Olympique Lyon kam gestern Abend zu Hause gegen Abstiegskandidat Metz nur zu einem enttäuschenden 1:1. Es war das vierte Spiel in Serie ohne Sieg, Lyon liegt in der Ligue 1 mit mageren 24 Punkten aus 18 Spielen bloss auf Rang 13.
Dabei war Lyon mit grossen Ambitionen in die Saison gestartet. Unter anderem dank des Königstransfers des Sommers: Xherdan Shaqiri. Präsident Jean-Michel Aulas sprach bei der Vorstellung des Schweizer Nationalspielers von einer «gewichtigen Investition für die kommenden Jahre».
Nun, diese Investition hat sich bisher nicht gelohnt. Gegen Metz sass Shaqiri 90 Minuten auf der Ersatzbank. Es ist die Regel, nicht die Ausnahme. Seit Anfang November kam Shaqiri in der Liga bei sieben möglichen auf genau einen einzigen Einsatz, er spielte 66 Minuten. In der Europa League durfte Shaqiri immerhin in fünf von sechs Spielen ran, blieb dabei allerdings ohne Skorerpunkt.
Lyon-Trainer Peter Bosz hat auf die vielen enttäuschenden Resultate reagiert und seine Formation kürzlich von einem 4-2-3-1 auf ein 3-4-2-1 angepasst. Ein Systemwechsel, eigentlich prädestiniert für einen offensiven Freigeist wie Xherdan Shaqiri, der lieber im offensiven Mittelfeld als auf Rechtsaussen spielt. Im 3-4-2-1 gäbe es nämlich gleich zwei dieser offensiven Mittelfeldpositionen, die Shaqiri einnehmen könnte. Könnte. Denn die Konkurrenz bei Lyon ist gross.
Im offensiven Mittelfeld ist Houssem Aouar gesetzt. Der französische Nationalspieler spielt seit seinem 11. Lebensjahr bei Lyon, hatte schon mehrere Angebote von Topteams, hielt dem Verein aber immer die Treue. Er ist bei Lyon unantastbar.
Dann ist da auch der Brasilianer Lucas Paqueta. Er ist hoch veranlagt und kann offensiv jede Position einnehmen. So steht er Shaqiri sowohl als Rechtsaussen als auch im offensiven Mittelfeld vor der Sonne. Offensiv ebenfalls ambivalent einsetzbar ist Rayan Cherki. Der erst 18-jährige Franzose gilt als eines der grössten Talente des Weltfussballs, kommt vorerst aber meist zu Teileinsätzen.
In der Rangordnung stand dieser Rayan Cherki zuletzt dennoch vor Xherdan Shaqiri. Das hat auch mit dem Standing von Lyon zu tun. Die Südfranzosen sind ein Ausbildungsverein, was bedeutet, dass sie sich zu einem grossen Teil auch durch Transfererlöse finanzieren.
Dies wiederum erhöht den Druck auf Trainer Peter Bosz, vermehrt junge Spieler einzusetzen, um ihnen eine Plattform zu bieten und deren Marktwert zu steigern. Dazu zählen Spieler wie Paqueta (24 Jahre), Aouar (23) und Cherki (18). Nicht aber der 30-jährige Xherdan Shaqiri. Im Zweifelsfalle setzt Bosz also lieber auf einen der Jüngeren statt auf den erfahreneren Shaqiri.
Hauptgrund für die Aussenseiter-Rolle von Shaqiri ist jedoch seine bisherige Leistung. Bloss drei Skorerpunkte hat er in Lyon in seinen 13 Einsätzen gesammelt und er wirkte dabei oft als Fremdkörper. Das liegt auch daran, dass der Schweizer meist als Rechtsaussen eingesetzt wurde. Erst ein Ligaspiel durfte Shaqiri auf seiner bevorzugten Position im offensiven Mittelfeld absolvieren – beim 2:2 gegen Bordeaux gab er dann auch einen Assist.
Dennoch weht Shaqiri ein eisiger Wind entgegen. In der französischen Gazetten bekam er regelmässig schlechte Bewertungen. Die französische Sportzeitung «L'Equipe» hielt zum Beispiel fest, dass Shaqiri als Rechtsaussen Mühe habe, sich ins Lyon-Spiel zu integrieren und dass die schlechten Leistungen sich häuften. Auch Trainer Bosz hat schon betont, dass er mehr erwarte: «Es ist klar, dass er es besser kann», sagte der Holländer anfangs November.
Dass er es tatsächlich besser kann, bewies Shaqiri nicht zuletzt in der Nationalmannschaft. Beim wichtigen 4:0 am 15. November gegen Bulgarien, welches die WM-Qualifikation sicherte, zeigte sich Shaqiri spielfreudig wie eh und je, spielte etliche Traumpässe und beendete die Partie schliesslich mit zwei Assists.
Bei Lyon ist jetzt erst einmal Winterpause. Am 9. Januar geht es mit dem Hammer-Spiel gegen Liga-Krösus Paris Saint-Germain weiter. Bis dahin hat Shaqiri Zeit, sich ins Team zu kämpfen. Etwas, dass er im Sommer nicht konnte. Der Schweizer wechselte erst Ende August von Liverpool nach Lyon – er verpasste damit die ganze Vorbereitung, was auch ein Grund für seine Startschwierigkeiten ist.
Schliesslich wechselte Shaqiri von Liverpool zu Lyon, um endlich mal wieder eine wichtige Rolle einzunehmen und mehr Spielzeit zu erhalten.
Gelingt ihm das nicht, könnte das auch für die Nationalmannschaft Folgen haben. Murat Yakin betonte schon mehrfach, dass er «Fan vom Leistungsprinzip» sei. Dazu zählt auch regelmässige Spielpraxis im Verein.
Das Gegenteil davon ist Xhaka. Den muss man provozieren damit er das Maximum erreicht.