Schweiz
Wirtschaft

Neue Konzernverantwortungsinitiative: Stimmensammlung beginnt

Une banderole en faveur de l'initiative multinationales responsables (Konzernverantwortungsinitiative) est visible devant le siege de la multinationale Nestle le mercredi 11 novembre 2020 a Vevey ...
Eine erste Konzernverantwortungsinitiative schaffte 2020 zwar das Volks-, aber nicht das Ständemehr.Bild: keystone

Konzernverantwortung 2.0: Sammelstart für neue Initiative

Der Bund soll dafür sorgen müssen, dass Schweizer Konzerne und ihre Tochterfirmen im Ausland Menschenrechte und Umweltschutz respektieren. Das verlangt die neue Konzernverantwortungsinitiative der Koalition für Konzernverantwortung.
07.01.2025, 09:5607.01.2025, 13:15
Mehr «Schweiz»

Damit das Begehren zustande kommt, muss die Koalition bis 7. Juli 2026 100'000 gültige Unterschriften sammeln. Sie will dieses Ziel allerdings weit schneller erreichen und damit einen Sammelrekord aufstellen: Innerhalb von lediglich dreissig Tagen sollen die Unterschriften zusammenkommen.

Der Koalition gehören rund 90 Menschenrechts- und Umweltorganisationen sowie Hilfswerke an. Am Dienstag stellten ihre Vertreterinnen und Vertreter in Bern die Volksinitiative «Für verantwortungsvolle Grossunternehmen - zum Schutz von Mensch und Umwelt» oder kurz Konzernverantwortungsinitiative den Medien vor.

Neue Ausgangslage

Eine erste Konzernverantwortungsinitiative schaffte 2020 zwar das Volks-, aber nicht das Ständemehr. Die für die neue Initiative verantwortliche Koalition kritisierte die daraufhin in Kraft gesetzten Gesetzesbestimmungen mehrfach als ungenügend.

Sie will Bundesrat und Parlament nun beim Wort nehmen. Bei der Beratung der ersten Initiative habe die damalige Justizministerin Karin Keller-Sutter gesagt, dass die Rahmenbedingungen für Konzerne international einheitlich sein sollten, sagte der frühere FDP-Staatsrat und Nationalrat Claude Ruey (VD) vor den Medien.

Die Lage sei eine andere als bei der Lancierung der ersten Initiative. Mehrere europäische Länder nähmen Grosskonzerne mittlerweile gesetzlich in die Pflicht. Und die EU habe 2024 eine Sorgfaltsrichtlinie verabschiedet.

Bundesraetin Karin Keller-Sutter spricht waehrend der Wintersession der Eidgenoessischen Raete, am Mittwoch, 18. Dezember 2024 in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
Bei der Beratung der ersten Initiative habe die damalige Justizministerin Karin Keller-Sutter gesagt, dass die Rahmenbedingungen für Konzerne international einheitlich sein sollten.Bild: keystone

«Die Schweiz darf diese Diskussion nicht verschlafen und ein Land ohne Konzernverantwortung werden», forderte Mitte-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt (SO). Die Initiative sei eine Einladung zur Diskussion an Bundesrat und Parlament.

Die meisten Schweizer Grosskonzerne arbeiteten sorgfältig und achteten die Uno-Nachhaltigkeitsziele, sagte Andreas Lustenberger, Geschäftsleitungsmitglied von Caritas Schweiz. «Aber nicht alle.» Immer wieder verletzten Konzerne Menschenrechte und grundlegende Umweltbestimmungen.

250 bis 350 Unternehmen betroffen

Gelten sollen die neuen Pflichten für Schweizer Konzerne nach den Vorstellungen des Initiativkomitees für Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitenden und 450 Millionen Franken Umsatz. Die Koalition schätzt, dass 250 bis 300 Unternehmen von den Anforderungen der Initiative betroffen sind.

Allerdings sollen auch kleinere Unternehmen, die in Hochrisiko-Bereichen wie dem Rohstoffhandel arbeiten, in die Pflicht genommen werden können. Ausnehmen will die Koalition dagegen KMU-Betriebe. Diesen umstrittenen Punkt habe die erste Initiative noch enthalten, sagte der Aargauer GLP-Nationalrat Beat Flach.

«Jedes Unternehmen muss definieren, wo es bei seiner Tätigkeit Risiken für die Menschenrechte und den Umweltschutz sieht, nach seinen Möglichkeiten und in seinem Einflussbereich», sagte Kathrin Amacker, Präsidentin von Fairtrade Max Havelaar und ehemalige Mitte-Nationalrätin. Entsprechend müssten Massnahmen ergriffen werden.

Umsetzung innert zweier Jahre

Die Initiative fordert, dass sich Konzerne und ihre Tochterfirmen auch im Ausland an Sorgfaltspflichten zu Menschenrechten und Umweltschutz sowie an international vereinbarte Temperaturziele halten müssen. Verpflichtet werden sollen sie zudem, direkte und indirekte Treibhausgas-Emissionen zu senken.

Eine unabhängige Aufsicht soll in Stichproben prüfen, ob die Vorgaben eingehalten werden und gegebenenfalls Sanktionen aussprechen. Verursachen Unternehmen oder von ihnen kontrollierte Firmen Schäden, sollen sie haften müssen.

Wer von Menschenrechtsverletzungen betroffen ist, soll vor Gericht Klage gegen Unternehmen führen können. Der Initiativtext fordert dazu eine «angemessene Regelung für die Erbringung von Beweisen.»

Die Gesetzesbestimmungen für die Umsetzung der Initiative müsste das Parlament spätestens zwei Jahre nach dem Ja zur Initiative verabschieden. Mit dieser Frist wollen die Initiantinnen und Initianten betonen, dass sie das Anliegen als dringlich einstufen. (sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
62 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Begula
07.01.2025 11:22registriert Dezember 2021
Kommt, lasst uns Abstimmen bis das Resultat mir passt XD

AHV gleich nochmals?
Autobahnen, warum nicht Ausbauen?
F35, verbot?

Was soll ich nochmals Initiieren?
4029
Melden
Zum Kommentar
avatar
an Bier-Senf-Sauce
07.01.2025 11:18registriert August 2024
An Alle die jetzt mit 'Zwängerei' kommen sei Folgendes mit auf den Weg gegeben:
1) Die Ausganglage ist nun umgedreht, bei der vergangenen Abstimmung wäre die Schweiz als Pionierin voraus gegangen. Im Abstimmungskampf hat die Gegnerschaft, allen voran KKS, beschwichtigt, man würde den europäischen Regelungen nachkommen.
Mittlerweile gibt es in Europa verschiedene Regelungen, die Schweiz hat nichts unternommen und hinkt nun hinterher (Danke KKS!).
2) Die Mehrheit der Bevölkerung hat dem Anliegen zugestimmt, die Initiative scheiterte am Ständemehr.

Lasst uns nicht abhängen und korrigieren KKS.
3327
Melden
Zum Kommentar
62
    EU verhängt 460-Millionen-Kartellstrafe gegen Autobauer wie VW und BMW

    Die EU-Kommission hat eine Kartellstrafe in Höhe von rund 460 Millionen Euro gegen zahlreiche Autobauer verhängt. Sie haben sich jahrelang an einem Kartell beteiligt, wie die EU-Kommission mitteilte.

    Zur Story