Vier Tage pro Woche arbeiten, Vollzeit bezahlt werden: Island führt nun die Viertage-Woche ein, nachdem ein Experiment den positiven Effekt des Modells untermauert hat. Gleiche Produktivität in kürzerer Zeit – eigentlich ein perfekter Match für die wirtschaftsorientierte Schweiz. Warum fasst das Modell hierzulande nicht Fuss?
Schweizer Arbeitgebende bieten die Viertage-Woche kaum an. Eine Ausnahme ist das Grafikunternehmen Büro a+o in Aarau. Sie hätten das Modell im Jahr 2017 eingeführt, erzählt Mitarbeiterin Roberta Nembrini. «Wir arbeiten produktiver, weil wir mehr Abstand zur Arbeit bekommen.» Das würde sich auch in den Zahlen bemerkbar machen.
Die vier Vollzeitangestellten des kleinen Grafikbüros würden den Extra-Tag für sich und ihre Freizeit aber auch in Weiterbildungen investieren. So etwa Nembrini selber: «Ich bin echt froh um diese Möglichkeit. Ohne den freien Tag hätte ich Abendkurse für meine Weiterbildung belegen müssen.»
International findet das Arbeitsmodell weit mehr Anklang, neben in Island und Spanien auch in Übersee. In Neuseeland hat das Fondsunternehmen «Perpetual Guardian» die Viertage-Woche umgesetzt. Auch der Lebensmittelgigant «Unilever» prüft dort bis Ende Jahr die verkürzte Arbeitswoche. In Japan zog Microsoft nach einem einmonatigen Experiment im Jahr 2019 ein positives Fazit. Ob sie das Modell einführen, ist derzeit unklar.
Auch in der Schweiz gibt es einzelne Pilotversuche. So hat Swisscom 2015 ein Modell getestet, das allerdings von der Ursprungsidee abweicht: Am fünften Tag der Arbeitswoche müssen die Teilnehmenden von «Project 365d» zwar nicht im Büro arbeiten. Stattdessen sollen sie dann kreativ sein und an Ideen tüfteln. Diese Idee hat schon Google umgesetzt, wo Mitarbeitende 20 Prozent ihrer Arbeitszeit dafür einsetzen können, an ihren eigenen Projekten zu arbeiten.
Die Arbeitszeitreduktion ist in der Schweiz immer wieder Thema. Heute liegt die wöchentliche Höchstarbeitszeit für die meisten bei 45 Stunden. Bei einigen wenigen ist die Grenze bei 50 Stunden.
Doch das fleissige Schweizer Stimmvolk schickte alle Initiativen den Bach runter, so etwa den Vorstoss der Gewerkschaften im Jahre 1956, die eine 44-Stunden-Woche wollten. Der POCH-Initiative in den 80-igern mit 40-Stunden erging es gleich. Auch im Parlament blieb die Idee chancenlos: 1998 scheiterte der damalige SP-Nationalrat Jean-Claude Rennwald mit seinem Vorstoss zur Viertage-Woche.
Die Kontra-Argumente sind damals wie heute in etwa ähnlich und lassen sich ungefähr so zusammenfassen: Weniger Arbeitsleistung verursacht Kosten und jemand muss sie tragen – der Staat oder die Kundschaft. Das bedeutet höhere Steuern oder einen Marktnachteil.
Die Hürde für die Privatwirtschaft, auf eine Viertage-Woche umzusatteln, sei gross, bestätigt der Berner Wirtschafts-Professor Adrian Ritz. «Es stellen sich viele Fragen: Kann man sich das leisten? Wie gross ist der Druck des Arbeitsmarktes? Das sind Hindernisse, wo man zuerst viel Überzeugungsarbeit leisten muss.»
Dass das Bedürfnis seitens Arbeitnehmenden nicht da wäre, glaubt Ritz allerdings nicht. Im Gegenteil: «Immer mehr Leute entscheiden sich für Teilzeitarbeit. Darin erkennt man unter anderem, dass das Bedürfnis nach Flexibilität und Balance zwischen Privat- und Arbeitsleben grösser geworden ist.» Doch die Arbeitnehmenden tragen das bislang selber.
Die Zahlen des BFS zeigen: Zwischen 1998 und 2020 nahm die Teilzeitarbeit bei beiden Geschlechtern zu. Bei den erwerbstätigen Frauen stieg der Anteil um 5 Prozentpunkte auf 59 Prozent, bei den erwerbstätigen Männern verdoppelte er sich innerhalb von 20 Jahren von 9 Prozent auf 18 Prozent.
Warum das Viertage-Modell in der Schweiz trotzdem keinen fruchtbaren Boden findet, erklärt sich Wirtschafts-Professor Ritz so: «Die Schweiz ist im Vergleich zu Skandinavien im Bereich Arbeitsorganisation wenig experimentierfreudig und das Arbeitsethos ist sehr hoch.»
Ritz schlägt vor, wer hier den ersten Schritt machen könnte: «Der öffentliche Sektor ist ein Vorbildarbeitgeber. Ist der politische Wille da, könnte das Modell dort wie in Island ausprobiert und evaluiert werden.»
Bei den Verwaltungen sieht es vorerst nicht danach aus, dass sie demnächst das Viertage-Modell einführen würden. Bei der Stadt St.Gallen prüfe man zwar aktuell unterschiedliche Arbeitsmodelle. Zum Modell wie in Reykjavik eingeführt wolle man allerdings keine Auskunft geben, heisst es.
Auch die Berner Kantonsverwaltung versucht, die Vereinbarkeit von Beruf und Freizeit auf anderen Wegen zu fördern, sagt Sprecher André Matthey. Das Viertage-Modell wolle man allerdings nicht testen.
Paradebeispiel: Wie viele Firmen pochen wieder drauf, dass die Mitarbeiter nach der problemlosen Homeoffice Zeit wieder Vollzeit in die Bude müssen.
Die Modelle der Zukunft haben in der CH leider keihe Chance. Zu viele Ewiggestrige und Kleinkarierte.
Wir sind nur gut wenn wir 50 und mehr Stunden arbeiten, alle anderen sind Schmarotzer (SVP) und es können noch so viele mit Herzinfakt oder Burn out erkranken und die Schweiz tut gar nichts dagegen. Sind auch Simulanten (SVP). Und solange dieses System so funktioniert und der Glaube daran anhält hat die 4 Tage Woche keine Chance!