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Entlassung von Alex Frei: Kann sich der FC Basel das leisten?

FC Basel Praesident David Degen, links, und der Trainer Alex Frei, rechts,an der Jahresabschlusspressekonferenz des Fussballclubs FC Basel am Mittwoch, 14. Dezember 2022 im Medienzentrum des St. Jakob ...
Alex Frei (r.) wurde am Dienstag entlassen: Auch finanziell ist das eine Herausforderung für David Degens FCB.Bild: keystone
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Entlassung von Alex Frei: Kann sich der FC Basel das leisten?

Am Dienstagmorgen verkündet der FC Basel die Trennung von Cheftrainer Alex Frei. Die sportlich ernüchternde Entwicklung habe dazu geführt. Frei ist der dritte Trainer unter der Degen-Führung, der gehen muss. Kann sich der Verein dies überhaupt leisten?
08.02.2023, 08:31
Céline Feller / ch media
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Die Uhrzeit war schon weit fortgeschritten am vergangenen Mittwochabend. Der FC Basel hatte eben nach einem so spektakulären wie vogelwilden Spiel gegen GC 5:3 gewonnen und war in den Cup-Viertelfinal eingezogen. Ein wichtiger Schritt für den FCB, dem der Start in das neue Kalenderjahr nicht geglückt war.

Ob dieses ersten Erfolges im 2023 war Freude erwartet worden vom Cheftrainer. Stattdessen sprach Alex Frei einen Satz, der mittlerweile sehr viel bedeutender ist, als man es in diesen Momenten erahnen konnte.

FC Basels Kasim Adams Nuhu, Mitte, jubelt mit Teamkollegen nach seinem Tor zum 2:4 im Schweizer Fussball Cup 1/8 Finalspiel zwischen dem Grasshopper Club Zuerich und dem FC Basel FCB im Letzigrund Sta ...
Die Spieler feierten den Sieg im Cup, ihr Trainer zeigte sich eher nachdenklich.Bild: keystone

Auf die Frage, ob sein Team das Messer am Hals brauche, um über sich hinauszuwachsen – so, wie es Frei in den Anfängen der Saison einmal erklärt hatte – antwortete der 43-Jährige:

«Ich glaube eher, dass der Trainer beim FCB das Messer am Hals hat als die Mannschaft.»

Vielleicht wusste oder spürte Alex Frei zu diesem Zeitpunkt schon, was seit Montagabend Tatsache ist: Alles andere als ein weiterer Sieg im darauf folgenden Spiel bei GC würde ihn seinen Job kosten.

Am Montagabend erfuhr Alex Frei von seiner Entlassung. Um 8.07 Uhr am Dienstagmorgen dann kommunizierte der FCB die Trennung von seinem Cheftrainer. Er ist der dritte nach Patrick Rahmen und Guillermo Abascal, der unter der Führung von David Degen gehen muss. Aber: Kann sich der FC Basel das überhaupt leisten?

In erster Linie zielt diese Frage auf die Finanzen der Basler. Trotz einer prognostizierten, knappen Null für das Geschäftsjahr 2022 schrieb der FC Basel plötzlich einen Verlust von 1.2 Millionen Franken. Gedeckt werden sollte dieser mit Mithilfe des Basisvereins. Eine Idee, die der Verwaltungsrat um Degen nach einem Sturm der Entrüstung verwarf. Zwar zielte dieses Manöver primär darauf ab, den Basisverein zu schwächen. Aber es zeigte auf einer weiteren Ebene auch auf, wie prekär die finanzielle Situation des FC Basel ist.

Basels Trainer Patrick Rahmen im Fussball Meisterschaftsspiel der Super League zwischen dem FC Basel und dem Grasshopper Club Zuerich, am Sonntag, 19. Dezember 2021, im St. Jakob Park in Basel. (KEYST ...
Vor einem Jahr wurde er entlassen: Patrick Rahmen.Bild: keystone

Alex Frei besitzt einen Vertrag bis Sommer 2024. Und obschon mit Heiko Vogel der Sportdirektor und damit einer, der bereits auf der Payroll des FCB steht, interimistisch übernimmt, wird die Kasse der Basler erneut leiden, sollte ein neuer Trainer verpflichtet werden.

Man darf sich durchaus fragen, woher dieses Geld kommen soll. Und ob es nicht die bessere Lösung gewesen wäre, Geduld zu wahren.

Die Basler strapazieren also ihre finanziellen Möglichkeiten. Man darf sich durchaus fragen, woher dieses Geld kommen soll. Und ob es mit diesen Vorzeichen nicht die bessere Lösung gewesen wäre, Geduld zu wahren und dem eingeschlagenen Weg zu vertrauen.

Der Klub argumentiert mit einer sportlich ernüchternden Entwicklung, welche die Trennung unumgänglich gemacht habe. Die Punkteausbeute (22), die Platzierung in der Tabelle (Rang 7) und der Punktevorsprung auf das Tabellenschlusslicht (3) machen die Entscheidung gegen Alex Frei durchaus nachvollziehbar.

Hinzu kommt, dass der FCB unter Frei zwar spielerisch interessante Ansätze aufwies, das zuletzt verwendete 4-4-2-System funktionierte, aber dennoch ein Kernproblem nie gelöst werden konnte: die mangelnde Torausbeute. Was nicht einer gewissen Ironie entbehrt, wenn man bedenkt, dass mit Alex Frei der Rekordschütze der Schweizer Nationalmannschaft an der Seitenlinie stand.

