tätigkeit auf seinem vorherigen Posten interessierten, als er Chef des Dienstes für den Schutz von Staatsgeheimnissen war. Die Polizei durchsuchte Büroräume und das Haus des Beamten.
Laut der unabhängigen russischen Zeitung Nowaja Gaseta wurde Kusnezow unter dem Verdacht festgenommen, Bestechungsgelder «in besonders grossem Umfang» angenommen zu haben. Bei den Durchsuchungen seiner Wohnungen seien Rubel und ausländische Devisen im Wert von etwa einer Million Franken sowie Goldmünzen, Sammleruhren und andere Luxusgüter gefunden worden.
Nicht mal eine Woche später wurde mit Iwan Popow ein Generalmajor wegen Betrugsvorwürfen verhaftet. Nach Angaben des prorussischen Militärblogs «Dwa Majora» wird ihm vorgeworfen, Hilfsgüter für seine Armee im Wert von 100 Millionen Rubel (eine Million Franken) zweckentfremdet und verkauft zu haben.
Bereits im Juli 2023 war er entlassen worden, als er die russische Kriegsführung in der Ukraine kritisiert hatte.
Dabei war er selbst Kommandeur der 58. Armee und im Ukraine-Krieg im Einsatz. Popow war massgeblich an der Besetzung der Hafenstadt Mariupol beteiligt – seine Truppen waren im vergangenen Sommer im Gebiet Saporischschja, als die Ukraine dort ihre Gegenoffensive startete.
Er forderte nach hohen Verlusten unter anderem eine Rotation der Kampfeinheiten, um Verluste auszugleichen. Die Rechtmässigkeit der russischen Invasion selbst stellte Popow nicht infrage.
Wie am Donnerstag bekannt wurde, ist mit Wadim Schamarin der Vizechef des russischen Generalstabs festgenommen worden – wegen Korruptionsverdachts.
Ein Moskauer Militärgericht ordnete zunächst für zwei Monate Untersuchungshaft gegen den Generalleutnant an, weil er Bestechungsgelder in besonders grossem Umfang angenommen haben soll. Der 52-Jährige, der die Hauptabteilung Kommunikation leitete, soll beim Abschluss von Verträgen Bestechungsgelder kassiert haben.
Mit Material der Nachrichtenagenturen SDA und DPA