Wer erst jetzt seine Sommerferien bucht, muss viel Geld ausgeben. Im März waren Flugtickets generell noch 10 Prozent günstiger als im April, wie der Vergleichsdienst Comparis berechnet. Im Vergleich zum Vorjahresmonat sogar 35 Prozent.
Inflation, ein knappes Flugangebot und eine grosse Nachfrage an Flugreisen: Diese Kombination hat zur Folge, dass Flugpreise auf einem Höchststand sind – müsste man meinen. Doch die Swiss rechnet damit, dass die Teuerung noch weitergeht.
Begründet wird das mit der Umwelt. In der SRF-«Tagesschau» sagte Swiss-Finanzchef Markus Binkert, dass teurere Preise dafür sorgen würden, dass man «mehr in die Nachhaltigkeit investieren» könne. Doch wie viel ist da dran?
«Wenn das Geld tatsächlich in die Entwicklung der Nachhaltigkeit fliesst, ist es wichtig und gerecht, dass sich Konsumenten beteiligen. Denn Mobilität ist aktuell zu billig, gerade bei Billigfliegern», sagt Urs Wagenseil, Professor am Institut für Tourismus und Mobilität an der Hochschule Luzern (HSLU).
Genauso wichtig findet Wagenseil aber, dass die Fluggesellschaften transparent aufzeigen, wo die zusätzlichen vom Kunden erhobenen Gelder investiert werden – in der Form eines Nachhaltigkeitsberichts. «Transparenz muss sein, damit Fluggesellschaften unter dem Deckmantel der Nachhaltigkeit keine Querfinanzierung machen», sagt er.
Transparenz ist sicher zentral, meint Andreas Wittmer, Dozent und Luftfahrt-Experte an der Universität St. Gallen. «Wenn Fluggesellschaften aber damit angeben, wie viel sie für die Umwelt tun, kann ihnen Greenwashing unterstellt werden, da ihr Kerngeschäft noch nicht wirklich klimafreundlich ist», sagt Wittmer. «Daher ist wichtig, dass ehrlich und transparent kommuniziert wird und die Nachhaltigkeitsaktivitäten auch das Ziel erreichen», sagt er.
Gleichzeitig hätten sich Fluggesellschaften verpflichtet, nachhaltiger zu werden, sagt Wittmer. So unterstützt die Swiss etwa die Ziele der Agenda 2030 der Vereinten Nationen, um umweltfreundlicher zu werden. Wie bezahlbare und saubere Energie zu fördern, nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherzustellen und umgehende Massnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels einzuleiten .
Auf Anfrage von watson möchte die Swiss dem Vorwurf von «Greenwashing vehement widersprechen», wie eine Sprecherin schreibt. «Bis 2030 möchten wir die Netto-CO₂-Emissionen gegenüber 2019 um 50 Prozent zu reduzieren und bis 2050 eine CO₂-neutrale Bilanz zu erreichen.» Doch wie soll das möglich sein?
«Der derzeit grösste Hebel zur Reduktion von CO₂ ist der Einsatz neuer, treibstoffeffizienterer Flugzeuge», schreibt die Swiss-Sprecherin. Ein neues Langstreckenflugzeug wie der Airbus A350 verbrauche – im Vergleich zu seinem Vorgängermodell (Airbus A340) – bis zu 30 Prozent weniger Treibstoff, was weniger CO₂-Emissionen verursache. Die Milliarden-Investitionen in eine neue Flotte würde sich demnach lohnen.
Ebenfalls von Bedeutung seien sogenannte Sustainable Aviation Fuels (SAF), für deren Entwicklung und Markteinführung sich die Swiss einsetze. «Dabei handelt es sich um nachhaltige, solare Flugtreibstoffe», so die Swiss-Sprecherin. Mit Hilfe von konzentriertem Sonnenlicht werde «CO₂-neutrales Kerosin» hergestellt. Dieser Prozess ist jedoch nicht günstig.
