Schweiz
Wirtschaft

SBB machen 245 Millionen Franken Minus im 2022

Ein SBB Zug faehrt auf der neuen Doppelspur-Strecke zwischen Arth-Goldau und Zug, am Sonntag, 13. Dezember 2020, in Walchwil. (KEYSTONE/Gaetan Bally)
Fahren ein dickes Minus ein: SBB.Bild: keystone

SBB machen 245 Millionen Franken Minus im 2022

13.03.2023, 09:3513.03.2023, 15:10
Mehr «Schweiz»

Die SBB haben 2022 trotz höherem Kundenaufkommen nach Corona ein negatives Ergebnis von 245 Millionen Franken eingefahren. Bis 2030 wollen die SBB deshalb ein Kosten- und Effizienzprogramm im Umfang von sechs Milliarden Franken umsetzen.

Gründe für das negative Jahresergebnis seien ein Verlust bei Infrastruktur Energie und eine Wertberichtigung bei der SBB Cargo AG, teilten die SBB am Montag vor den Medien in Bern mit. Ohne diese zwei Verlustbereiche hätten die SBB eine schwarze Null erreicht.

Die Wertberichtigung von 83 Millionen Franken sei aufgrund der gedämpften wirtschaftlichen Aussichten sowie der unsicheren künftigen finanziellen Förderung des Einzelwagenladungsverkehrs notwendig gewesen, hiess es. Der Verlust bei Infrastruktur Energie von 165 Millionen Franken ist vor allem auf den Krieg in der Ukraine zurückzuführen. Dieser habe zu höheren Energiekosten und inflationsbedingt höheren Preisen und Zinsen geführt.

Als Vorsorge auf eine mögliche Energiemangellage hatten die SBB zudem die Stauseen geschont, um im Winter genügend Strom zu haben. «Diese Massnahme allein hat uns 55 Millionen Franken gekostet», sagte SBB-Finanzchef Franz Steiger. Wegen des geringen Regens im Sommer konnten die SBB auch weniger Strom selbst produzieren und mussten mehr am Markt kaufen.

Digitalisierung soll Produktivität steigern

Die Schulden der SBB sind 2022 um 2,5 Prozent auf über 11 Milliarden Franken gestiegen. Das entspricht einer Zunahme um über 27 Prozent gegenüber 2019. Ein mit dem Bund überarbeitete Stabilisierungspaket soll deshalb die Finanzierung bis 2030 nachhaltig sichern und Schulden abbauen. Insgesamt wollen die SBB sechs Milliarden einsparen.

«Wir müssen die Kostenentwicklung dämpfen, damit wir trotzdem wachsen können, aber die Kosten nicht gleich oder überproportional wachsen», sagte SBB-Verwaltungsratspräsidentin Monika Ribar. Es gebe diverse Projekte, die vorwiegend auf die Produktivität abzielten.

Zudem rechnen die SBB damit, dass die für 2023 gesetzlich bedingte Erhöhung des Bahnstrompreises durch das Bundesamt für Verkehr (BAV) teilweise entlastend wirken wird.

Mehr Freizeitreisen

2022 waren täglich 1,16 Millionen Kundinnen und Kunden mit der Bahn unterwegs. Das ist zwar ein Zuwachs im Vergleich zum letzten Pandemiejahr 2021, entspricht allerdings noch nicht dem Niveau vor der Coronapandemie 2019. Ribar erinnerte daran, dass auch das Jahr 2022 noch mit Corona begonnen habe. «Erst ab dem zweiten Quartal hat sich die Zahl der Passagiere erholt.»

Die SBB spürten nach wie vor einen Homeoffice-Effekt unter der Woche. Am Wochenende reisten jedoch wieder mehr Menschen mit dem Zug. «Wir haben eine Erhöhung im Freizeitbereich festgestellt», so Ribar. Zugenommen haben die Fahrten auch im Fernverkehr und bei den Nachtzügen. Mehr verkaufen konnten die SBB auch Halbtax-Abonnemente, Interrail-Pässe und Billette für Veloreisende.

Nach Kritik wegen des Datenschutzes an einem geplanten neuen Messsystem für Kundenströme an Bahnhöfen wollen die SBB nun ganz auf die Erhebung von Kundensegmentdaten verzichten. Nach einer «Nutzenabwägung» und «auch wegen der Besorgnis in der Öffentlichkeit» sind die SBB nun aber zum Schluss gekommen, ganz darauf zu verzichten.

SEV gegen Bahnnetz-Liberalisierung

Die Gewerkschaft des Verkehrspersonals SEV zeigte sich erfreut darüber, dass sich die Zahlen der SBB erholen. Das Personal müsse nun weiter gestärkt werden, allfällige Sparmassnahmen dürften auf keinen Fall auf deren Buckel ausgetragen werden.

Der SEV lehnt die von der EU geforderten Liberalisierung des internationalen Personenverkehrs ab. Sollten Unternehmen wie Flixtrain Strecken der SBB übernehmen, drohe Sozialdumping. Privatfirmen aus der EU dürften keine Rosinenpickerei auf dem Schweizer Netz betreiben.

Auch die SBB-Verwaltungsratspräsidentin zeigte sich überzeugt, dass das in der Schweiz geltende System gut funktioniert. Für eine Liberalisierung seien nicht genügend Trassen vorhanden. (yam/aeg/sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Städte, die du ab Zürich mit dem Nachtzug erreichst
1 / 13
Städte, die du ab Zürich mit dem Nachtzug erreichst
Der See Bled in Slowenien mit der berühmten Insel.
quelle: shutterstock
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Wildberry-Lillet im Speisewagen und Beats über die Zugdurchsage? SBB landet TikTok-Hit
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
51 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Merlin.s17
13.03.2023 12:55registriert Juni 2014
Ein Defizit der SBB ist auch in Ordnung. Es ist eine Dienstleistung vom Staat an die Bevölkerung.
So meine Meinung.
6912
Melden
Zum Kommentar
avatar
HKKTOR
13.03.2023 12:53registriert Juni 2022
Die SBB ist auch nicht dazu da, Gewinne zu schreiben.
509
Melden
Zum Kommentar
avatar
Doppellottotreffer
13.03.2023 14:02registriert September 2021
"Ohne diese zwei Verlustbereiche hätten die SBB eine schwarze Null erreicht."

Dieser Satz ist eine glanzvolle PR-Leistung.
232
Melden
Zum Kommentar
51
Bundesrat einverstanden mit Verlängerung des Kita-Programms

Das Impulsprogramm für die Förderung der familienergänzenden Kinderbetreuung soll bis Ende 2026 laufen. Der Bundesrat ist mit der Verlängerung einverstanden, die eine Übergangslösung bis zur definitiven Regelung sein soll.

Zur Story