Schweiz
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Der Bundesrat hat Fragen zum Krieg beantwortet

Menschenrechte oder Rohstoffhandel – der Bundesrat hat dringliche Fragen beantwortet

14.03.2022, 15:0814.03.2022, 15:38
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Ob Friedensbemühungen der Schweiz im Konflikt in der Ukraine, Menschenrechte, Energieversorgung oder die Konsequenzen des Krieges für die Schweizer Armee: Der Bundesrat hat dringliche Fragen aller sechs Fraktionen für die dringliche Debatte am kommenden Mittwoch beantwortet.

Es sei dem Bundesrat ein zentrales Anliegen gewesen, mit den wichtigsten politischen Kräften der Schweiz zusammenzutreffen, um die Herausforderungen zu erörtern, welche die Schweiz kurz- und mittelfristig erwarten würden.

Bundesrat Guy Parmelin, Mitte, spricht an der Seite von Bundesraetin Karin Keller-Sutter, links, und Bundesraetin Simonetta Sommaruga, rechts, an einer Medienkonferenz ueber die Ukraine Krise, am Frei ...
Drei Bundesräte an einer Ukraine-Pressekonferenz, 4. März 2022.Bild: keystone

Ziel des Treffens sei auch gewesen, gegenüber der Bevölkerung zu zeigen, dass Regierung und Parlament in einer schwierigen Zeit bereit seien, bei verschiedenen Meinungen einen Zusammenhalt zu erreichen, um der Bevölkerung Halt und Orientierung zu geben, sagte Cassis weiter

Eingeladen hatte der Bundesrat die Partei- und Fraktionsspitzen aller im Parlament vertretenen Parteien. Die Delegation des Bundesrates stand unter der Leitung von Bundespräsident Cassis.

Zu den Friedensbemühungen

Der Weg der Schweiz respektiere laut dem Bundesrat bis jetzt die Neutralität, sagte Cassis. Die diplomatischen Bemühungen seien derzeit aber beschränkt, dies, weil die Positionen der beiden Konfliktparteien momentan weit auseinander liegen würden. Laut Cassis gibt es zwei wichtige Ziele, erstens einen sofortigen Waffenstillstand, und zweitens zumindest humanitäre Korridore, um den Menschen in der Ukraine Hilfe zu ermöglichen.

Zum sofortigen Waffenstillstand habe die Schweiz regelmässig aufgerufen, hält der Bundesrat in seinem am Montag veröffentlichten Antworten zu Fragen von SP und Grünen fest. Entscheidend sei aber der Wille der Konfliktparteien. Vermitteln könne die Schweiz nur, wenn die Konfliktparteien sie anfragten.

Mehrfach habe die Schweiz die Einschränkungen der Medienfreiheit und des Rechts auf freie Meinungsäusserung in Russland verurteilt, schreibt der Bundesrat. Die Schweiz wolle «die letzten verfügbaren Instrumente der Menschenrechtsdiplomatie in Russland» nutzen.

Bemühungen der Staatengemeinschaft, mutmassliche Kriegsverbrechen zu dokumentieren, unterstützt der Bundesrat nach seinen Worten «stark». Etwa habe die Schweiz die Situation in der Ukraine Anfang März zusammen mit 38 weiteren Staaten zur Untersuchung an den Internationalen Strafgerichtshof übermittelt.

Internationale Zusammenarbeitsei wichtig für die Bemühungen nach Sicherheit und Stabilität, beantwortet der Bundesrat eine Frage der GLP. Im Vordergrund stünden die Nato-Partnerschaft für den Frieden und die Kooperation mit der EU, etwa im Rahmen der permanenten strukturierten Zusammenarbeit (Pesco) oder einem stärkeren Engagement der Schweiz bei friedensfördernden Missionen der EU.