«Heute verfügbares SAF kostet zwischen vier bis sechs Mal mehr als fossiler Treibstoff», teilt die Swiss mit. Die Airline plane deshalb, die Nutzung von SAF in den nächsten Jahren auszubauen. Und: «Freiwillige SAF-Angebote, mit denen die Passagiere die CO₂-Emissionen ihrer Flugreise reduzieren» können, seien bereits in der Entwicklung.
watson hat die Nachhaltigkeitsschwerpunkte der Swiss mit Klimatologe und ETH-Professor Reto Knutti im Detail angeschaut. Obwohl er empfiehlt, möglichst selten zu fliegen, schätzt er die Bemühungen der Swiss: «Eine moderne Flotte hat definitiv einen tieferen CO₂-Ausstoss, aber für Fluggesellschaften zählt nicht nur das Klimaargument, sondern vor allem das Kostenargument.» Denn durch neue Flotten müssten sie weniger Treibstoff bezahlen.
Knutti sieht vor allem eine Chance durch die neueren Treibstoffe, die Sustainable Aviation Fuels (SAF). Momentan sei deren Beitrag zwar minimal, doch es sei wichtig, Geld in die Forschung und den Aufbau der SAFs zu investieren. «In 20 Jahren soll es möglich sein, fast ausschliesslich damit zu fliegen. Wir befinden uns in der Entwicklung aktuell etwa so weit, wie es Fotovoltaikanlagen vor zwei Jahrzehnten waren», erklärt er. Dementsprechend teuer sei es aktuell, mit SAF-Treibstoff zu fliegen.
Knutti sagt: «Ein Flug nach Australien würde mit dem nachhaltigen Treibstoff etwa das Doppelte kosten.» Doch klimaneutral wäre auch das noch nicht: «Man hätte dann aber den indirekten Effekt über Kondensstreifen noch nicht berücksichtigt. Als Alternative zu SAF könnte man das CO₂ nachträglich aus der Luft filtern, das würde das Flugticket heute jedoch um rund weitere 5000 Franken erhöhen.»
Der ETH-Experte rechnet jedoch damit, dass je mehr in SAFs investiert werde, desto weniger würden diese langfristig kosten. «Ich denke, es ist möglich, dass es sich bei einer Preissteigerung von 30 bis 50 Prozent auf das Ticket einpendelt», erklärt der Klimatologe Knutti. Er hält einen Preisanstieg angesichts der Klimakrise für gerechtfertigt. «Früher war Fliegen ein Luxusgut, vielleicht sollte es wieder in diese Richtung gehen», sagt er.
Der Luftfahrt-Experte der HSG, Andreas Wittmer sieht das ähnlich. Er rechnet mittelfristig mit höheren Flugpreisen, wegen der höheren Treibstoffpreise. Er denkt jedoch, dass trotz neuen und nachhaltigen Treibstoffen die Flugpreise auf einem bezahlbaren Niveau bleiben werden.
«Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie SAF finanziert werden kann. Beispielsweise könnten Unternehmen, die einen grossen CO₂-Ausstoss haben, diesem entgegenwirken. Indem sie in SAF investieren und für ihre Geschäftsreisen generell SAF im Voraus kaufen. Möglich wären auch Staatssubventionen, damit die Preiserhöhung in einem Rahmen bleibt, die für den Markt vertretbar ist. Dadurch könnten die Menschen wieder günstiger fliegen und der Umwelt ist geholfen», sagt Wittmer.
Ebenfalls wichtig sei zu berücksichtigen, dass die Luftfahrt als öffentlicher Verkehr der Bevölkerung einen Dienst tue. Wenn ein Teil der Bevölkerung sich das Fliegen nicht mehr leisten könne, werde die Luftfahrt auch politisch unter Druck kommen, meint er. «Wenn alle am selben Strick ziehen, schaffen wir es, dass wir irgendwann klimaneutral fliegen können.»
Staatssubventuonen, damit das Fliegen bezahlbar bk
bleibt ?
Aber sonst ist noch alles in Ordnung ? 😳
Die soziale Ungerechtigkeit sehe ich daran auch als problematisch. Aber den Fakt, dass man sich halt einmal pro 5 Jahre eine grosse Reise leistet mit dem Flugzeug, weil der Ferienort sonst kaum in der knappen Ferienzeit zu erreichen ist, fände ich der aktuellen Weltlage angemessen. Man kann immer nocj das ganze Jahr durch herrliche Ferien machen mit Zug, Bus, Schiff, Velo etc., Wenn man es gut organisiert, ist es nicht elend teuer.
Dies würde zu einer grösseren Wertschätzung einer Fernreise führen, was ich einen wichtigen Ansatz fände.