Swiss striker Alex Frei jubilates after scoring the 2-0 during the group G preliminary round match of 2006 FIFA World Cup between Switzerland and South Korea in Hanover, on Friday, 23 June 2006. (KEYS ...
Als Spieler war Frei sehr treffsicher.Bild: KEYSTONE

Irgendwann drängte sich die Frage auf, ob die Spieler mental blockiert sind. Oder aber, ob Frei seine Spieler nicht mehr erreichte. Zumindest ist aus verschiedenen, gut unterrichteten Quellen zu hören, dass Frei einen Teil der Kabine zuletzt verloren hatte. Die Glaubwürdigkeit sei ihm abhanden gekommen.

Dennoch muss man sich fragen, ob sich der FCB – eben auch was die öffentliche Wahrnehmung angeht – diesen Schritt leisten kann. Die Führung um David Degen stand nicht nur wegen des jüngsten Debakels um die Defizit-Deckung in der Kritik. Degen und Co. verlieren seit Monaten kontinuierlich an Kredit. Sie schüren Unsicherheit, statt Vertrauen rund um den FC Basel zu schaffen.

Es ist kein klarer Weg, geschweige denn Kontinuität zu erkennen, ganz abgesehen davon, ob Leihgeschäfte der Weisheit letzter Schluss sind. Nicht nur deshalb war das Umfeld heikel, welches Frei bei seiner ersten Super-League-Station als Trainer vorfand. Frei musste nach aussen immer mehr sein, als nur der Chefcoach. Er musste sich zu strategischen Fragen äussern, zu Transfers, zum Verwaltungsrat. Alles Dinge, die nicht ins Aufgabenheft eines Fussballtrainers gehören.

Nicht von wenigen Seiten ist zu hören, dass Freis Aufstellungen oft von David Degen geprägt waren. Das wurde ihm mannschaftsintern als Schwäche ausgelegt.

Ausserdem musste er mit dem Druck der Führung klar kommen, nicht nur Resultate zu liefern, sondern jene Spieler, die der Verein als Wertanlage erachtet, zu fördern und einzusetzen. Nicht von wenigen Seiten ist zu hören, dass Freis Aufstellungen oft von eben diesen Wünschen der Vereinsleitung – und damit dem «Chief Football Officer» David Degen geprägt waren. Etwas, was ihm mannschaftsintern als Schwäche ausgelegt wurde. Der sonst so meinungsstarke Frei tat, was man tun musste.

Basel's director of the board David Degen speaks on his mobile phone during a friendly soccer match as part of the Festival de Football des Alpes between FC Basel 1893 of Switzerland and FC Dynam ...
Redete David Degen seinem Trainer bei der Aufstellung rein?Bild: keystone

All diese Faktoren, zusammen mit der seit Sommer 2017 und der Übernahme durch Bernhard Burgener nie mehr abebbenden Unruhe, schaffen ein Umfeld, in dem es keinem Trainer einfach gefallen wäre, zu reüssieren. Es ist ein Bild von Unbeständigkeit und der Unwägbarkeiten, welches der FC Basel auch unter Degen abgibt.

Passend dazu auch erneut der fragwürdige Fakt, dass im Communiqué zur Trennung von Frei kein einziges Zitat der Vereinsführung – allen voran David Degen, der den Sport verantwortet – zu finden ist. Stattdessen spricht Sportdirektor Vogel von den erhofften Impulsen durch den Trainerwechsel. Kommen sollen diese von – Achtung – Interimstrainer Vogel.

ARCHIVBILD ZUR TRAINERENTLASSUNG BEIM FC BASEL --- Basels Sportdirektor Heiko Vogel, im Fussball Super League Spiel zwischen dem FC St. Gallen und dem FC Basel, am Sonntag, 22. Januar 2023, im Kybunpa ...
Heiko Vogel übernimmt interimistisch.Bild: keystone

Der FC Basel muss aufpassen, dass er unter der aktuellen Führung seine Vertrauenswürdigkeit nicht verliert. Schliesslich wiederholt sich mit Freis Entlassung ein Stück weit jene Geschichte, die sich vor fast genau zwölf Monaten abspielte, als Patrick Rahmen gehen musste. Wie Frei musste auch Rahmen nach nur vier Spielen im neuen Jahr gehen. Und auch Kommunikations- und Handlungsweise gleichen sich: Druck aufsetzen, Rücken stärken, Interims-Nachfolge-Kandidat verpflichten, entlassen.

Das Image des FCB leidet. Die einst versprochene Demut, zu welcher der Klub zurückkehren wollte, ist nicht erkennbar. Dabei stünde sie dem Verein gut zu Gesicht. Ebenso wie Kontinuität. Vor allem Letztere. Nicht nur auf dem Platz. Sondern in Schlüsselpositionen, wie sie die eines Trainers nun einmal ist. (bzbasel.ch)

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36 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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insert_brain_here
08.02.2023 08:41registriert Oktober 2019
Die Frage ist doch: Wie lange kann es sich der FC Basel noch leisten von David Degen geführt zu werden?
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Thomas Meister
08.02.2023 09:43registriert April 2019
Das was Degen will wird kein Trainer hinkriegen. Auf der einen Seite holt man junge Spieler die sich entwickeln sollen um dann für gutes Geld verkaufen kann. Dazu brauchen sie Spielpraxis. Auf der anderen Seite will man ganz vorne mitspielen, Meister werden oder mind. Platz 2 erreichen. Wie soll das gehen? Immerhin stehen in einem Spiel auch noch andere Teams auf dem Platz die ebenfalls gewinnen wollen. Degen sollte langsam einsehen dass er eine Kursänderung machen muss. Will er Titel, dann muss er Geld investieren. Will er Talente verkaufen ist der Platz des FCB im Mittelfeld der Tabelle.
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ursus3000
08.02.2023 09:14registriert Juni 2015
Ein Degen ist kein Florett
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