Die Nationalraete Thomas Aeschi, SVP-ZG, rechts, und Tiana Angelina Moser, GLP-ZH, rechts, sowie Staenderat Werner Salzmann, SVP-BE, Mitte, erscheinen zu einer Sitzung, am Montag, 14. Maerz 2022, in B ...
Thomas Äschi, (SVP), Werner Salzmann (SVP) und Tiana Angelina Moser (GLP) (von links nach rechts) erscheinen zur Sitzung, an der der Bundesrat und die Partei- sowie Fraktionspräsidenten über den Krieg in der Ukraine diskutieren.Bild: keystone

Zur Schweizer Armee

Von der FDP nach Lehren aus dem Krieg für die Armee gefragt, kündigte der Bundesrat bis Ende Jahr einen Bericht des Verteidigungsdepartements an. Fähigkeiten, Einsatzbereitschaft und personelle Ressourcen der Armee würden unter die Lupe genommen. Allfällige Entscheide über Justierungen müssten «auf einer soliden Basis» gefällt werden.

Zu den Flüchtlingen

Die Schweizer Behörden richten ein besonderes Augenmerk auf den Schutz von aus der Ukraine geflüchteten Frauen. Dies, nachdem es namentlich in Deutschland Anhaltspunkte gibt, dass gewisse Männer sich dafür interessieren, Frauen bei sich aufzunehmen. Sie hoffe sehr, dass es zu keine Zwischenfällen komme, sagte Justiziministerin Karin Keller-Sutter in der Fragestunde des Nationalrates.

Zum Aspekt der Unterbringung von Tausenden von Flüchtlingen aus der Ukraine in der Schweiz sagte Keller-Sutter, die vielen privaten Angebote seien sehr willkommen. Bezüglich Einschulung von Flüchtlingskindern sagte die Justizministerin, die Kantone hätten seit dem Syrienkrieg spezielle Konzepte und viel Erfahrung für Kinder mit Fluchthintergrund, mit ihren Traumata. Der unmittelbare Zugang zu den Schulen sei gewährleistet.

Zur Energieversorgung und der Wirtschaft

Für die von den Grünen geforderte «bessere Kontrolle» des Rohstoffhandels sieht der Bundesrat zurzeit keinen Anlass. Die Landesregierung begleite den Rohstoffsektor bereits sehr eng, schreibt er und weist auf die grosse wirtschaftliche Bedeutung des Sektors für die Schweiz.

Gesamtwirtschaftlich dürften die direkten Auswirkungen des Krieges in der Ukraine für die Schweiz zwar begrenzt sein, schreibt der Bundesrat. Auf die beiden Länder entfielen lediglich kleine Anteile des Aussenhandels, der Direktinvestitionen und Auslandsforderungen des Bankensystems.

Zu schaffen machen könnten der Schweizer Wirtschaft aber indirekte Folgen des Konflikts, unter anderem wegen der Energiepreise und des aufgewerteten Frankens. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) korrigierte am Montag seinen Ausblick für 2022 nach unten.

Neu rechnen die Experten des Bundes mit einem Anstieg des realen Bruttoinlandproduktes (BIP) zum Vorjahr von 3.0 Prozent, nachdem sie im Dezember noch ein Plus von 3.2 Prozent vorausgesagt hatten. Andere sind pessimistischer: Bei den Grossbanken UBS und Credit Suisse erwarten die Fachleute nur ein Wachstum von 2.5 Prozent.

Die SVP brachte wegen der gestiegenen Energiepreise eine Sistierung der staatlichen Abgaben auf Energie ins Spiel. Für einen solchen Schritt fehlten dem Bundesrat die gesetzlichen Grundlagen, hält die Regierung fest.

Während die Schweizer Ölversorgung von Russland wenig abhängig ist, stammten laut Bundesrat 2020 47 Prozent des importierten Gases aus Russland. Die Gasunternehmen kauften vorwiegend in Deutschland ein, wo viel russisches Gas angeboten werde, schreibt der Bundesrat. Rasch auf Alternativen umzuschwenken, sei «eine Herausforderung». 15 Prozent des Schweizer Energiebedarfs werden mit Gas gedeckt.

(yam/sda)

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